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„Ich kann mich einfach nicht daran gewöhnen, dass es einen solch tra­gischen Unterschied zwischen dem gibt, wie unser Planet von außen aussieht und was tatsächlich an vielen Orten am Boden passiert. (…) Wie würden wir all dies einem interplanetaren Besucher erklären?“ So twitterte Ende November der deutsche Astronaut Alexander Gerst von der Internationalen Raumstation zu einem Foto vom Mittleren Osten. Man erkennt Berge und die Wüsten, sieht fruchtbare Landschaften. Flussläufe ziehen sich durch gelbe Farben und an den Küsten blau das Meer. So sieht der Teil der Welt, in dem Jesus geboren wurde, aus einer Höhe von 400 Kilometern aus. Schönheit und Stille, wenn man von oben schaut. Krieg und Geschrei, wenn man mitten drin ist. Nicht nur den interplanetaren Besuchern kann man schwerlich erklären, warum die Gewalt nicht beendet werden kann. Wie aus einer anderen Welt klingt darin die Botschaft der Engel: „Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude!“

„Fear is dangerous – Furcht ist gefährlich“, sagt der Präsident des Lutherischen Weltbundes, Erzbischof Dr. Panti Filibus Musa aus Nigeria, während eines Besuches in Deutschland Anfang Dezember. Mehr als 20.000 Tote hat in seinem Heimatland der Terror der islamistischen Miliz Boko Haram bisher gefordert, rund 2,6 Millionen Menschen sind in die Flucht getrieben worden. Auch wenn offiziell Frieden herrsche, könne sich niemand wirklich sicher fühlen, sagt der nigerianische Erzbischof. Evangelische Gottesdienste seien zumeist nur unter Polizeischutz möglich. „Furcht aber ist der falsche Weg. Wer sich fürchtet, verschließt die Tür zum Nachbarn. Wer sich fürchtet, wird misstrauisch.“ 

 

Fürchtet euch nicht: Dieser Satz öffnet Türen. Die Botschaft der Engel befreit von der Fessel der Angst. Und alles wegen eines Kindes! Dieser Säugling, dem die Engel singen und der die Hirten bewegt, ist Christus, der uns die Zukunft schenkt – mitten in einer dunklen und kriegsgeschüttelten Welt. Mit IHM beginnt die Geschichte noch einmal neu. Und sie beginnt ganz anders. „Viel Böses geschieht“, schreibt der Pastor und Schriftsteller Albrecht Goes im Jahr 1944. „Viel Böses geschieht. Aber dieses, dass Kinder immer von neuem die Augen aufschlagen zum Leben, eben umhüllt noch vom Urtraum im Leibe der Mutter und schon umfangen vom Auge der Sorge nach Liebe. Weinend zuerst, doch dem Weinen gesellt sich ein Lächeln, Staunen sodann und Ergreifen und endlich ein Rufen. Vieles Böses geschieht, aber dieses, ihr Mütter, dieses ist gut.“

 

Mitten in Terror und Tod, mitten im zweiten Weltkrieg, schrieb Albrecht Goes diese Zeilen. „Dieses ist gut“ – allen Krisenzeiten und Katastrophen­meldungen zum Trotz. Ein Kind ist geboren. Es ist fast ein heiliger Moment, ein Neugeborenes zum ersten Mal zu sehen; einen neuen Menschen schwei­gend zu entdecken. Das winzige Gesicht, die kleinen Augen, Nase, Mund, die zarten Finger. Das stille Lächeln im Schlaf, „Engelslächeln“, das von so weit her kommt. Viel Böses geschieht, aber dieses ist gut. Niemand reißt den Vorhang der Verzweiflung schneller nieder als ein Kind. Alle Eltern wissen, wie unmittelbar Kinder diese unselige Welt heiligen können.

 

Von einer solchen Verheißung war das Volk Israel getrieben. In allen Erfahrungen der Krise, als sie Vertriebene waren, da schrieben sie Texte von einem „Neugeborenen“: „Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben.“ Es sind Zeilen aus dem Jesaja-Buch, die wir jedes Jahr in der Heiligen Nacht hören. Seht, ein Licht wird erscheinen. Fern der Heimat waren die Israeliten. Verschleppte waren sie, als sie einen solchen Rettungstext erzählten. Sie hielten sich nicht in schönen Erinnerungen auf – „Weißt Du noch, damals?“. Sondern sie stärkten sich mit einer Ankündigung: Es wird geschehen! Etwas Neues kommt! In diese Zukunft lasst uns leben, in der der Friedensbote uns entgegen kommt. Fürchtet euch nicht!

 

Gesegnete Weihnachten!

Pressestelle der VELKD