„Wir leben in unterschiedlichen Kulturen, sprechen verschiedene Sprachen – und wenn wir miteinander Gottesdienst feiern, beten, singen, auf Gottes Wort hören: dann erleben wir, dass wir eins sind in Christus“, sagte der Leitende Bischof der VELKD, Landesbischof Gerhard Ulrich, am Sonntag (21.10.2018) in seiner Predigt im Dom zu Tallinn. Gerade in einem Europa, das auseinanderzudriften drohe, sei es entscheidend, dass Menschen zusammenfänden, „sich über Grenzen und Gegensätze hinweg verständigen und gemeinsam handlungsfähig werden“. Ulrich erinnerte in seiner Predigt an die „singende Revolution“ in Estland und an die Kraft der Musik, die Menschen verbinden und die Welt verändern kann. „Um sich der oft bedrohlichen und scheinbar entmutigenden Realität nicht hinzugeben, um die Kraft des Widerstands wach zu halten, braucht es Vorbilder in der Geschichte und in der Gegenwart.“
Der Leitende Bischof und Vorsitzende des Deutschen Nationalkomitees des Lutherischen Weltbundes (DNK/LWB) predigte im Rahmen der Begegnungsreise der Kirchenleitung der VELKD nach Finnland und Estland. In Finnland informierte sich die Delegation zuvor über die Situation der Evangelisch-Lutherischen Kirche Finnlands, über das neue Curriculum für den Konfirmandenunterricht, über die ökumenischen Beziehungen sowie über aktuelle Strukturprozesse. In einem theologischen Seminar zum lutherisch-katholischen Dialog führten Vertreter der finnischen evangelisch-lutherischen Kirche sowie der römisch-katholischen Kirche in das Dialogdokument „Communion in Growth“ ein, das sich mit Fragen von Kirchenverständnis, Amt und Eucharistie beschäftigt. Die finnische Kommission, die den Text erarbeitet hat, hatte das DNK/LWB um eine Stellungnahme gebeten, die derzeit im Ökumenischen Studienausschuss von VELKD und DNK/LWB erarbeitet wird.
In Estland informierten sich die Mitglieder der Delegation über die wechselvolle Geschichte des Landes sowie die Situation der Estnischen Evangelisch-Lutherischen Kirche, der 11 Prozent der Einwohner angehören und die zugleich die größte Religionsgemeinschaft unter der estnisch sprechenden Bevölkerung darstellt. „Unsere Völker und Kirchen verbindet eine lange Geschichte. Dass wir diese Geschichte in Frieden erleben dürfen, ist ein großes Geschenk und eine bleibende Verpflichtung. Die Kraft des Friedens, aus dem wir leben, sind wir den Menschen und der Welt schuldig“, sagte Bischof Ulrich im Rahmen eines Empfangs mit dem estnischen Erzbischofs Urmas Viilma.
Am Ende der Reise bilanzierte der Leitende Bischof: „Persönliche Begegnungen und theologischer Austausch bleiben auch in Zeiten digital vermittelter Kommunikation unverzichtbar. Einander zuhören, Trennendes aushalten und zugleich erleben, dass der Glaube über alle Grenzen hinweg verbindet – das gelingt am besten in persönlicher Begegnung und ist unverzichtbar für den ökumenischen Dialog.“
Die Predigt im Wortlaut:
www.velkd.de/downloads/21102018_Predigt-Ulrich-Tallinn.pdf
Hannover, 22. Oktober 2018
Henrike Müller
Pressestelle der VELKD