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Mit einem ökumenischen Gottesdienst in der St. Moritzkirche in Halle an der Saale ist am 22. September 2019 die 44. Interkulturelle Woche eröffnet worden. Der katholische Bischof von Magdeburg und Vorsitzende der Ökumenekommission der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Dr. Gerhard Feige, und der evangelische Regionalbischof von Halle-Wittenberg, Propst Dr. Johann Schneider, leiteten den Gottesdienst gemeinsam mit Archimandrit Emmanuel Sfiatkos (Griechisch-Orthodoxe Metropolie von Deutschland) und Propst Reinhard Hentschel (Katholische Pfarrei St. Mauritius und St. Elisabeth in Halle). In seiner Predigt knüpfte Bischof Dr. Feige an das Leitwort „Zusammen leben, zusammen wachsen.“ an und warb für eine wohlwollende, offene und von ehrlichem Interesse getragene Begegnung von Menschen verschiedener Sprachen, Mentalitäten, Kulturen und Religionen: „Lassen Sie uns miteinander einen Dialog des Lebens führen, in dem die gemeinsamen Freuden und Leiden geteilt werden, man sich gegenseitig kennenlernt und nach Formen sucht, wie man in einer demokratischen Gesellschaft sinnvoll zusammenleben kann“, so der Bischof.

Propst Dr. Johann Schneider hob hervor, nicht eine homogene Gesellschaft sei das Ziel des Zusammenwachsens, sondern wechselseitig bereichernde Pluralität. „Im alltäglichen gesellschaftlichen Miteinander“, so der Regionalbischof, „treffen in unserem Land Menschen ganz unterschiedlicher religiöser Überzeugungen und auch Menschen, die sich entschieden als nicht religiös verstehen, aufeinander. Wenn wir uns dabei in gegenseitigem Respekt begegnen, können wir aneinander wachsen.“

Im Gemeinsamen Wort der Kirchen zur Interkulturellen Woche 2019 haben der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Landesbischof Dr. Heinrich Bedford-Strohm, und der Vorsitzende der Orthodoxen Bischofskonferenz, Metropolit Augoustinos von Deutschland, eine Verbindung zwischen dem Motto der Interkulturellen Woche und der zentralen Botschaft des christlichen Glaubens herausgestellt: Als Persönlichkeiten zu wachsen, bedeute für Christen letztlich immer, in der Liebe zu wachsen. Wörtlich heißt es in dem Gemeinsamen Wort: „Andere in ihrem Anders-Sein wahrzunehmen, sie sogar in Demut höher einzuschätzen als sich selbst und ihnen dabei echtes Wohlwollen entgegenzubringen, das ist menschliche Größe, die uns das Evangelium vor Augen führt.“

Für Montag, 23. September 2019, laden die Stadt Halle und die dortigen Veranstalter der Interkulturellen Woche von 15.00 bis 18.30 Uhr zu einem Fest auf dem Halleschen Marktplatz ein. Dabei steht das friedliche Miteinander von Menschen verschiedener Herkunft in Deutschland im Mittelpunkt. Oberbürgermeister Dr. Bernd Wiegand wird das Fest gemeinsam mit Susi Möbbeck, Staatssekretärin im Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration des Landes Sachsen-Anhalt, der Vorsitzenden des Ökumenischen Vorbereitungsausschusses zur Interkulturellen Woche, Gabriele Erpenbeck, und Superintendent Hans-Jürgen Kant um 15.00 Uhr eröffnen. Im Anschluss folgt eine Schweigeminute für die auf der Flucht ums Leben gekommenen Menschen. Zum Mitmachen, Austauschen und Erleben laden über 40 Angebote in sieben Großzelten und auf der Bühne ein. Unter anderem gehören Musik aus Uganda, Kulinarisches aus aller Welt und zahlreiche Angebote von Vereinen, Trägern und Initiativen aus Stadt und Land zum Programm. Daneben ist eine Diskussionsveranstaltung geplant, die sich unter dem Titel „Dahin, wo der Pfeffer wächst“ mit der deutschen Rückkehrpolitik befasst.

Die Interkulturelle Woche findet 2019 zum 44. Mal statt. Sie ist eine bundesweite Initiative der Deutschen Bischofskonferenz, der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der Griechisch-Orthodoxen Metropolie. Die Interkulturelle Woche wird von Kirchen und Religionsgemeinschaften, Kommunen, Wohlfahrtsverbänden, Gewerkschaften, Integrationsbeiräten und -beauftragten und Migrantenorganisationen unterstützt und mitgetragen. In mehr als 500 Städten und Gemeinden werden rund 5.000 Veranstaltungen durchgeführt. Der von Papst Franziskus ausgerufene Welttag des Flüchtlings und des Migranten am 29. September 2019 ist Bestandteil der Interkulturellen Woche.

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Predigt  von Bischof Dr. Gerhard Feige (Magdeburg),  Vorsitzender der Ökumenekommission der Deutschen Bischofskonferenz, im ökumenischen Gottesdienst zur Eröffnung  der Interkulturellen Woche am 22. September 2019 in Halle an der Saale
 
„Zusammen leben – zusammen wachsen“
 
„Integration ist ein vielschichtiger und wechselseitiger Prozess.“ So haben es die deutschen Bischöfe bereits vor fünfzehn Jahren formuliert und erklären weiter: „Er fordert Zuwanderer und Aufnahmegesellschaft heraus. Beide müssen sich in unterschiedlicher Weise in neuen Situationen zurechtfinden ... Die Mehrheitsgesellschaft muss (dabei) die mitgebrachten Werte und Prägungen der Zuwanderer – soweit diese mit den Grundwerten unserer Verfassung vereinbar sind – respektieren. Die Zuwanderer ihrerseits sind gehalten, den Traditionen der Mehrheitsgesellschaft mit Verständnis und Wertschätzung zu begegnen. So verstandene Integration strebt ein Zusammenleben in Vielfalt an. Sie richtet sich sowohl gegen den Gedanken einer einseitigen Anpassung der Zuwanderer … als auch gegen die Entstehung abgeschlossener ‚Parallelgesellschaften’. Ein gedeihliches Miteinander, kein gleichgültiges Nebeneinander, ist das Ziel.“1 Diese Sätze spiegeln die Herausforderung wider, vor der unsere Gesellschaft derzeit noch viel stärker als damals gestellt ist. Menschen vieler unterschiedlicher Sprachen, Kulturen und Religionen leben bei uns zusammen.
 
Das war allerdings schon immer eine große Herausforderung. Nicht von ungefähr finden wir auch in der Bibel die Aufforderung Gottes, sich Fremden gegenüber genauso zuzuwenden wie den Einheimischen: „Der Fremde, der sich bei euch aufhält, soll euch wie ein Einheimischer gelten und du sollst ihn lieben wie dich selbst“ (Lev 19,33f.). Offenbar wird daran erinnert, weil das auch damals nicht selbstverständlich zu sein schien. Schon immer gab es Tendenzen, sich ängstlich gegenüber Fremden abzuschotten, ihnen mit Vorurteilen zu begegnen und sie zu diskriminieren. Schon immer bestand die Gefahr, dass es dadurch zu gewaltsamen Auseinandersetzungen kommt. Heutzutage zeigt sich das am Populismus in seinen verschiedenen Schattierungen. „Nationaler Egoismus macht sich breit. Staaten und Regionen der Welt driften auseinander. ‚Das eigene Land zuerst!‘ – diese Maxime verhindert die Bereitschaft, sich für die gerechte Entwicklung aller Gesellschaften einzusetzen und die eigenen Interessen mit dem Gebot globaler Gerechtigkeit und Solidarität in Einklang zu bringen“.2
 
2. Von einem ganz anderen Programm haben wir vorhin im Evangelium gehört. Da heißt es nicht: „Wir zuerst!“, sondern im Gegenteil: „Selig, wer den Kürzeren zieht, selig, die zu den Verlierern gehören“ (Sr. Veronica Krienen). Ist das aber nicht eine zutiefst weltfremde Botschaft? Normalerweise ticken wir Menschen doch anders: geht Macht vor Recht und regiert letztlich das Geld die Welt. Wie können da die Armen, die Hungrigen, die Machtlosen, die Friedfertigen seliggepriesen sein? 
 
In der Tat wird schon seit Jahrhunderten darum gerungen, wie diese Seligpreisungen zu verstehen sind. Spricht Jesus hier zu einer auserwählten Schar von Jüngern, denen er sozusagen das „volle Programm“ zumuten kann? Oder spricht er zum ganzen Volk, das ihm zuhört? Und wie ist diese radikale Rede dann zu verstehen? Sind das Anweisungen zum richtigen Handeln – oder ist das eher eine Empfehlung für die innere Gesinnung? Anders gesagt: Kann man mit der Bergpredigt, zu der die Seligpreisungen gehören, Politik machen, oder ist das die Träumerei von weltfremden Pazifisten, die die Realität nicht wahrhaben wollen?
 
Schauen wir deshalb noch einmal genauer hin, was hier wirklich steht. Die Seligpreisungen sind ja der Auftakt der Bergpredigt. Und da erklingt zunächst: „Selig, die arm sind vor Gott: denn ihnen gehört das Himmelreich“ (Mt 5, 3). Dieser Satz ist offensichtlich alles andere als eine Moralpredigt. Wenn man allerdings nur den ersten Teil nehmen würde, klingt er fast zynisch. Wie kann man die, die in einer trostlosen Lage sind, auch noch beglückwünschen? Doch dann kommt die Begründung: „Denn ihnen gehört das Himmelreich“. Der Satz ist also eine Zusage. Gott gratuliert den Armen, weil sie das Glück haben, ganz nah bei ihm zu sein. Jesus fordert nicht dazu auf, arm zu sein; er spricht denen, die in einer solchen Lage sind, zu: „Gott ist auf Eurer Seite!“ Und das gilt auch für alle anderen, die hier angesprochen sind: die Trauernden, die, die keine Gewalt anwenden, die nach Gerechtigkeit Hungernden und Dürstenden, die Barmherzigen, die, die reinen Herzens sind, die Friedensstifter und schließlich diejenigen, die beschimpft und verfolgt werden. Ihnen allen ist es eigen, nicht in Selbstsicherheit und Herzenshärte zu erstarren, sondern noch auf eine bessere Welt zu hoffen und sich empfindsam, tatkräftig und zuversichtlich dafür einzusetzen.
 
Mit dieser Zusage wird auch klar, wie sich Gott das gelingende Leben vorstellt, ja, wie er sich unser menschliches Zusammenleben vorstellt. Er befreit uns von der Not, nur unsere eigenen Interessen durchzusetzen. Er befreit uns von der Angst, unsere Identität zu verlieren, wenn wir uns auf Fremde einlassen. Sein Traum ist es, dass wir Menschen uns bei ihm so geborgen wissen, dass wir liebevoll und barmherzig miteinander umgehen können, dass wir imstande sind, Frieden zu stiften, Leid und Trauer mitzutragen und daran zu arbeiten, ihre Ursachen zu überwinden.
 
Dieser Traum Gottes vom gelingenden Leben soll auch nicht irgendwann einmal Wirklichkeit werden, sondern jetzt schon. Mit den Seligpreisungen stellt uns Jesus vor Augen, dass dieser Traum als ein Keim des Reiches Gottes mitten in unserer Welt bereits wirksam ist. Es wirkt in Menschen, die sich leidenschaftlich für Frieden und Gerechtigkeit einsetzen. Es wirkt in Menschen, denen die Zusage Gottes so viel Kraft schenkt, dass sie anderen auch im Konfliktfall gewaltfrei und friedvoll begegnen können. Es wirkt in Menschen, die zu selbstloser Liebe fähig sind.
 
3. Ja, in unserer Welt, in der alles immer mehr mit allem verflochten ist, wird der Egoismus uns nicht weiterhelfen. „Wir müssen den Mut haben zu sagen, dass es wahre Selbstlosigkeit gibt und dass jeder sie kultivieren kann“ (Matthieu Ricard). Das ist noch mehr als Freundlichkeit. Es bedeutet, in einem anderen Menschen den Bruder oder die Schwester zu sehen, denen eine unbedingte Würde zukommt, unabhängig von Herkunft, Kultur oder Religion. Es bedeutet, mit diesem Bruder und mit dieser Schwester dann auch wirklich zusammen leben zu wollen. Es bedeutet, sich für die Grundrechte dieses Bruders und dieser Schwester einzusetzen. Eine solche Haltung muss eingeübt werden, und zwar vor Ort, in der Nachbarschaft, in direkten Begegnungen. Die Interkulturelle Woche leistet dazu einen wertvollen Beitrag. Sie regt dazu an, konkret miteinander in den Dialog zu treten, Freud und Leid zu teilen und gemeinsam nach Wegen zu suchen, wie wir in einer pluralistischen und demokratischen Gesellschaft sinnvoll zusammenleben können. „Der Mut zur Andersheit“ – so sagt Papst Franziskus – „ ist die Seele dieses Dialogs“. Gemeinsame Themen und Projekte können dabei helfen, Vorurteile und Ängste abzubauen und den eigenen Horizont zu weiten. Und so kann geschehen, was ebenfalls zum Motto der Interkulturellen Woche gehört, dass wir zusammen wachsen: wachsen, indem wir uns eine Welt eröffnen lassen, die wir vorher nicht kannten, wachsen, indem wir spüren, es nimmt uns nichts von unserer eigenen Identität, wenn wir uns auf Fremdes einlassen; im Gegenteil, es bereichert und stärkt uns. Letztlich bedeutet „wachsen“ für uns Christen immer, „in der Liebe zu wachsen“.3
 
Liebe Schwestern und Brüder, „lassen wir uns nicht anstecken von einer Kultur der Angst!“4 Trauen wir der Zusage Gottes, dass er auf unser aller Seite ist. Er ist ja der Schöpfer von allem und allen. Sein Traum ist es, dass wir als Brüder und Schwestern zusammen leben. „Vor allem“ können – woran Papst Franziskus erinnert – „die Religionen … nicht auf die dringende Aufgabe verzichten, Brücken zwischen Völkern und Kulturen zu bauen. Die Zeit ist gekommen, dass die Religionen sich aktiver, mutig, kühn und aufrichtig, dafür einsetzen, der Menschheitsfamilie zu helfen, ihre Fähigkeit zur Versöhnung, ihre Vision der Hoffnung und konkrete Wege zum Frieden weiterzuentwickeln“. Denn, so der Papst weiter: „Es gibt keine Alternative: Entweder wir bauen die Zukunft gemeinsam oder es gibt keine Zukunft“. Deshalb sehen wir uns als Kirchen mit allen im Bunde, denen es nicht gleichgültig ist, wie sich die Welt entwickelt. Wir wollen gemeinsam dafür einstehen, dass das „Leben in Fülle“, das allen Menschen zugesagt ist, Wirklichkeit wird.
 
Evangelium: Mt 5, 3–10
 

Diese Predigt von Bischof Feige im Gottesdienst und das Gemeinsame Wort der Kirchen zur Interkulturellen Woche 2019 sind in der Anlage sowie  auf www.dbk.de und www.ekd.de als pdf-Dateien verfügbar. Für die Vorbereitung der Interkulturellen Woche hat der Ökumenische Vorbereitungsausschuss eine Reihe von Materialien erstellt, die unter www.interkulturellewoche.de bestellt werden können. Dort finden Sie auch weitere Informationen.

Die Deutsche Bischofskonferenz ist ein Zusammenschluss der katholischen Bischöfe aller (Erz-)Bistümer in Deutschland. Derzeit gehören ihr 69 Mitglieder (Stand: September 2019) aus den 27 deutschen (Erz-)Bistümern an. Sie wurde eingerichtet zur Förderung gemeinsamer pastoraler Aufgaben, zur Koordinierung der kirchlichen Arbeit, zum gemeinsamen Erlass von Entscheidungen sowie zur Kontaktpflege zu anderen Bischofskonferenzen. Oberstes Gremium der Deutschen Bischofskonferenz ist die Vollversammlung aller Bischöfe, die regelmäßig im Frühjahr und Herbst für mehrere Tage zusammentrifft.

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