30.12.2022 - Zum Start der Energiepreisbremsen am 1. Januar 2023 fordert die vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V., die Anforderungen für Beihilfen an Unternehmen zu senken. „Es ist höchste Zeit, dass mit der Gas-, Wärme- und Strompreisbremse weitere wichtige und wirksame Entlastungsmaßnahmen starten. Zum Januar beginnen die Hilfen für Industriekunden. Ab März sollen die Bremsen für KMU und private Haushalte greifen, rückwirkend aber auch für Januar und Februar gelten. Die Preisbremsen bringen dringend benötigte Entlastungen, gleichen die Preisanstiege aber bei weitem und oft nicht in erforderlichem Maß aus. Zudem stehen industrielle Unternehmen mit hohem Energieverbrauch vor zu hohen Anforderungen, dort drohen die Entlastungen zu spät oder gar nicht anzukommen“, mahnt vbw Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt.
Brossardt: „Ohne spürbare Entlastungen für alle Unternehmen drohen wirtschaftliche Verwerfungen“
Aus Sicht der vbw sind die Anspruchsvoraussetzungen für Unternehmen zu restriktiv. Damit industrielle Verbraucher zum Beispiel mehr als 4 Millionen Euro Entlastung erhalten können, müssen sie einen Rückgang des EBITDA (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) um mindestens 30 Prozent im Vergleich zu 2021 nachweisen. Zusätzlich ist bei der Bewilligung von Hilfen die Betrachtung einzelner Betriebsstandorte nicht immer möglich. Einzelne Unternehmensstandorte müssen jedoch separat Hilfen erhalten können. Andernfalls drohen Verlagerungen oder Schließungen besonders stark belasteter Unternehmensteile. Auch die Pflicht zur Arbeitsplatzerhaltung, die bereits bei einer Entlastungshöhe von insgesamt mehr als 2 Millionen Euro greift, ist zu eng gefasst. Sie verkennt die existenzbedrohende Ausgangslage, in der sich viele Betriebe befinden. Außerdem benötigen Betriebe, die coronabedingt im Jahr 2021 monatelang schließen mussten, einen anderen Bezugszeitraum, um ihren Gewinnrückgang nachzuweisen.
Brossardt fordert: „Es steht zu befürchten, dass das ursprüngliche Konzept der Gaskommission so verwässert wurde, dass viele Unternehmen keine ausreichende Unterstützung erhalten werden. Hier muss im Gesetz und vor allem beim temporären Krisenbeihilferahmen der EU dringend nachgebessert werden. Zusätzlich müssen alle staatlichen Kostenbestandteile von Energie wie die Stromsteuer, die Energiesteuer und der nationale CO2-Preis gesenkt beziehungsweise ausgesetzt werden. Außerdem müssen die Vorauszahlung von Unternehmensteuern ausgesetzt und der Verlustvortrag erhöht werden, damit Unternehmen in der Krise nicht zusätzlich belastet werden. Ohne weitere Entlastungen drohen schwerwiegende wirtschaftliche Verwerfungen. Die Produktion wird für viele Betriebe unrentabel. Produktionsstopps und bleibende Schäden in unserer Wirtschaftsstruktur wären die Konsequenz“, so Brossardt abschließend.
vbw sieht Licht und Schatten bei den jüngsten Fit-for-55-Einigungen
Brossardt: „Industrie braucht international wettbewerbsfähige Strompreise“
Die vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. sieht in den jüngsten Fit-for-55-Einigungen zwischen dem Europäischen Parlament und dem Europäischen Rat Licht und Schatten. „Zur Erreichung der vereinbarten Klimaziele ist ein marktwirtschaftliches System wie der europäische Emissionshandel ein gutes Instrument. Bei der angestrebten Verknappung von Emissionszertifikaten kommt es darauf an, die Wirtschaft durch umfassende Investitionen und Förderungen bei der Transformation stärker zu unterstützen. Zudem muss sich der Strompreis für die Industrie auf einem international wettbewerbsfähigen Niveau bewegen. Nur in diesem Fall ist die schrittweise Reduzierung kostenloser Zertifikate bis 2034 für Unternehmen tragbar“, erklärt vbw Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt.
Aus Sicht der vbw braucht der erfolgreiche Wandel einen effektiven Carbon-Leakage-Schutz. „Klimaschutz und eine wettbewerbsfähige Wirtschaft müssen in Einklang gebracht werden. Nachteile im globalen Wettbewerb würden diesen Grundsatz unterlaufen. Richtig ist daher, dass Carbon-Leakage-gefährdete Branchen weiterhin freie Zertifikate erhalten sollen“, sagt Brossardt.
Mit Blick auf den angestrebten CO2-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) mahnt Brossardt: „Wenn das Instrument eingeführt wird, muss es praxistauglich sein. Handelskonflikte müssen unbedingt verhindert werden, ebenso wie neue bürokratische Lasten. Zudem braucht es unbedingt Lösungen für den Umgang mit vielgliedrigen Wertschöpfungsketten. Bei Weiterverarbeitern in der EU dürfen keine weiteren Preissteigerungen entstehen und EU-Exporte müssen auf dem Weltmarkt wettbewerbsfähig bleiben. Die Einführung des CBAM ist nur akzeptabel, wenn Exportunternehmen, die keine kostenlosen Zertifikate mehr erhalten, beim Export ihre CO2-Kosten erstattet bekommen. Die Vertagung der Entscheidung über Exportrabatte ist enttäuschend. Globaler Klimaschutz braucht Zusammenarbeit. Statt protektionistischer Maßnahmen sind weitere internationale Kooperationen nötig. Der von den G7-Staaten angekündigte Klimaclub ist ein Schritt in die richtige Richtung.“
Die angestrebte Ausweitung des Emissionshandels für den Gebäude- und Verkehrssektor ab 2027 begrüßt die vbw. „Ein separates Emissionshandelssystem mit einem anderen Bepreisungsmechanismus ist angesichts der großen Menge von Endverbrauchern in den Sektoren Gebäude und Verkehr sinnvoll. Auf der anderen Seite muss spätestens mit dem Start des neuen europäischen Emissionshandelssystems der nationale Emissionshandel darin aufgehen. Es darf keine Doppelbepreisung geben. Das hat für bayerische Unternehmen den Vorteil, dass in der EU wieder Chancengleichheit herrscht“, so Brossardt abschließend.
vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V.
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