Längere Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I verfestigt die Arbeitslosigkeit. - Die vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. kritisiert die heute vorgestellten Pläne der SPD zur Arbeitslosenversicherung scharf. Sie wendet sich vor allem gegen die Pläne, das Arbeitslosengeld I in Verbindung mit einem Qualifizierungsanspruch zu verlängern.
„Dies setzt Fehlanreize, trägt zu einer Verfestigung von Arbeitslosigkeit bei, befördert auf diese Weise Langzeitarbeitslosigkeit und ist zu teuer für die Solidargemeinschaft. Damit werden die Beschäftigungserfolge insbesondere bei Älteren in den letzten Jahren aufs Spiel gesetzt. Das ist ein arbeitsmarktpolitischer Irrweg, der an der Realität vorbeigeht“, sagte vbw Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt.
Brossardt: „Arbeitsmarktpolitischer Irrweg“
Die vbw lehnt auch die Pläne der SPD auf ein Recht auf Weiterbildung ab, während der das Arbeitslosengeld weiterbezogen wird. „Bereits heute erhält jeder Arbeitslose Weiterbildungsmaßnahmen der Bundesagentur, wenn dadurch die Eingliederung in den Arbeitsmarkt gefördert wird. In über 50 Prozent der Fälle ist aber die Lebenssituation der Arbeitslosen, etwa die Kinderbetreuung bei Alleinerziehenden, Krankheit oder andere Handicaps, der Grund für Arbeitslosigkeit. Dieser ist gerade nicht durch Qualifizierung zu beseitigen. Insoweit muss die Entscheidung, ob eine berufliche Weiterbildung sinnvoll ist, im konkreten Einzelfall entschieden werden. Sie muss Ermessensentscheidung bleiben.
Grundsätzlich scheitert auch keine gebotene Qualifizierung heute an fehlenden Finanzmitteln der Arbeitslosenversicherung. Die betriebliche Weiterbildung von Beschäftigten ist Aufgabe von Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Es kann weder Funktion einer öffentlichen Stelle sein, entsprechende Weiterbildungsberatung anzubieten, noch ist diese dazu in der Lage. Eine Arbeitsversicherung, wie sie die SPD will, deckt kein kollektives Versicherungsrisiko, sondern individuelle Risiken ab. Dies widerspricht dem Versicherungsprinzip“, erklärte Brossardt.
Er kritisierte, dass mit diesem Vorschlag ein Kernstück der Agenda 2010 rückabgewickelt wird. „Diese hat wesentlich dazu beigetragen, dass Deutschland nach 2005 seine Wettbewerbsfähigkeit wiedererlangt hat. Besonders durch das jetzige System der Arbeitslosenversicherung ist die Arbeitslosigkeit drastisch gesunken, deutschlandweit von 4,9 Millionen im Schnitt des Jahres 2005 auf 2,7 Millionen im Schnitt 2016.
Seit 2005 wurden in Deutschland mehr als fünf Millionen zusätzliche sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze geschaffen. Die Regierung unter Bundeskanzler Gerhard Schröder hatte die Bezugsdauer für Ältere unter anderem deshalb verkürzt, weil das Arbeitslosengeld vielen als Überbrückung zum vorgezogenen Ruhestand diente. Seit der Neuregelung bleiben Ältere länger im Beruf. Es darf nicht erneut zu Frühverrentungsanreizen kommen“, so Brossardt.
„Der Gang rückwärts zu einer Zementierung des Arbeitsmarktes ist ein Irrweg. Wir brauchen zukunftsgewandte Konzepte für die flexible Arbeitswelt von morgen“, fasste Brossardt zusammen.
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