Stellungnahme der Handwerkskammern zum Sachsen-Anhalt-Plan: Der von der Landesregierung vorgelegte Sachsen-Anhalt-Plan 2021 wurde auch den Handwerkskammern im Land zur Anhörung übergeben. Diese vertreten ca. 25.000 Unternehmen des Handwerks mit 133.000 Mitarbeitern und 7.300 Auszubildenden. Die Vorlage eines solchen Planes zur Überwindung der staatlichen Eindämmungsmaßnahmen und zu einer Rückkehr zur Normalität wird durch die Handwerkskammern ebenso begrüßt wie die aktive Beteiligung der Verbände und Organisationen. Kritisch sehen die Kammern allerdings, dass der Grundansatz des Planes zu wenig das Vorhaben erkennen lässt, die vom Staat veranlassten Eindämmungen ohne weitere Schäden bei den Unternehmen beenden zu wollen. Vielmehr wirkt der Plan an vielen Stellen wie ein Abwarteszenario mit Fixierung auf statistische Zahlenkonstrukte. Ein vordergründiger Wille zur Öffnung und Überwindung der Folgen der Eindämmungen ist in der vorgelegten Form bisher nicht klar erkennbar.
Die Handwerkskammer fordern
- 1. die sofortige Öffnung der Handwerksbetriebe mit angeschlossenem Handel (Uhrmacher, Gold-/Silberschmiede, Schuhmacher, Autohäuser, Motorradhandel etc.) unter Beachtung der Abstands- und Hygieneregeln und unter Einhaltung von Zugangsbeschränkungen. Hier ist mangels größerer Kundenballungen mit keinem nennenswerten Infektionsgeschehen zu rechnen.
Grundsätzlich wird begrüßt, dass die Landesregierung einen Ansatz sucht, um lokalen Handel/ lokales Handwerk gegenüber dem Onlinegeschäft zu stärken. Die „Click-and-Meet“-Lösung ist jedoch praxisfern. Einerseits werden Kleinstbetriebe benachteiligt, weil sie Personal speziell für die Terminvereinbarung vorhalten müssen. Anderseits werden größere Betriebe benachteiligt, da die Beschränkung auf zwei Personen im Laden unabhängig von der Ladengröße gilt. Die Unternehmen kritisieren, dass das Personal für die Terminabstimmung und die Verkaufsgespräche vorgehalten werden muss, ohne dass erfolgreiche Verkäufe garantiert sind. Schon in der Vergangenheit hatte der Fachhandel damit zu kämpfen, dass Beratungen durchgeführt werden, der Kauf jedoch im Onlinegeschäft stattfindet. Betriebswirtschaftlich wird es daher in vielen Fällen wenig Sinn ergeben, die „Click-and-Meet“-Lösung anzuwenden.
- 2. die sofortige Öffnung der Kosmetiksalons. Die bereits zum 1. März vorgesehene Öffnung der Friseurbetriebe sowie Barbiere und die damit einhergehende Abkoppelung der Kosmetik mit Ausnahme der medizinischen Fußpflege ist nicht nachvollziehbar. Für die Öffnung der Kosmetiksalons spricht, dass in der Regelung jetzt Bartpflege erlaubt wird, diese aber nicht weniger Risiko birgt als andere Gesichtskosmetik. Des Weiteren gibt es im Kosmetikbereich nur wenige Kontakte mehrerer Personen zeitgleich (Einzelbehandlungsräume), die zudem nachverfolgbar sind. Auf die funktionierenden Hygienekonzepte sei ebenfalls hingewiesen. Im vergangenen Jahr sind keine Ansteckungsherde in diesem Bereich bekannt geworden.
Es macht weiterhin aus Sicht des Infektionsrisikos keinen Unterschied, ob während der Fußpflege nur medizinisch notwendige Behandlungen durchgeführt werden oder ob in diesem Zuge auch dekorative Maßnahmen erlaubt sind. Für die Betriebe ist der zusätzliche Umsatz wichtig, da die zumeist sehr kleinen Betriebe von staatlichen Unterstützungsmaßnahmen zumeist nicht partizipieren konnten.
Die Öffnung der Friseurbetriebe macht eine Klarstellung und Anpassung der Hygieneregeln notwendig. Die in der Landesregelung sowie als Empfehlung in den BGW-Arbeitsschutzstandard enthaltene Beschränkung auf eine Mindestfläche von zehn Quadratmetern pro Person sollte dringend überdacht werden. Bereits durch die Verpflichtung zur Terminreservierung werden Personenansammlungen und Warteschlangen vermieden.
- 3. die Öffnung der Gastronomie inklusive bspw. der Cafés der Bäcker, Imbisse der Fleischer oder Biergärten der Brauer bei einer Inzidenz von unter 50. Wenn im Privaten bereits ein Haushalt mit fünf weiteren Personen zusammenkommen darf, spricht nichts dagegen, das Treffen auch in Gaststätten und Cafés stattfinden zu lassen, zumal hier Hygienekonzepte umgesetzt werden.
- 4. die Durchführung aller prüfungsrelevanten Kurse in den handwerklichen Berufsbildungsstätten, da sonst das Ausbildungsziel vieler Auszubildenden gefährdet ist.
Aus methodischer Sicht ist die Aufteilung der Eindämmungsfelder in elf Segmente, die einzeln unter den Gesichtspunkten verschiedener Inzidenzwerte betrachtet werden, richtig. Es fehlt jedoch die aktive Berücksichtigung der Grundannahme, dass mit fortschreitender Immunisierung der Risikogruppen die Grenzwerte neu überdacht werden müssen.
Steuerpolitische Corona-Hilfen bleiben unter ihren Möglichkeiten
Zum Beschluss des 3. Corona-Steuerhilfegesetzes am 26.02.2021 im Deutschen Bundestag erklärt ZDH-Präsident Hans Peter Wollseifer: „Steuerpolitisch bleibt die Corona-Unterstützung unserer Betriebe deutlich unter dem, was möglich und angemessen wäre. Zwar ist die geplante Anhebung des Höchstbetrages beim Verlustrücktrag nach § 10 d EStG für die Veranlagungszeiträume 2020 und 2021 von 5 auf 10 Mio. Euro (und von 10 auf 20 Mio. Euro bei Zusammenveranlagung) richtig und deshalb ausdrücklich zu begrüßen, allerdings greift die nun vorgesehene Regelung deutlich zu kurz. Um Insolvenzen an sich gesunder Betriebe wegen Lockdown-verursachter Illiquidität und Überschuldung in größerem Umfang zu verhindern, muss der Verlustrücktrag zeitlich deutlich ausgeweitet werden. Dass sich das Bundesfinanzministerium hier bis zuletzt quer gestellt und das verhindert hat, ist völlig unverständlich und schadet unseren Betrieben und der Wirtschaft insgesamt.
In vielen Fällen dürften bereits die im Jahr 2020 erlittenen Verluste weitaus höher als die Gewinne des Jahres 2019 ausfallen. Der Verlustrücktrag nach § 10d EStG ist jedoch nur in das unmittelbar vorangegangene Jahr möglich, konkret also nur aus 2020 in das Jahr 2019 und aus 2021 in das Krisenjahr 2020. Um unseren Betrieben einen größtmöglichen Rücktrag ihrer krisenbedingten Verluste zu ermöglichen, muss ein Verlustrücktrag in mehr als einem Veranlagungszeitraum ermöglicht werden.
Auch die erbschaftsteuerlichen Regelungen müssen aus Sicht des Handwerks so angepasst werden, dass fortgeführten Betrieben in Pandemiezeiten nicht auch noch Steuernachzahlungen für die Fälle drohen, dass sie unverschuldet wegen Schließungen, eingeschränkter Geschäftsmöglichkeiten oder der Nutzung von Kurzarbeitergeld die Lohnsumme nicht erreichen, die notwendig ist, um von der Erbschaft- oder Schenkungssteuer verschont zu werden.
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