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ZDH-Präsident Hans Peter Wollseifer kritisiert die Pläne der "Ampel-Parteien", die epidemische Lage von nationaler Reichweite trotz steigender Infektionszahlen zu beenden. Zur ersten Beratung des von den "Ampel"-Parteien eingebrachten Gesetzentwurfs zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes und weiterer Gesetze anlässlich der Aufhebung der Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite erklärt Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH): "Es ist unverständlich und sendet das falsche Signal, dass die drei absehbar neuen Regierungsfraktionen ungeachtet der massiven Infektionsdynamik und der vorhersehbaren Engpässe im intensivmedizinischen Bereich unbeirrt an ihrem Plan festhalten, die epidemische Lage von nationaler Reichweite gleichsam per Knopfdruck als beendet zu definieren. Damit entfällt die bisherige Rechtsgrundlage von Anti-Corona-Maßnahmen ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, zu dem Handeln notwendig wäre, um unseren Betrieben in dieser volatilen Lage zumindest einen verlässlichen Handlungskanon an die Hand zu geben. Statt solcher gesetzestechnischer Spiegelfechtereien erwarten unsere Betriebe dringend politische Entscheidungen und bundesweit abgestimmte Maßnahmen, um die vierte Welle wirksam abzubremsen. Doch auch in Sachen Abstimmung zwischen Bund und Ländern sowie zwischen den Ländern ist derzeit keine Bereitschaft zu einer Abstimmung von Anti-Corona-Schritten festzustellen.

Ein neuerlicher Lockdown muss verhindert werden. Unsere Betriebe brauchen Gewissheit darüber, auf welcher Grundlage sie etwa Schutzkonzepte für den eigenen Betrieb organisieren sollen. Dafür müssen sie den Corona-Status ihrer Beschäftigten kennen. Hierzu findet sich im Entwurf des Gesetzes zur Abschaffung der epidemischen Lage noch nichts Substanzielles. Das geplante Gesetz wird voraussichtlich den ohnehin schon bestehenden Flickenteppich an Regelungen, die von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich sind, eher noch vergrößern – mit allen Problemen gerade auch für Handwerksbetriebe, die über die Grenzen mehrerer Bundesländer hinweg tätig sind.

Es braucht gemeinsames und entschiedenes Handeln aller politischen Entscheidungsträger, und zwar jetzt!"

"Wir können uns kein Verantwortungsvakuum leisten"

Im Interview mit Gernot Heller von der "Passauer Neue Presse" betont ZDH-Präsident Wollseifer, wie wichtig eine schnelle Abstimmung zwischen Bund und Ländern ist, damit die vierte Welle nicht noch unberechenbarer wird.

"Ein tatsächliches Nach-Corona wird es so schnell nicht geben, Corona bleibt uns leider weiter erhalten." Im Interview mit Gernot Heller von der "Passauer Neue Presse" betont ZDH-Präsident Hans Peter Wollseifer, wie wichtig eine schnelle Abstimmung zwischen Bund und Ländern ist, damit die vierte Welle nicht noch unberechenbarer wird.

Die Corona-Lage spitzt sich wieder zu. Fürchten oder spüren sie gar schon neue Bremsen im Geschäft Ihrer Betriebe durch verschärfte Testpflichten, Beschränkungen und Auflagen?

Natürlich werden die nun wieder verschärften Corona-Regelungen auch die Geschäftstätigkeit im Handwerk mit seinem Publikumsverkehr und den Kundenkontakten belasten. Wie stark sich das auswirkt, lässt sich derzeit aber nicht quantifizieren, umso weniger, als es aktuell an einer zwischen Bund und Ländern abgestimmten Linie fehlt und sich die Lage für unsere Betriebe von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich darstellt. Das ist und bleibt ganz besonders eine Hypothek für all die Handwerksbetriebe, die über die Grenzen ihres Bundeslandes hinaus tätig sind. Immerhin aber soll künftig ein genereller Lockdown ausgeschlossen sein.

Bietet ihnen die Politik derzeit genügend Berechenbarkeit und  einen verlässlichen Rahmen für die Arbeit in einer wieder intensiven Pandemie?

Nicht wirklich. Aktuell konzentrieren sich die künftigen Koalitionsfraktionen darauf, eine neue Rechtsgrundlage für zu ergreifenden Corona-Maßnahmen zu schaffen. Dabei fällt offenbar hinten runter, sich auf Maßnahmen zu verständigen, um die vierte Welle zu brechen. Es fehlt erkennbar die Bereitschaft, zumindest zu einer gewissen Grundabstimmung zwischen der Bundes- und der Länderebene zu kommen, wohl auch, weil sich die geschäftsführende Regierung nicht mehr und die neue Regierung noch nicht zuständig fühlt. Angesichts der Zuspitzung der Corona-Lage können wir uns ein solches Verantwortungsvakuum, ein Abwarten bis zum Ende von Koalitionsverhandlungen, ja einen Handlungsausfall politischer Entscheidungsträger nicht leisten. Unsere Betriebe brauchen Gewissheit darüber, auf welcher Grundlage sie etwa Schutzkonzepte für den eigenen Betrieb organisieren sollen. Dafür müssen sie den Corona-Status ihrer Beschäftigten kennen. Daher muss der Vorschlag der Gesundheitsministerkonferenz, den Betrieben ein Auskunftsrecht über den Genesenen- oder Impfstatus ihrer Mitarbeitenden zuzugestehen, schnellstmöglich gesetzlich abgesichert werden.

Die aktuelle Steuerschätzung wird dem Staat vermutlich erkleckliche Mehreinnahmen bescheren. Wie sollten die verwendet werden?

Die erwarteten Mehreinnahmen sollten strikt für Maßnahmen verwendet werden, die als Impulse für eine mittelstands- und wachstumsorientierte Steuer- und Wirtschaftspolitik wirken. Die im Sondierungspapier vereinbarte Einführung einer "Super-Abschreibung" ist ein solcher Ansatz. Gewinne von Personenunternehmen, die im Betrieb bleiben, sollten günstiger besteuert werden. Das hilft den Betrieben, notwendige Investitionen zu stemmen. Verbessert werden sollte auch die Verlustverrechnung, um Betrieben, die durch Lieferengpässe oder die Corona-Krise besonders betroffen sind, kurzfristig und unbürokratisch Liquidität zu verschaffen.

Die konjunkturelle Lage hat sich etwas eingetrübt, die Wachstumsprognosen werden gesenkt. Fürchten Sie Gefahren für den erhofften Aufschwung heraus aus der Corona-Krise?

Die sich aktuell auftürmende vierte Welle wird ohne Frage – wegen absehbarer Einschränkungen – auch die Geschäftstätigkeit von Handwerksbetrieben betreffen. Da jedoch ein flächendeckender Lockdown ausgeschlossen wird, rechne ich nicht mit wirtschaftlichen Verwerfungen wie im vergangenen Jahr. Unsere Betriebe haben sich in ihrer großen Mehrheit bisher gegen die Pandemie gestemmt und alle Chancen genutzt, ihre Betriebe am Laufen zu halten. Im Ergebnis rechnen wir 2021 daher mit einem Umsatzplus im Gesamthandwerk von zwei Prozent. Was alle bisherigen Erfahrungen aber auch gezeigt haben: Ein tatsächliches Nach-Corona wird es so schnell nicht geben, Corona bleibt uns leider weiter erhalten, aber es zeigt sich auch, dass sich die Wirtschaft und unsere Betriebe immer besser darauf einstellen. Daher erwarte ich, dass 2022 die Wachstumskräfte wieder die Oberhand gewinnen. Dafür ist allerdings wichtig, dass die Lieferkettenprobleme, Material- und Produkteknappheiten und die damit verbundenen Preissprünge überwunden werden können – und das möglichst schnell.

Wie groß ist das Problem Preiserhöhungen für das Handwerk als Kostenfaktor und für die Kunden in Form höherer Handwerker-Rechnungen?

Ein Großteil der Handwerksbetriebe geht gemäß unserer aktuellen Konjunkturumfrage davon aus, dass sie um Preiserhöhungen nicht herumkommen, um die massiven Kostensteigerungen auszugleichen. Die Betriebe berichten uns, dass viele private Handwerkskunden dafür aber durchaus Verständnis zeigen. Anders sieht das bei der öffentlichen Hand aus. Gerade auch auf kommunaler Ebene gibt es kaum Bereitschaft, die Verträge an die neue Kostensituation anzupassen.

Zentralverband des Deutschen Handwerks e. V. (ZDH)
Mohrenstraße 20/21
10117 Berlin