News Termine Ausschreibungen Marktplatz Arbeitspause Recht

Handwerk und IHK Gewerbe News. Über 100 Tsd. Betriebe präsentieren sich hier.

 

 
 

 

30.07.2022 - 40-Prozent-Grenze ist die rote Linie - "Wir warnen die Bundesregierung eindringlich davor, die 40-Prozent-Grenze bei den Sozialbeiträgen zu überschreiten. Das gefährdet die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschland und trifft gerade das beschäftigungsintensive Handwerk besonders hart. Der Lohnkostenanteil im Handwerk beträgt bis zu 80 Prozent. Die Erhöhung des Zusatzbeitrags bei der Krankenversicherung um 0,3 Prozentpunkte ist eine weitere erhebliche Belastung, zumal auch weitere Beiträge wie die zur Pflegeversicherung steigen dürften. Jeder Euro mehr bei den Sozialabgaben erhöht die Kosten für unsere Betriebe und fehlt diesen später, um etwa Eigenkapitalvorsorge zu betreiben oder notwendige Zukunftsinvestitionen zu tätigen. Jeder Euro mehr bei den Sozialabgaben schmälert das Netto der Beschäftigten. Die 40 Prozent sind eine rote Linie, die nicht überschritten werden darf.

Die Ampel-Parteien müssen sich endlich an die unumgänglichen grundsätzlichen Reformen unserer sozialen Sicherungssysteme machen. Es braucht strukturelle Änderungen, um diese Systeme generationengerecht und zugleich zukunftsfest aufzustellen. Bezahlbarkeit und soziale Absicherung müssen für die heutige und für künftige Generationen in Einklang gebracht werden. Ohne Reformen wird die Transformation unseres Landes gefährdet. Schließlich sind es vor allem unsere Handwerkerinnen und Handwerker, die die Zukunftsaufgaben etwa für die Klima- und Energiewende umsetzen."

Klima- und Mobilitätswende brauchen verlässliche Förderpolitik

Die angekündigte Reform der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) und der überraschende Förderstopp von Elektroautos zur gewerblichen Nutzung drohen die Handwerksbetriebe und ihre Beschäftigten auszubremsen.

Fachkräftemangel, Lieferengpässe, Preissteigerungen – gleichzeitig wächst der Druck auf das Handwerk, wichtige Transformationsaufgaben umzusetzen. Staatliche Förderinstrumente sollten dabei unterstützen. Die angekündigte Reform der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) und der überraschende Förderstopp von Elektroautos zur gewerblichen Nutzung drohen die Handwerksbetriebe und ihre Beschäftigten dagegen weiter auszubremsen. Das Handwerk fordert eine nachhaltige und verlässliche Förderpolitik.

"Die kurzfristigen Änderungen der Gebäudeförderung bedeutet für Handwerksbetriebe und Auftraggeber eine erhebliche Verunsicherung. Ohne Not wird das Vertrauen in Förderangebote beschädigt, die für die Umsetzung der Energiewende wichtig sind", so ZDH-Generalsekretär Holger Schwannecke. Wer in der vergangenen Woche noch geplant habe, einen Handwerksbetrieb vor Beginn der Heizperiode mit einer Sanierung zu beauftragen und hierzu mit den aktuellen Fördersätzen gerechnet hatte, der werde bereits ab heute mit den neuen Fördersätzen kalkulieren müssen.

Förderstopp bei E-Autos zur gewerblichen Nutzung ab Mitte 2023

Gleiches gelte für die Planungen zur Änderung der Förderung von Elektroautos und anderer alternativer Antriebe. "Der Umweltbonus fördert zurzeit gezielt und unbürokratisch die Anschaffung von gewerblich genutzten Pkw und leichten Transportern mit alternativen Antrieben. Dieses erfolgreiche Förderinstrument ermöglicht damit gerade in kleinen und mittleren Betrieben eine klimaneutrale Modernisierung der Fuhrparks", betont Schwannecke. Gerade bei den typischen Handwerksfahrzeugen besteht immer noch ein erheblicher Kostenunterschied zwischen alternativen und konventionellen Antrieben. "Das macht den Übergang gerade für die vielen Kleinstbetriebe im Handwerk sehr schwierig", so der ZDH-Generalsekretär.

Das Interesse der Handwerksbetriebe an der Elektromobilität war in den letzten Jahren deutlich gewachsen – auch wegen der Förderanreize. "Der nun überraschend angekündigte Förderstopp von E-Autos zur gewerblichen Nutzung ab Mitte 2023 droht dieses Engagement und damit die Mobilität der Handwerksbetriebe gerade in den Innenstädten jäh auszubremsen", kritisiert Schwannecke. "Die Reformpläne schüren nicht nur unnötig Unsicherheit, sondern sie stehen auch im klaren Widerspruch zum Klimapaket, das ausdrücklich weitere Unterstützung für die schnelle Modernisierung von gewerblichen Flotten vorsieht." Andere bestehende Förderprogramme für Nutzfahrzeuge können nicht als Ersatz für den bewährten Umweltbonus dienen, da sie für viele Handwerksbetriebe nur sehr bedingt geeignet sind und zudem keine gewerblich genutzten Pkw umfassen.

KMUs benötigen Verlässlichkeit und Planbarkeit in der Förderpolitik

Das Handwerk steht vor einer Herkulesaufgabe: Die Transformation unseres Landes umsetzen – trotz großer Fachkräftelücke, Materialengpässen und Lieferkettenstörungen sowie enormer Energiepreissteigerungen. "Das kann nur funktionieren, wenn wir die volle Rückendeckung der Politik haben. Dazu gehört auch Verlässlichkeit und Planbarkeit in der Förderpolitik", fordert Schwannecke. Der Umweltbonus müsse weiter für die Fuhrparkmodernisierung von KMU zur Verfügung stehen und die Bundesförderung für effiziente Gebäude auf Kontinuität ausgerichtet werden. "Das schafft enorm wichtiges Vertrauen in diesen unsicheren Zeiten", so der ZDH-Generalsekretär.

"Die kurzfristige Änderung der Gebäudeförderung bedeutet für Handwerksbetriebe und Auftraggeber eine erhebliche Verunsicherung. Ohne Not wird das Vertrauen in Förderangebote beschädigt, die für die Umsetzung der Energiewende wichtig sind. Wer in der vergangenen Woche noch vor hatte, Handwerksbetriebe vor Beginn der Heizperiode mit einer Sanierung zu beauftragen und hierzu mit den aktuellen Fördersätzen gerechnet hatte, der wird bereits ab morgen mit neuen Fördersätzen kalkulieren müssen. Hilfreicher – als eine kurzfristige Änderung der Förderlandschaft herbeizuführen – wäre es, an den bisherigen Förderkonditionen festzuhalten und die künftig geltenden Konditionen für die Gebäudeförderung ab 2023 zeitnah bekannt zu geben. Das würde bei den Betrieben und bei Kundinnen und Kunden Vertrauen schaffen und für Planbarkeit sorgen ", sagt Holger Schwannecke, ZDH-Generalsekretär

Handwerk als Partner der Transformation

Um die Fachkräftelücke zu schließen, müssen Politik und Handwerk für eine Bildungswende an einem Strang ziehen, erklärt ZDH-Präsident Hans Peter Wollseifer in einem Namensbeitrag für den Wirtschaftsblog "Klartext im Westen" der unternehmer nrw.

Unsere Zeit ist geprägt von unterschiedlichen und ineinandergreifenden Krisen, deren Effekte sich gegenseitig noch verstärken: Der brutale russische Überfall auf die Ukraine und die nicht enden wollende Corona-Pandemie; gestörte Lieferketten und Materialengpässe; Inflation und die Unsicherheit, wie es mit der Energieversorgung weitergeht.

In dieser wirtschaftlich schwierigen Lage muss unser Land gleichzeitig noch große Transformationsleistungen vollbringen. Denn nicht weniger als Energiewende, Klimaschutz, Mobilitätswende, Nachhaltigkeit, Digitalisierung und die Versorgung einer immer älter werdenden Bevölkerung stehen auf der Agenda.

Damit all das gelingen kann, braucht es in Deutschland ausreichend qualifizierte Handwerkerinnen und Handwerker, die diese vielen und wichtigen Vorhaben umsetzen. Es braucht Menschen, die Solarpaneele einbauen und Ladesäulen für E-Autos installieren; Menschen, die die ältere Bevölkerung mit Brillen, Hörgeräten, Prothesen, orthopädischen Schuheinlagen und Zahnersatz versorgen, und Bäder altersgerecht umbauen. Millionen Handwerkerinnen undHandwerker sind aktive Zukunftsgestalter und berufliche Klimaschützer, wenn sie Windparks bauen, Heizungen austauschen und Häuser energieeffizient sanieren und bauen.

Kurzum: Deutschlands Zukunftspläne können nur mit dem Handwerk gelingen, denn was die Politik auf dem Papier beschließt, setzen qualifizierte Handwerkerinnen und Handwerker in die Realität um.

Allerdings fehlen allein im Handwerk mit seinen 130 Berufen bereits jetzt über 250.000 Fachkräfte, Tendenz steigend. Und in den nächsten fünf Jahren suchen rund 125.000 Handwerksbetriebe nach einer Nachfolge. Es wird über die Zukunft unseres Landes entscheiden, ob es uns gelingt, diese Lücken zu schließen! 

Wir werden diese Lücken nur schließen können, wenn Politik und Handwerk an einem Strang ziehen. Gemeinsam müssen wir dafür sorgen, dass wieder mehr junge Menschen den Weg in eine Ausbildung im Handwerk finden. Das allerdings wird nur passieren, wenn ein gesellschaftliches und politisches Umdenken stattfindet. Ja, wir brauchen nicht nur eine Klimawende und nicht nur eine Energiewende. Sondern wir brauchen auch eine Bildungswende!

Bildungswende bedeutet: Wir müssen weg von der Vorstellung, dass nur ein Studium beruflichen und persönlichen Erfolg bringen kann, und hin zu mehr Anerkennung und Wertschätzung der beruflichen Bildung.

Hierbei kommt es vor allem auf vier Punkte an:

Erstens: Die Über-Akademisierung ist ein Irrweg. Denn für eine erfolgreiche Transformation in Deutschland brauchen wir alle Talente und Qualifikationen. Wir brauchen den Wissenschaftler, der den CO-2-Ausstoß berechnet – wir brauchen aber genauso die Handwerkerin, die die Solarpaneele installiert. Berufliche und akademische Bildung sind gleichermaßen wichtig, und müssen deshalb endlich auch gleichwertig behandelt werden!

Zweitens: Diese Gleichwertigkeit muss gesetzlich verankert werden. Sie muss sich in mehr ideeller und materieller Wertschätzung für die berufliche Bildung äußern. Erst dann sind akademische und berufliche Bildung wirklich gleichwertig!

Drittens: Ausbildungsbetriebe müssen spürbar entlastet und die Berufsbildungsstätten weiter gestärkt werden. Daneben brauchen wir mehr attraktive Angebote für Auszubildende, etwa beim Azubi-Wohnen oder bei Azubi-Tickets.

Viertens: Wir brauchen eine bundesweite Studien- und Berufsorientierung, die gleichermaßen und ergebnisoffen über beide Bildungspfade informiert, und zwar flächendeckend an allen allgemeinbildenden Schulen, auch an Gymnasien.

Das Handwerk ist gerne Partner und Unterstützer der großen und wichtigen politischen Vorhaben. Wir möchten uns mit ganzer Kraft einbringen, um zu einer gelingenden Transformation beizutragen. Aber klar ist: Dafür brauchen wir mehr Menschen, die mit anpacken. Deswegen brauchen wir eine Bildungswende als Voraussetzung für alle weiteren "Wenden". Wenn die Politik diese Bildungswende nach Kräften unterstützt, haben wir gute Chancen, unser Land für die Zukunft gut aufzustellen.

"Wir brauchen eine Bildungswende"

ZDH-Präsident Wollseifer hat mit Blick auf die Fachkräftesituation ein Umdenken in der Bildungspolitik gefordert. "Wir fordern die Politik auf, sich unsere Forderung nach einer Bildungswende zu eigen zu machen. Wir brauchen mehr Wertschätzung und mehr Anerkennung für die berufliche Bildung, vor allem aber auch eine auskömmliche Finanzierung der beruflichen Bildung. Unsere Bildungsstätten sowie die Berufsschulen dürfen nicht länger als bildungspolitische Stiefkinder behandelt werden", betonte ZDH-Präsident Hans Peter Wollseifer gegenüber Andreas Hoenig von der "dpa".

"Wir gehen von einer Viertelmillion Fachkräften aus, die im Handwerk fehlen. Uns fehlen in der Ausbildung sehr viele junge Leute." Ziele etwa beim Einbau von Wärmepumpen sind dann schwierig zu schaffen. "Wenn ich Wärmepumpen in Neubauten einbaue, dann ist das heute schon eine Routineaufgabe. Wenn ich aber Bestandsgebäude umrüsten möchte, dann ist das schon eine schwierige Angelegenheit, die komplexe Kenntnisse erfordert. Die Wärmepumpe als solche zu installieren ist nicht das Problem, sondern sie ins Bestandsgebäude zu integrieren, das ist die Herausforderung und dafür braucht man Kompetenz. Die kann man sich nicht in sechs Wochen im Schnelldurchgang aneignen, sondern dafür muss man eine komplexe und fundierte Ausbildung haben."

"Wir sind bereit, die Ausbildungskapazitäten hochzufahren. Das Problem liegt woanders: Unsere Betriebe bieten schon seit Jahren Tausende Ausbildungsplätze und damit Ausbildungschancen an, die aber nicht genutzt werden. Wir brauchen Bewerberinnen und Bewerber dafür. Das ist das Problem. Von daher fordern wie die Politik auf, sich unsere Forderung nach einer Bildungswende zu eigen zu machen. Wir brauchen mehr Wertschätzung und mehr Anerkennung für die berufliche Bildung, vor allem aber auch eine auskömmliche Finanzierung der beruflichen Bildung. Unsere Bildungsstätten sowie die Berufsschulen dürfen nicht länger als bildungspolitische Stiefkinder behandelt werden. Es darf keine Zweiklassengesellschaft in der Bildungspolitik mehr geben."

"Bildungswende bedeutet: Wir müssen weg von der Vorstellung, dass nur ein Studium beruflichen und persönlichen Erfolg bringen kann, und hin zu mehr Anerkennung und Wertschätzung der beruflichen Bildung. Hierbei kommt es vor allem auf vier Punkte an:

Erstens: Die Überakademisierung ist ein Irrweg. Für eine erfolgreiche Transformation in Deutschland brauchen wir alle Talente und Qualifikationen. Berufliche und akademische Bildung sind gleichermaßen wichtig, um die Transformation zu bewerkstelligen. Berufliche und akademische Bildung müssen deshalb endlich auch gleichwertig behandelt werden.

Zweitens: Die Gleichwertigkeit muss gesetzlich verankert werden und sich in mehr ideeller und materieller Wertschätzung für die berufliche Bildung äußern. Mit einer gesetzlichen Festschreibung der Gleichwertigkeit sind dann Politiker quasi per Gesetz dazu angehalten, beide Bildungswege auch bei der Mittelvergabe gleichwertig zu berücksichtigen.

Drittens: Ausbildungsbetriebe müssen spürbar entlastet, die Berufsbildungsstätten weiter gestärkt werden. Es braucht mehr attraktive Angebote für Auszubildende, etwa beim Azubi-Wohnen oder bei Azubi-Tickets.

Viertens: Wir brauchen eine bundesweite Studien- und Berufsorientierung, die gleichermaßen und ergebnisoffen über beide Bildungspfade und Karrierewege informiert – und das bitte flächendeckend an allen allgemeinbildenden Schulen, auch an Gymnasien."

 

 

Zentralverband des Deutschen Handwerks e. V. (ZDH)
Mohrenstraße 20/21
10117 Berlin