Westfalen umfasst heute den östliche Landesteil von Nordrhein-Westfalen, einst das Gebiet der ehemaligen preußischen Provinz Westfalen. Historisch, sprachlich und kulturell ist Westfalen allerdings eine Landschaft, die, insbesondere im Norden und Nordwesten, weit über die Gebiete des heutigen Landesteils hinausreicht. Im gegenwärtigen Westfalen leben etwa 8,2 Millionen Menschen in den Regionen Münsterland, Tecklenburger Land, Ostwestfalen, Hellwegbörde, Sauerland , Wittgensteiner Land und Teile des Siegerlands sowie im westfälischen, dem mittleren und östlichen Teil des Ruhrgebiets. Die westfälischen Gebiete des Sauerlandes, des Siegerlandes und das Wittgensteiner Land werden unter Südwestfalen zusammengefasst.
Der wasserreichste Fluss in Westfalen ist die Weser, die das Land im Osten tangiert und in der Porta Westfalica den Gebirgszug von Wiehen- und Wesergebirge durchbricht. Zum Einzugsgebiet des Rheines gehören die Ruhr mit den Nebenflüssen Möhne, Lenne und Volme, die Emscher, die Sieg und die Lippe. Zum Flusssystem der Ruhr zählt auch die Plästerlegge, der einzige Wasserfall Westfalens. Die am Teutoburger Wald entspringende Ems durchfließt den Osten und Norden der Westfälischen Bucht.
Westfalen ist eine alte Kulturlandschaft, die bereits von dem Neandertalern aus der Altsteinzeit besiedelt wurde. In der Römerzeit war das Gebiet von germanischen und keltischen Stämmen besiedelt. Der Versuch, es unter die direkte Herrschafts Roms zu bringen, scheiterte 9 n. Chr. nach der Varusschlacht. Die gerade gegründeten römischen Siedlungen östlich des Rheins verfielen wieder, aber es gab weiterhin erhebliche Handelsbeziehungen zwischen den römischen Provinzen links des Rheins und den unabhängigen Germanen östlich. Bis weit ins heutige Niedersachsen wurden schwere römische Mahlsteine aus Eifelbasalt und edle römische Bronzegefäße gefunden. Einige der seit dem 3. oder 4. Jahrhundert auch zwischen Weser und Rhein siedelnden Sachsen verdingten sich sogar als Söldner in römischen Legionen.
Als 1512 auf dem Reichstag von Köln das Heilige Römische Reich in zehn Reichskreise eingeteilt wurde, nahm der Niederrheinisch-Westfälische Reichskreis das heutige Nordrhein-Westfalen vorweg, umfasste aber auch das heutige Niedersachsen westlich der Weser bis zur Nordsee. Westfälische Herrschaften wie der Territorialbesitz des Bistums Münster reichten weit nach Norden (Schloss Clemenswerth im Hümmling als bedeutendes Werk des westfälischen Barock.). Vom Mittelalter bis zum Ende des 16. Jahrhunderts wurden in Westfalen mittelniederdeutsche Dialekte gesprochen.
Westfalen - Hort bedeutender Baukunst und Handwerk.
Aus karolingischer Zeit sind in Westfalen einige Beispiele der Baukunst von überregionalem Rang erhalten. Dazu gehört etwa das Westwerk des Klosters Corvey (873–885). Aus ottonischer Zeit bemerkenswert ist die Bartholemäuskapelle in Paderborn. Wichtige Beispiele für den gotischen Stil sind die Dome in Minden und Paderborn. Hochgotisch (nach 1377) ist die Soester Wiesenkirche. Besondere Beispiele von Profanbauten, die auf diese Zeit zurückgehen, sind die, im Kern romanische, Alte Münze in Minden, mit schmuckvollen gotischen Fenstern, die als das älteste Steinhaus Westfalens gilt, und das spätgotische Rathaus in Münster, dessen Giebel nach dem Zweiten Weltkrieg rekonstruiert wurde. Beispiele der im östlichen Westfalen anzutreffenden Weserrenaissance sind die Schlösser in Paderborn-Neuhaus und Brake. Bürgerlichen Bauwillen dieser Zeit repräsentieren die Rathäuser in Bocholt, Lemgo und Paderborn, aber auch Bürgerhäuser, wie sie zum Beispiel in Lemgo zahlreich erhalten sind. Bildhauer wie Heinrich und Gerhard Gröninger standen in Westfalen am Übergang zum Barock. Europäischen Rang beanspruchen einige Barockbauwerke in Westfalen. Dazu zählt insbesondere die Clemenskirche, der Erbdrostenhof (1753–1757) und das Schloss (1767–1773) des Architekten Johann Conrad Schlaun in Münster. Das Schloss Nordkirchen (1703–1734), die Dominikanerkirche in Münster und die Jesuitenkirche in Büren sind weitere Höhepunkte der Barockarchitektur in Westfalen.
Das von Napoleon I. für seinen Bruder Jérôme geschaffene Königreich Westphalen (1807–1813) umfasste nur die Südosthälfte Westfalens, dazu aber große Teile der heutigen Bundesländer Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Hessen. Seit dem Wiener Kongress 1815 beschränkte sich der Name Westfalen zunehmend auf dort dem Königreich Preußen zuerkanntes Gebiet. Bis dahin zu Westfalen gerechnete Gebiete nördlich davon kamen an das Königreich Hannover (Osnabrück, Bentheim und Emsland) und das Großherzogtum Oldenburg (Oldenburgisches Münsterland). Für den östlichen Teil der preußischen Provinz Westfalen, der dem Regierungsbezirk Minden entsprach, entwickelte sich der Begriff Ostwestfalen. Das Fürstentum Lippe (heute Kreis Lippe) blieb selbständig und wurde später ein eigenes Land im Deutschen Reich. Dieser zur historischen Landschaft Westfalen gehörende Landstrich behielt daher auch eine begriffliche Sonderstellung, seit er 1947 dem 1946 aus Teilen Preußens (Provinz Westfalen und Nordteil der Rheinprovinz) gegründeten heutigen Bundesland Nordrhein-Westfalen beitrat: die Lippische Rose in dessen Landeswappen, der Landschaftsverband Westfalen-Lippe sowie zusätzlich ein Landesverband Lippe und die Bezeichnung Ostwestfalen-Lippe (OWL) für den Regierungsbezirk Detmold.
Die meisten der heutigen Städte in Westfalen entstanden im Mittelalter. Fast flächendeckend bildete sich ein dichtes Netz von Orten mit städtischen Rechten. Später kam es im Zusammenhang mit der Industrialisierung zu einer sehr differenzierten Entwicklung. Einige Orte mit Stadtrechten etwa im Hochsauerland kamen über dörfliche Dimensionen nicht hinaus. Selbst Arnsberg als Sitz eines Regierungspräsidiums blieb eine Kleinstadt und wuchs erst mit der kommunalen Neugliederung seit 1975 zu einer Mittelstadt an. Andererseits ist Soest, im Mittelalter eine der größten und bedeutendsten Städte Nordwestdeutschlands, heute nur eine Mittelstadt.
Noch heute ist das Sachsenross das Wappentier Westfalens und Niedersachsens. Mit Erlass des preußischen Staatsministeriums vom 28. Februar 1881 wurde bestimmt, dass die Provinz Westfalen ein Wappen führen dürfe: das weiße steigende Westfalenross mit lockiger Mähne und hochgeschlagenem Schweif. In seiner historischen Fassung besteht das westfälische Wappen aus einem roten Schild, auf dem sich das Westfalenpferd befindet.
Gemeinsam blieb auch die ländliche Bautradition, das norddeutsche Fachhallenhaus, das sowohl als Westfalenhaus als auch als Niedersachsenhaus bekannt ist. Um eine zentrale Halle -die „Deele“- mit giebelseitigem Tor gruppierten sich rechts und links Ställe und andere Wirtschaftsräume, während sich die Wohnräume der Bauernfamilie am hinteren Ende befanden.
( Quellen: 1.Ernst Schubert, Geschichte Niedersachsens, Göttingen 1997, ISBN 3-7752-5900-7, S. 266 - 2. Hamburgische Kirchengeschichte I, 2, - 3.Landschaftsverband Westfalen-Lippe: Die Interessengebiete Kölns und Braunschweigs nach dem Vertrag von 1260 (Karte), Wikipedia/Westfalen. Der Text ist unter der Lizenz „Creative Commons Attribution/Share Alike“ verfügbar. )