Preisträger und Jurymitglieder gemeinsam mit Caparol-Firmeninhaber Ralf Murjahn bei der Verleihung des Architekturpreises Farbe-Struktur-Oberfläche am 7. September in Frankfurt ( Foto: Caparol Farben Lacke Bautenschutz/Darko Ahej )
21.09.2022 - Bauprojekte auf höchstem Niveau: Ein Forum für ausgezeichnete Architektur eröffnete die Verleihung des Caparol-Architekturpreises Farbe-Struktur-Oberfläche am 7. September in Frankfurt. 2004 ins Leben gerufen, um beispielhafte Umsetzung von Farb- und Materialkonzepten in der Architektur zu würdigen, hat sich der Wettbewerb längst etabliert. „Der Caparol-Architekturpreis unterscheidet sich von anderen Wettbewerben, die von der Industrie ausgelobt werden, dadurch, dass er herstellerneutral ist, es nicht auf die eingesetzten Produkte, sondern ausschließlich auf die Qualität der Architektur ankommt“, so Caparol-Firmenchef Dr. Ralf Murjahn. Jurymitglied Petra Stephan betonte bei der Begrüßung die regelmäßig sehr hohe Qualität und Vielfalt der eingereichten Projekte. Sie ist nicht zuletzt Ausdruck eines zweistufigen Verfahrens. So nennen zwölf unabhängige Nominierungsjuroren zunächst ihre persönlichen Favoriten, die während der letzten zwei Jahre in Deutschland, Österreich oder der Schweiz realisiert wurden. Dieses Mal waren es 90 Projekte, die nach Vorprüfung im zweiten Schritt im Caparol-Tagungszentrum Gutshof Murjahn in Forst an der Weinstraße von einer hochkarätig besetzten Jury bewertet wurden.
Bei der neunten Auflage hatte sie die schwierige Aufgabe, aus den hervorragenden Arbeiten jene auszuwählen, die in den Kategorien „Öffentliche Bauten“, „Wohnbauten“, „Bauten besonderer Nutzung“ und „Architekturen des Innenraums“ als Preisträger ausgezeichnet oder mit einer lobenden Anerkennung geehrt werden sollen.
Den ersten Preis in der Kategorie „Öffentliche Bauten“ erhielten Birk Heilmeyer und Frenzel Architekten (Stuttgart), die, so Juryvorsitzender Volker Weuthen, für ihr Projekt „Kita im Park – Neubau einer viergruppigen Kindertageseinrichtung“ in Stuttgart geehrt wurden. Eine lobende Anerkennung wurde Knoche Architekten (Leipzig) für die Konzeption des „Feuerwehrzentrums Köln-Kalk“ ausgesprochen. Preisträger in der Kategorie „Wohnbauten“ sind bodensteiner fest Architekten Stadtplaner (München), die für ihr Projekt „Casa Rossa“ in Chemnitz ausgezeichnet wurden. Bernardo Bader Architekt (Bregenz) bekam für das Projekt „Atelier Klostergasse“ (Bregenz) eine lobende Anerkennung. Die Büros netzwerkarchitekten und Tragraum Partnerschaft Beratender Ingenieure (Darmstadt) konnten sich in der Kategorie „Bauten besonderer Nutzung“ über den ersten Preis freuen. Sie erhielten die Murjahn-Medaille für das Projekt „ARGE Brücke am Mozartturm“ in Darmstadt. AFF Architekten (Berlin) und Georgi architektur + stadtplanung (Chemnitz) sprach die Jury für ein „temporäres Empfangs- und Eingangsgebäude im Rahmen der Sächsischen Landesausstellung 2020“ eine lobende Anerkennung aus. Das Schulhaus am „Ekkharthof“ (Lengwil) von Lukas Imhof Architektur (Zürich) bekam in der Kategorie „Architekturen des Innenraums“ den ersten Preis. Schoener und Panzer Architekten (Leipzig) wurde eine lobende Anerkennung für das Projekt „Touristeninformation Dommitzsch“ ausgesprochen, teilte Jurymitglied Jessica Borchardt mit.
Studentenwettbewerb
Seit 2014 wird der Caparol-Architekturpreis deutschlandweit auch in der Kategorie „Studenten“ verliehen. Prämiert werden Masterarbeiten der letzten zwei Jahre. Hierbei übernehmen die Architekturfakultäten der teilnehmenden Universitäten und Hochschulen die Funktion einer Nominierungsjury. Den ersten Preis in der Kategorie „studentische Abschlussarbeiten“ erhielt Clara Süßmann, die, so Jurymitglied Lukas Huggenberger, für das Projekt „Mineralienspeicher Grube Clara“ ausgezeichnet wurde. Der zweite Preis ging an Maximilian Scheffel für das Projekt „Die Scheibe – ein Architekturforum für Stuttgart“. Den dritten Preis teilten sich Sophia Seufert mit dem Projekt „Off Shore – Transformation der Plattform Brent Charlie zur Forschungsstation“ und Andra Ionel, die für das Projekt „Stadthaus Mailand“ geehrt wurde.
Traditionell widmet sich Caparol bei der Preisverleihung stets weiteren aktuellen Themen. So avancierte in diesem Jahr der Vortrag von Thomas Rau zu einem Highlight der Preisverleihung. Er ist international bekannt als Vordenker in Sachen Nachhaltigkeit und Ressourcenknappheit in der Architektur. Der renommierte Architekt verfügt über die Fähigkeit, Sachverhalte und Probleme aus vollkommen neuen Blickwinkeln zu betrachten. „Nachhaltigkeit bedeutet die Optimierung eines falschen Systems“, sagt Thomas Rau. Denn das linear ausgerichtete Wirtschaftssystem basiert auf einem eindimensionalen Fundament. Es habe zwar viel Positives beschert, drohe jetzt aber sämtliche seiner Errungenschaften zunichte zu machen. Da die Natur in höchstem Maße vom Menschen und seinen Aktivitäten bedroht wird, ist der Schutz unseres Planeten essenziell – es ist schließlich der einzige Lebensraum, den wir haben. Rau plädiert daher für die Ersetzung des heutigen linearen Wirtschaftssystems durch ein zirkuläres Wirtschaftsmodell, in dem der Konsument nicht länger Eigentümer, sondern Nutzer ist, wo die Materialien Rechte erhalten und Verschwendung endgültig der Vergangenheit angehört.
Wie es gelingt, die Ressourcenverschwendung zu beenden, die Wirtschaft zu motivieren, bessere Produkte zu erzeugen, und wie Unternehmen, Verbraucher und die Umwelt davon profitieren, lauten Fragestellungen, die ihn umtreiben. Als eine Antwort darauf präsentierte er das 2017 ins Leben gerufene Online-Kadaster für Materialien: „Madaster“ dokumentiert, wo und in welcher Form und für wie lange ein Material in einer baulichen Konstruktion gebunden ist. Die so erfassten Materialien werden mit einer Identität versehen und registriert. Damit ist „Madaster“ ein wichtiger praktischer Schritt in Richtung vollständiger Vermeidung von Abfall. Bereits 2013 entwarf Thomas Rau mit seinem Architekturbüro das erste zirkuläre Gebäude der Niederlande, das gleichzeitig als Rohstoffdepot fungiert. Zwei Jahre später entstand das erste zirkuläre Plusenergie-Gebäude – im Auftrag des Energieunternehmens Alliander. Mit diesem Projekt bewies Thomas Rau, dass Neuentwicklungen in der zirkulären Wertschöpfung innerhalb der Architektur und im plusenergetischen Bauen auch in großem Maßstab möglich sind: Das 23.000 Quadratmeter große Gebäude produziert anderthalb Millionen kWh pro Jahr.
„The Power of Surface“
Cool, rough und vor allem auch nachhaltig erwies sich die unter Federführung von Carmen Rubinacci vom Caparol FarbDesignStudio gestaltete Industriehalle in Frankfurt als Location der Preisverleihung. Lichtskulpturen aus Caparol LoftLook-Klinkern – Upcycling-Ziegel in Handarbeit aus alten Industrieanlagen gewonnen – beeindruckten genauso wie die dezente Beleuchtung, die Farbe komplett erlebbar machte, den neuen starken Markenauftritt gekonnt in Szene setzte und den Slogan „The Power of Surface“ unterstrich.
„Architekten und Innenarchitekten erwarten bei der Gestaltung von Neubauten und Modernisierungen von einem Hersteller wie Caparol zu Recht nicht nur hochwertige Einzelprodukte oder Produktsysteme, sondern intelligente, nutzenorientierte und nachhaltige Produktkonzepte. Die Entwicklung der richtigen Lösungen kann nur durch einen intensiven Austausch und Dialog mit allen relevanten Zielgruppen erreicht werden“, so Caparol-Geschäftsführer Guido Kuphal, der als Moderator durch die Preisverleihung führte. Zu diesem Austausch gab es auch nach dem offiziellen Teil an diesem Abend in entspannter Atmosphäre reichlich Gelegenheit – schon allein durch eine neu entwickelte und erst kürzlich patentierte Oberfläche, die neben dem Design auch unter energetischen Aspekten zusätzliche Funktionalitäten aufweist. Sie wurde am Rande der Preisverleihung vorgestellt, und wer wollte konnte sich auch über die Luxusfarben-Kollektion Caparol Icons informieren, die aus 120 einzigartigen, abgetönten Innenfarben besteht. Die ausgewogene Sammlung aus pudrig-eleganten, modernen-brillanten sowie klassisch-edlen Tönen bietet Farben für besonders edle und farbtiefe Oberflächen, auf die auch Ralf Murjahn in der Eröffnungsrede hinwies. Die Farbtöne interpretieren ikonische Momente der Farbkultur und verleihen anspruchsvollsten Interieurs ein einzigartiges Flair.
Für die Preisträger und die Jurymitglieder stand am Tag nach der Preisverleihung noch eine spannende Architektur-Exkursion auf dem Programm. Dabei konnten sich die Teilnehmer am Vormittag mit einer exklusiven Preview-Führung einen Eindruck verschaffen vom Casals Forum in Kronberg bei Frankfurt am Main, einem europaweit einzigartigen Konzertsaal für Kammermusik für rund 600 Zuhörer. Die Planung und Realisierung der erstklassigen Akustik und Ausstattung wurde vom renommierten Büro Staab Architekten begleitet. Die Konzeption der neuen Gebäude zielt bewusst darauf ab, höchste künstlerische Meisterschaft zu fördern, und zeigt sich daher anregend familiär aber auch unkonventionell. Das Casals Forum wird außerdem als erstes Konzertsaal-Gebäude klimaneutral betrieben werden. Die Eröffnung findet nach fünf Jahren Bauzeit Ende September statt. Exklusiv vorab führte der Vorsitzende des Vorstandes der Kronberg Academy Stiftung Raimund Trenkler die Gruppe durch das Forum. Am Nachmittag schloss sich ein Rundgang auf Europas größter innerstädtischer Baustelle an: dem spektakulären Four Projekt von UNStudio in Arbeitsgemeinschaft mit HPP und Groß & Partner in Frankfurt am Main, in dem gerade vier einzigartige Hochhäuser in den Himmel wachsen. Architekt Ben van Berkel stand vor der Herausforderung, ein jahrzehntelang vom städtischen Leben getrenntes Areal wieder mit der City zu verbinden. Der Entwurf der vier Türme setzt nicht nur neue Maßstäbe in zukunftsweisender Architektur, sondern auch in einem neuen, nachhaltigen, urbanen Städtebau-Konzept. Durch das Four Projekt führten der Gruppenleiter der Projektentwicklung bei Groß & Partner Felix Münch und der Projektleiter bei UNStudio Josef Tröster.
Den ersten Preis in der Kategorie „Öffentliche Bauten“ erhielten Birk Heilmeyer und Frenzel Architekten (Stuttgart) für ihr Projekt „Kita im Park – Neubau einer viergruppigen Kindertageseinrichtung“ in Stuttgart. Der feuerrote, zweigeschossige Riegel der Kita im Park fügt sich wie selbstverständlich in den gewachsenen Baumbestand und überrascht im Inneren mit kräftig grünen Böden, Wänden und Treppen. Im Stuttgarter Osten – heterogen bebaut, von Grün durchzogen – haben die Architekten den zweigeschossigen Neubau für die Kita im Park auf einer unterirdischen Bunkeranlage geplant. Damit und aufgrund der besonderen Grundstücksparameter waren Position, Gebäudeabmessung, Konstruktion und Materialität auch schon gesetzt. So logisch, wie simpel! Über die reine Funktionalität hinaus erhebt eine überschaubare Materialpalette – Holz, Putz und Linoleum im Innenbereich, Holz und Metall im Außenbereich – den Entwurf, der durch die Zugabe nur zweier, aber kräftiger Farben seine beinahe prosaische Leichtigkeit erhält. Die unaufgeregte Einfachheit wirkt nicht nur wohltuend auf die bauliche Umgebung, sondern vermittelt großen und kleinen Nutzern sicherlich ein Gefühl von schützender Geborgenheit – alles andere als simpel! Foto: Zooey Braun
Preisträger in der Kategorie „Wohnbauten“ sind bodensteiner fest Architekten Stadtplaner (München), die für ihr Projekt „Casa Rossa“ in Chemnitz ausgezeichnet wurden. Das Sanierungskonzept des Wohngebäudes im aufstreben Chemnitzer Stadtteil Sonnenberg, das 30 Jahre ungenutzt war, besticht durch den feinfühlsamen Umgang mit der Substanz und die gekonnt sensible Intervention an den notwendigen Stellen. Materialien ergänzen sich gleichermaßen kontrastreich und harmonisierend. Das Freilegen der Putzflächen ergibt im Wechselspiel mit den sehr geschickt detaillierten Faschen ein spannendes Wechselspiel der Strukturen. Die Farbgebung ergibt sich aus dem Grundton der Ziegel, die behutsam an Fehlstellen durch Recyclingklinker ergänzt wurden. Im Ensemble des Straßenzuges entsteht ein vielschichtiges Gesamtbild, das durch Strukturen und Farben wechselseitig profitiert. Das Gebäude an der Gießerstraße 41 zeigt seine Herkunft, Geschichte und Transformation mit einer gestalterisch hochwertigen Aussage und Ehrlichkeit. Der Beitrag zu den Themen Farbe, Gestaltung und Oberfläche ist hervorragend erfüllt, zusätzlich besticht das Gesamtkonzept mit einer hohen Nachhaltigkeit durch die gekonnt und gezielt eingesetzten Ergänzungen.
Foto: Steffen Spitzer
Der erste Preis in der Kategorie „Bauten besonderer Nutzung“ ging an die Büros netzwerkarchitekten und Tragraum Partnerschaft Beratender Ingenieure (Darmstadt). Sie erhielten die Murjahn-Medaille für das Projekt „ARGE Brücke am Mozartturm“ in Darmstadt. Die neue Radwegebrücke am westlichen Stadteingang Darmstadts entwickelt in spielerischer Form eine signifikante Formensprache. Aus den verkehrstechnischen Anforderungen, der Notwendigkeit, vorhandene Bäume zu schützen und dem Tragwerkskonzept entsteht ein rotes Band, das sich wie eine Schleife über die Verkehrsmagistrale legt. Außen ist die Stahlkonstruktion zurückhaltend in mattem Grau gehalten, während die Innenseite in leuchtendem Rot zu einem Erlebnisraum für die Radfahrer und Fußgänger wird. Nachts leuchtet der rote Trog von innen und verstärkt die dynamische Wirkung. Die Jury würdigt die Leistung, ein ingenieurtechnisches Verkehrsbauwerk architektonisch zu überhöhen und Farbe in ihrer stadträumlichen Wirkung gezielt einzusetzen. Foto: Jörg Hempel
Das Schulhaus am „Ekkharthof“ (Lengwil) von Lukas Imhof Architektur (Zürich) wurde beim Caparol-Architekturpreis in der Kategorie „Architekturen des Innenraums“ mit dem ersten Preis ausgezeichnet. Dieses Schulhaus ist eines mit anthroposophischem Hintergrund – etwas, das der Betrachter wissen sollte, um es vollends zu verstehen. Besonders beeindruckt war die Jury von den Innenräumen, die sowohl formal als auch in ihrer Farbgebung überzeugten. Darin steckt eine gewisse Tradition, die an die 1960er- und 1970er-Jahre erinnert. Gleichzeitig wirken sie extrem modern in der heutigen Zeit. Diese Sensibilität mit der die Architekten das Thema umgesetzt haben, überzeugte die Jury. Foto: Lucas Peters
Caparol
Roßdörfer Str. 50
D-64372 Ober-Ramstadt