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„Menschen mit einem erhöhten Risiko für schwere Krankheitsverläufe sind besonders zu schützen“ - Weltweit infizieren sich immer mehr Menschen mit dem neuartigen Coronavirus, betroffen sind mehr als 140 Länder (Stand 15.03.2020). Deshalb hat die Weltgesundheitsorganisation WHO inzwischen die Situation zur Pandemie erklärt. Wissenschaftlich gesehen bedeutet der Begriff Pandemie lediglich, dass sich ein neuer Erreger global verbreitet. Dies sagt noch nichts darüber aus, wie schwer die Erkrankung COVID-19 für die Mehrzahl der Infizierten verläuft. Prof. Gérard Krause, Leiter der Abteilung für Epidemiologie am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI), äußerte sich heute zur aktuellen Lage und zu wichtigen Maßnahmen: „In der jetzigen Situation geht es darum, insbesondere Personen mit erhöhtem Risiko für schwere Krankheitsverläufe zu schützen. Dies sind zum Beispiel ältere Personen oder solche mit besonderen Vorerkrankungen.“

Die genaue Definition dieser Personengruppen ist auf den entsprechenden Webseiten des Robert Koch-Instituts (RKI) zu finden.

 

Krause ergänzte: „Gleichzeitig erscheint es zu diesem Zeitpunkt noch sinnvoll, weiterhin auf eine Verlangsamung der Epidemie hinzuwirken. Diese Verlangsamung hat das Ziel, die auftretenden Erkrankungen über einen längeren Zeitraum zu strecken und auf diese Weise die Betroffenen besser versorgen zu können. Dies hilft indirekt auch den Menschen, die ein erhöhtes Risiko für schwere Krankheitsverläufe (sogenannte vulnerable Personen) aufweisen.“

 

Nach Ermessen von Gérard Krause müsse zugleich die Aufmerksamkeit auf den direkten Schutz der Personen mit erhöhtem Risiko für schwere Krankheitsverläufe gerichtet sein. Dazu verweist er auf drei wichtige Maßnahmen:

 

  1. Personen mit erhöhtem Risiko für schwere Krankheitsverläufe sollten Kontakte mit anderen Personen reduzieren, wo immer es möglich ist. Vor einem Besuch von Personen mit erhöhtem Risiko für schwere Krankheitsverläufe sollten auch gesunde Menschen einen Mundschutz aufsetzen und sich mindestens 30 Sekunden lang die Hände desinfizieren oder gründlich mit Wasser und Seife waschen. Zusätzlich gilt es, die Empfehlungen des RKI zu befolgen: https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Kontaktreduzierung.html
    https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Infografik_Einsatzkraefte.html
  2. Personen mit erhöhtem Risiko für schwere Krankheitsverläufe sollten die Hilfestellungen des RKI hierzu vermittelt bekommen und bei der Umsetzung Unterstützung erhalten: https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikogruppen.html
  3. Falls entsprechende Erkrankungszeichen bei Personen mit erhöhtem Risiko für schwere Krankheitsverläufe auftreten, sollten diese sich umgehend telefonisch bei ihrem Hausarzt oder der zuständigen Hotline melden, um das weitere Vorgehen zu besprechen.

Krause betonte: „Diese konkreten Maßnahmen zum direkten Schutz dieser Personengruppe bedürfen jetzt besonderer Beachtung und sollten nicht zugunsten des indirekten Schutzes vernachlässigt werden.“ Dies schließe auch ein, dass für vulnerable Personengruppen bei Bedarf eine unverzügliche diagnostische Abklärung für eine entsprechende medizinische Versorgung gewährleistet bleibe. Zudem sei es wichtig, dass medizinisches Personal die bekannten hygienischen Maßnahmen gut umsetzen könne. Falls es dennoch zu ungeschütztem Kontakt mit COVID-19-Patienten komme, müsse hier eine besonders rasche Abklärung erfolgen. „Insgesamt muss jetzt unsere besondere Aufmerksamkeit den Menschen mit erhöhtem Risiko für schwere Krankheitsverläufe sowie dem medizinischen und pflegenden Personal gelten“, sagte Krause. - Weltgesundheitsorganisation WHO

Risikofaktoren für einen tödlichen COVID-19-Verlauf

DGP – Wissenschaftler analysierten Risikofaktoren für einen tödlichen Verlauf von COVID-19. Nach ihrer Analyse waren diese ein höheres Alter, ein höherer SOFA (Sequential Organ Failure Assessment)-Wert und ein D-Dimer von > 1 μg/ml.

Die WHO erklärte COVID-19 am 11.03.20 zur Pandemie. In der renommierten Fachzeitschrift The Lancet berichteten Wissenschaftler nun über Risikofaktoren für einen tödlichen Verlauf von COVID-19 bei hospitalisierten Patienten.

In ihrer retrospektiven, multizentrischen Kohortenstudie griffen die Wissenschaftler auf die Daten von 191 Patienten aus Wuhan in China zurück, die gemäß Laborbefund an COVID-19 erkrankten und aufgrund dessen stationär behandelt wurden.

Von den 191 verstarben 54 Patienten. 48 % (n= 91) der 191 Patienten litten an Begleiterkrankungen, am häufigsten unter Bluthochdruck (30 %, n =58), gefolgt von Diabetes (19 %, n = 36) und der koronaren Herzkrankheit (8 %, n =15).

Höheres Alter ging mit einem größeren Mortalitätsrisiko einher

Die Analyseergebnisse zeigten, dass das Risiko dafür, zu versterben, bei älteren Patienten (OR = 1,10, 95 % CI 1,03–1,17 pro Anstieg um ein Jahr; p= 0,0043), Patienten mit höherem SOFA (Sequential Organ Failure Assessment)-Wert (OR = 5,65, 95 % CI 2,61–12,23; p < 0,0001) und Patienten mit einem D-Dimer von > 1 μg/ml (OR = 18,42, 95 % CI 2,64–128,55; p = 0,0033) erhöht war. Der SOFA-Wert dient der Beurteilung von Intensivpatienten und klassifiziert das Ausmaß der Organdysfunktion. D-Dimere zeigen unspezifisch an, dass sich Blutgerinnsel im Körper gebildet haben.

Bei schweren COVID-19-Erkrankungen sahen die Wissenschaftler außerdem erhöhte Konzentrationen von IL-6, Troponinin-I und von der Laktatdehydrogenase sowie ein vermehrtes Auftreten der Lymphopenie.

Virusausscheidung: bis zu 37 Tage lang

Bei den 137 Patienten, die die Viruserkrankung überlebten und aus dem Krankenhaus entlassen wurden, stellten die Wissenschaftler eine mediane Virusausscheidung von 20 Tagen fest (Interquartilsabstand IQR: 17 bis 24 Tage). Die längste beobachtete Virusausscheidung betrug 37 Tage. Nicht überlebende Patienten schieden das Virus bis zu ihrem Tod aus.

Die Wissenschaftler resümierten, dass die aus dieser Studie generierten Daten Klinikern helfen, Personen mit einer schlechten Prognose frühzeitig zu erkennen. Außerdem zeigen die Daten, dass die Isolation von infizierten Patienten aufgrund der langwierigen Virusausscheidung gerechtfertigt ist.

Personengruppen, die nach bisherigen Erkenntnissen ein höheres Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf haben:

  • Das Risiko einer schweren Erkrankung steigt ab 50 bis 60 Jahren stetig mit dem Alter an. Insbesondere ältere Menschen können, bedingt durch das weniger gut reagierende Immunsystem, nach einer Infektion schwerer erkranken (Immunseneszenz). Da unspezifische Krankheitssymptome wie Fieber die Antwort des Immunsystems auf eine Infektion sind, können diese im Alter schwächer ausfallen oder fehlen, wodurch Erkrankte dann auch erst später zum Arzt gehen.
  • Auch verschiedene Grunderkrankungen wie z.B. Herzkreislauferkrankungen, Diabetes, Erkrankungen des Atmungssystems, der Leber und der Niere sowie Krebserkrankungen scheinen unabhängig vom Alter das Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf zu erhöhen.
  • Bei älteren Menschen mit vorbestehenden Grunderkrankungen ist das Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf höher als wenn nur ein Faktor (Alter oder Grunderkrankung) vorliegt; wenn mehrere Grunderkrankungen vorliegen (Multimorbidität) dürfte das Risiko höher sein als bei nur einer Grunderkrankung.
  • Für Patienten mit unterdrücktem Immunsystem (z.B. aufgrund einer Erkrankung, die mit einer Immunschwäche einhergeht, oder wegen Einnahme von Medikamenten, die die Immunabwehr unterdrücken, wie z.B. Cortison) besteht ein höheres Risiko.
  • Welche Kombination von Risikofaktoren mit weiteren (Lebens-)Umständen ein besonders hohes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf bei COVID-19 darstellen, ist noch nicht hinreichend bekannt.

Kein erhöhtes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf

  • Schwangere scheinen nach bisherigen Erkenntnissen aus China kein erhöhtes Risiko gegenüber nicht schwangeren Frauen mit gleichem Gesundheitsstatus zu haben.
  • Bei Kindern wurde bislang kein erhöhtes Risiko für einen schweren Erkrankungsverlauf berichtet.

Was sollten Personen mit einem höheren Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf beachten

  • Besonders wichtig ist die größtmögliche Minderung des Risikos einer Infektion, zum Beispiel durch allgemeine Verhaltensregeln (Hände waschen, Abstand halten zu Erkrankten) und weitere Maßnahmen der Kontaktreduktion (ausführlich beschrieben in Referenz 2: COVID-19: Optionen für Maßnahmen zur Kontaktreduzierung in Gebieten, in denen vermehrt Fälle bekannt wurden )
  • Wichtig ist auch eine aktive Information über das Krankheitsbild, die bei der frühzeitigen Selbsterkennung von Symptomen helfen kann.
  • Erkrankte sollten rasch Kontakt aufnehmen zur Hausarztpraxis oder telefonisch zu anderen beratenden Stellen:

    • Beratung hinsichtlich individueller Maßnahmen
    • Beratung hinsichtlich labordiagnostischer Abklärung von COVID-19
  • Wenn in der näheren Umgebung (z.B. im privaten oder beruflichen Umfeld) Fälle von COVID-19 bekannt werden, sollte dies ebenfalls entsprechend mitgeteilt werden, um gezielte diagnostische Maßnahmen zu beschleunigen.

Hinweise zur Prävention und zum Management von Erkrankungen in Alten- und Altenpflegeheimen

Generell sollten die gleichen Prinzipien wie bei der Prävention bzw. beim Ausbruchsmanagement anderer Atemwegserkrankungen in Alten- oder Altenpflegeheimen zur Anwendung kommen (Epidemiologisches Bulletin 39/2013 ) und Checkliste für Gesundheitsämter (GÄ) und/oder Pflegeeinrichtungen (RKI, September 2013 )

  • Beim Auftreten von Atemwegserkrankungen oder fieberhaften Erkrankungen sollte eine Abklärung auf SARS-CoV-2 erwogen werden
  • Hinweise für Besucher (z.B. Aushang) anbringen, dass sie das Altenheim nicht aufsuchen sollen, wenn sie eine akute Atemwegserkrankung haben
  • Mitarbeiter mit akuten Atemwegserkrankungen sollten zu Hause bleiben
  • Bei neu aufgenommenen Bewohnern sollte der Gesundheitsstatus erhoben werden, Personen mit Atemwegserkrankungen oder fieberhaften Erkrankungen sind möglichst zu isolieren (s. unten)
  • Erkrankte Bewohner mit Atemwegserkrankungen oder fieberhaften Erkrankungen sollten nach Möglichkeit isoliert werden. Wenn sie ihren Wohnbereich verlassen müssen, sollten sie einen Mund-Nasenschutz aufsetzen (sofern tolerierbar).
  • Generelle Informationen für Mitarbeiter, Bewohner und deren Besucher, welche Anstrengungen unternommen werden, um die Bewohner zu schützen
  • Hände-Desinfektionsmittel und Einmaltaschentücher sollten in allen Bereichen, auch den Wohnbereichen der Bewohner, bereit gestellt werden
  • In der Pflege von Erkrankten mit Fieber oder Atemwegserkrankungen sollte den Empfehlungen entsprechende Schutzausrüstung verwendet werden
  • Schutzausrüstung und Hinweise zu deren Benutzung sollten unmittelbar vor den Wohnbereichen platziert werden
  • Mülleimer zur Entsorgung von Einmalartikeln sollten im Innenbereich vor der Tür aufgestellt werden
  • Bei Übernahme durch bzw. Transfer in eine andere Einrichtung sollte eine Vorab-Information bezüglich Atemwegserkrankung bzw. auf COVID-19 verdächtige Erkrankung erfolgen

Stand: 06.03.2020

Robert Koch-Institut
Nordufer 20
13353 Berlin#


Ibuprofen bei COVID-19?

 

DGP – Die WHO (Weltgesundheitsorganisation) rät seit dem 17. März bei Verdacht auf Covid-19 von Ibuprofen ab. Es solle auf Paracetamol zurückgegriffen werden. Eine Studie zeigt, warum das so sein könnte. Weitere Studien zum Thema sind allerdings notwendig, um die Ergebnisse der Studie zu belegen.

ACE-Hemmer werden zur Behandlung von Bluthochdruck und Herzerkrankungen eingesetzt. Wissenschaftler aus der Schweiz und Griechenland untersuchten jetzt, ob ACE-Hemmer und andere Medikamente eine Erkrankung an COVID-19 verschlechtern könnten.

Viele Patienten mit COVID-19 haben Begleiterkrankungen

Viele Patienten, die schwer an COVID-19 erkranken, leiden an Begleiterkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes oder Herzerkrankungen. Diabetes und Bluthochdruck werden mit ACE-Hemmern und Angiotensin II Typ 1 Rezeptorblockern (Sartane) oder Glitazonen behandelt. Die Behandlung führt zu einem Anstieg von ACE2. Aber auch das Schmerz- und Fiebermittel Ibuprofen erhöht ACE2.

Coronaviren benötigen ACE2, um Zellen zu infizieren

Die Coronaviren die SARS oder COVID-19 verursachen (SARS-CoV und SARS-CoV-2) binden an ihre Zielzelle mithilfe von ACE2 (Angiotensin Converting Enzyme 2). Dieser Rezeptor ermöglicht das Eindringen der Viren in die Zielzelle. Er sitzt in der Lunge, im Darm, in der Niere und in Blutgefäßen.

Ein Anstieg von ACE2 könnte daher die Infektion der Zielzellen für das Virus vereinfachen. Medikamente, die den Anstieg von ACE2 fördern, könnten daher die Erkrankung verschlimmern.

Die Wissenschaftler stellen allerdings dar, dass ACE2 auch Entzündungen reduziert und daher positiv bei entzündlichen Erkrankungen wirkt. Sie vermuten auch, dass einige Personen mit bestimmten ACE2-Genvarianten anfälliger sein könnten für COVID-19.

Ibuprofen und andere Medikamente erhöhen ACE2

Die WHO (Weltgesundheitsorganisation) rät seit dem 17. März bei Verdacht auf Covid-19 von Ibuprofen ab. Es solle auf Paracetamol zurückgegriffen werden. Weitere Studien zum Thema sind allerdings notwendig, um die Ergebnisse der Studie zu belegen. Medikamente wie Sartane oder ACE-Hemmer sollten auf keinen Fall ohne ärztliche Beratung abgesetzt werden.

 

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