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Kleine oder grosse Güterstandsschaukel zum Vermögensschutz (Asset Protection) *- betreffend den Ex-Manager eines DAX-Konzerns vermutet ein Staatsanwalt infolge der Benutzung einer Güterstandsschaukel eine Steuerhinterziehung. Der Rechtsbeistand des Betroffenen zieht eine Strafanzeige wegen mutmaßlicher Verletzung von Amts- und Dienstgeheimnissen in Betracht. Beide Erwägungen treffen den Problemkern nicht. Denn wenn der Ex-Manager für Mio.- oder Mrd.-Schäden verantwortlich wäre, drohen Regress und spätere Insolvenz, sowie ein Bankrott-Vorwurf, §§ 283 ff. StGB. Damit könnte sich beabsichtigter Vermögensschutz ins Gegenteil verwandeln.

 

Seit 05.04.2017 ist die Absichtsanfechtung in der Schweiz länger möglich als im Inland

Wer Teile seines Vermögens absichtlich beiseite schaffte, dem – sowie dem Empfänger des Vermögensvorteils – drohte die sogenannte paulianische Anfechtung durch Insolvenzverwalter und Gläubiger. In der Schweiz ist dies mit einer Frist von fünf Jahren möglich (Art. 288 SchKG); in Deutschland waren es 10 Jahre – bis die Frist seit 0504.2017 auf vier Jahre verkürzt wurde (§ 133 InsO).

Übernimmt der eigene Steuerberater als quasi-geschäftsführender Treuhänder den Vermögenstransfer ins Ausland – etwa die Schweiz, wird er für diese Tätigkeiten regelmäßig weder eine behördliche Erlaubnis noch eine Haftpflichtdeckung vorweisen können.

 

Güterstandsschaukel als Indiz für strafrechtlichen Bankrottvorwurf ?

Bei der kleinen Güterstandsschaukel wechseln die Ehegatten vom gesetzlichen Güterstand (Zugewinngemeinschaft) zur Gütertrennung; der Zugewinn wird abgefunden – er bleibt als gesetzlicher Rechtsanspruch steuerfrei (BFH, BStBl. II 2005, 843). Freilich kann es sich um ein Scheingeschäft oder eine gemischte anfechtbare Schenkung handeln, wenn ein x-beliebiger Betrag als Abfindung bezahlt wird, ohne gerichtsfeste Berechnung etwa durch Wertgutachten und Dokumentation. Umgekehrt könnten aber auch frühere Schenkungen rückwirkend durch Einbeziehung in die Abfindung des Zugewinns noch legal steuerfrei gestellt werden, § 29 I Nr.3 ErbStG.

 

Eine Hinterziehung von Schenkungsteuer nebst vier Jahre lang anfechtbarer Schenkung wäre also zu vermeiden. Häufig wird übersehen, daß erst mit dem Tode des Schenkers eine steuerliche Verjährungsfrist von bis zu sieben Jahren beginnt – aber der Fiskus im Todesfall auch alle Vermögensübertragungen der letzten bis zu 30 Jahre aufgreifen kann, § 170 V Nr.2 AO. Doppelte Besteuerung – erst bei Schenkung und später im Todesfall – läßt sich durch Aufbewahrung der steuerlichen Unterlagen im Zusammenhang mit der Schenkungsteuer vermeiden. Im Falle einer Hinterziehung beträgt die Festsetzungsfrist 10 Jahre, § 169 II 2 AO.

 

Bei der großen Güterstandsschaukel kehren die Ehegatten nach mehr oder weniger kurzer Zeit zum gesetzlichen Güterstand zurück – etwa um weiteren Zugewinn später ebenfalls abfinden zu können. Bei dieser „extrem seltenen Gestaltung“ (BGH, Urteil vom 01.07.2010, Az. IX ZR 58/09) eines entgeltlichen Vertrages unter Angehörigen wird der Benachteiligungsvorsatz gegenüber den Gläubigern gesetzlich vermutet, § 3 II AnfG, § 133 II InsO i.V.m. § 138 I InsO. Es ist mehr als Pech, wenn die einschlägige zweijährige deutsche Anfechtungsfrist in diesem Fall durch eine mehr als doppelt so lange im Ausland ersetzt worden war. Damit besteht die gute Aussicht auf zwei Insolvenzverfahren – eines im Inland, sowie einen Hilfskonkurs im Ausland. Wenn man das internationale Insolvenz- und Konkursrecht (IPR) betrachtet, können zwischenstaatliche Abkommen – auch solche aus dem 19. Jahrhundert – insbesondere zwischen Kantonen der Schweiz und „Bundesländern“ in Deutschland zur damaligen Zeit, fast alle Bemühungen um eine Asset-Protection von Anfang an zunichte machen. Auch wenn es oft Jahre dauern mag – am Ende überweist die Schweizer Bank das Vermögen an den deutschen Insolvenzverwalter; beispielsweise für eine Nachtragsverteilung an die Gläubiger. Planung ersetzt auch hier den Zufall durch den (Rechts-)Irrtum.

 

Güterrecht - welches Güterrecht ?

Ehegatten reiben sich oft hinterher die Augen, wenn sie außerhalb Deutschlands geheiratet hatten – beispielsweise in Singapur. Sind beide Moslems, wäre das islamische Eherecht über zuständige Schariagerichte – auch durch ein deutsches Gericht - anzuwenden – eine Güterstandsschaukel scheidet damit aus. Alternativ könnte hinduistisches Gewohnheitsrecht oder traditionelles chinesisches Recht anwendbar sein. Oder das ungeschriebene common-law wäre anzuwenden, mit der Frage nach einem dauerhaften Wohnsitz. Die Rechtswirkung kann faktisch einer Gütertrennung gleich kommen, oder ganz im Gegenteil eine Art von Gütergemeinschaft bei Heirat an Orten, wo Spanisch die Landessprache ist. Dann, bei einer Errungenschaftsgemeinschaft, die übrigens notariell nach der Heirat nicht mehr abänderbar ist, gehört dem Ehegatten im Bilde gesprochen sowieso vom Zuerwerb jedes zweite Atom. Auch dies ist dann kein Fall für eine Güterstandsschaukel. Wenn Nachlaßgericht und Fiskus über zweite Staatsbürgerschaft, Auslandsheirat oder Auslandswohnsitze nichts erfahren oder kaum abfragen, entgehen ihnen Einnahmen – dieses Feld wird häufiger von Bank(st)ern als Hinterziehungsberater dominiert.

 

Anfechtbare Vermögensrettung durch Güterstandsschaukel?

Sofern der Benachteiligungsvorsatz betreffend aktuelle Gläubiger dem anderen Teil – also dem Ehegatten - bekannt war, ist die Beendigung der Zugewinngemeinschaft und deren Erfüllung anfechtbar, § 3 I AnfG, § 133 I InsO. Neulich meinte ein Steuerberater, nun wo der notarielle Vertrag geschlossen sei, könne man ja in aller Ruhe überlegen, wann welche Vermögenswerte übertragen werden – ein Irrtum, denn auf die rechtlich hinreichend gesicherte Verfügung, also bestenfalls den Eigentumswechsel kommt es an.

Nur durch künftige Gläubiger ist der Ehevertrag nicht anfechtbar, denn auf Beibehaltung des Güterstandes besteht kein Anspruch (BGH, Urteil vom 20.10.1971, Az. VIII ZR 212/69).

 

Modifizierte Zugewinngemeinschaft als Gestaltungshindernis

Häufiger hört man aus dem „Wealth-Management“ des „Private-Banking“ zur „Asset-Protection“ den Rat, einen Zugewinnausgleich zu Lebzeiten auszuschließen. Dann indes kann der Zugewinn nur nach dem Todesfall eines Ehegatten anfallen – die Güterstandsschaukel kommt gar nicht mehr in Frage. Gut gemeinte Ratschläge erweisen sich so als Bumerang. Gleich liegt der Fall, wo der Selbständige im meist irrigen Glauben an die Mithaftung des Ehepartners eine Gütertrennung vereinbart, inclusive dann dem Ausschluß jedweden Zugewinns für alle Zeit. Ein Eigentor, wenn es um die Güterstandsschaukel geht, denn eine Mithaftung von Ehegatten kommt allenfalls in Frage, wo es insbesondere um Ersatzanschaffungen für Haushaltsgeräte geht, §§ 1357, 1364 BGB.

 

Vorauspfändung des künftigen Zugewinns verhindert Güterstandsschaukel

Nach dem Wortlaut des § 852 II ZPO, sind Ansprüche auf Zugewinnausgleich erst pfändbar, wenn sie entweder vertraglich anerkannt oder durch Klageerhebung rechtshängig geworden sind, § 261 I ZPO.

Allerdings verhindert § 852 ZPO nicht die eigentliche Pfändung nach §§ 829, 835 ZPO in der Zwangsvollstreckung, sondern schiebt lediglich die „Überweisung zur Einziehung“ bzw. Verwertung hinaus (BGH, Urteil vom 08.07.1993, Az. IX ZR 16/92, BGH vom 06.05.1997, Az. IX ZR 147/96), wie es in § 852 I ZPO auch beim Pflichtteilsanspruch vorgesehen ist (BGH, Urteil vom 26.02.2009, Az. VII ZB 30/08). Somit ist die Pfändung bereits vor der Geltendmachung durch den Gläubiger (anderer Ehegatte als Inhaber des Anspruchs auf Zugewinn) möglich. Nach der Pfändung ist der Zugewinn rechtlich blockiert – und für die Güterstandsschaukel bleibt kein Raum mehr übrig.

 

Das spätere Unterlassen der Geltendmachung von Ansprüchen i.S.v. § 852 ZPO ist (entgegen dem Wortlaut des § 129 II InsO) weder anfechtbar noch führt dies zu einer Schadensersatzpflicht des Gläubigers (BGH, Urteil vom 06.05.1997, Az. IX ZR 147/96).

Fällt der Ex-DAX-Manager später der Sozialhilfe anheim, darf jedoch der Sozialhilfeträger (auch gegen den Willen des Berechtigten, also des Inhabers eines Zugewinnanspruchs) den Zugewinnanspruch – bei Unterhaltsbedürftigkeit - auf sich überleiten und geltend machen.

 

Steuerhaftung nach unentgeltlicher Vermögensübertragung auf Ehegatten

Bestehen bei einem verarmten Ehegatten noch Steuerschulden, so hilft die steuerliche Aufteilung (auf Antrag, durch das Finanzamt) unter den Ehegatten nicht weiter, denn der Fiskus holt es sich vom anderen Ehegatten, § 278 AO.

Vermögenssicherung vor dem Hintergrund unbezahlter Steuern wird kaum zum Erfolg führen, soweit die Vollstreckungsstelle die Rechtsprechung des BFH kennt, und das internationale Recht. Letzteres scheint fraglich, soweit die Steuerhaftung der Gesellschafter ausländischer Kapitalgesellschaften (für Gewinne im „Tarnkonstrukt“) seit den „Panama Papers“ gar nicht erst gesehen wurde.

 

Nun könnte man auf die Idee kommen, den Zugewinn „im Voraus“ abzutreten – was natürlich anfechtbar wäre. Zudem entsteht der Zugewinn rechtlich erst mit Beendigung des Güterstandes – was die Nichtigkeit der Vorauszession sowieso zur Folge hat (BGH, Urteil vom 08.05.2008, Az. IX ZR 160/06).

 

Familienheim-Schaukel als Alternative?

Die sogenannten Familienheimschaukel kommt häufig als Alternative in Frage: Bei dieser überträgt der vermögendere Ehegatte eine (in der EU – nicht in der Schweiz, von den Ehegatten gemeinsam selbstbewohnte, mit überwiegender Wohnnutzung) Immobilie steuerfrei (unabhängig vom Güterstand, beliebig oft, ohne Wertgrenze), § 13 I Nr.4a ErbStG. Bei nur kürzerer Wohnsitzdauer käme jedoch ein Gestaltungsmißbrauch in Frage. Jahre später könnte ein Rückverkauf – ebenfalls steuerfrei unter Ehegatten – erfolgen; abermals mit der Notwendigkeit die Anfechtungsmöglichkeiten für alte und neue Gläubiger zu berücksichtigen.

 

Wie werden Ex-Manager durch Güterstandsschaukel zum Steuerhinterzieher?

Angenommen eine Vermögensmehrung gibt es nur in der Person des Ex-Managers, nicht bei seinem Ehepartner, im Umfang von 100 Mio. € - so könnte man meinen, 50 Mio. € dem Ehegatten durch Güterstandsschaukel abzufinden sei legal und steuerfrei. Hier wird erkennbar, daß die Güterstandsschaukel allenfalls „die Hälfte“ retten könnte – für den Rest gilt es andere Wege zu finden; welche häufig in anderen Rechtsordnungen liegen und von Bank(st)er nicht beherrscht werden – denn die angeblichen Spezialisten erweisen sich in der Praxis als halbwissend.

 

Haftet der Ex-Manager für mehr als 100 Mio. €, so beträgt der Zugewinn „null“. Damit wird jede Zugewinnabfindung zur für Gläubiger anfechtbaren Schenkung. Der Steuerberater bräuchte seinen Verstand auch nur mäßig anstrengen, um die Folge einer Schenkungsteuerpflicht zu erkennen – damit der Verdacht einer Hinterziehung vermieden wird. Nur wenn der Ex-Manager ebenfalls tatgeneigt ist, haftet ihm sein Steuerhinterziehungsberater potentiell nicht mehr – etwa für Bußgelder und Strafverteidigerkosten; zudem auch für Schenkungsteuer, wenn es eine günstigere Gestaltung gegeben hätte.

 

Vermögensübertragung zur Abfindung von Pflichtteilen oder gegen Leibrente?

Der Einkauf einer (wertgleichen, ggf. aufgeschobenen) Leibrente wäre ebenfalls kein gangbarer Weg, wenn der Ex-Manager bereits von seiner Haftung (vielleicht erst aus der Zeitung) erfahren hatte. Denn damit wird das Aktivvermögen des Ex-Managers mittelbar vermindert, weil dadurch der Zugriff für Gläubiger auf das Vermögen des Schuldners verzögert, erschwert oder vereitelt wird (BGH, Urteil vom 22.12.2005, Az. IX ZR 190/02).

Auch eine Pflichteilsabfindung scheidet aus, denn bei gegebener Überschuldung gibt es rechnerisch keinen Pflichteil – sondern allenfalls später eine zu erwartende Erbausschlagung.

 

Wie lange sitzen überschuldete Ex-Manager auf dem elektrischen Stuhl?

Noch wirksamer als die Anfechtung durch Gläubiger und Insolvenzverwalter kann die Haftung aus unerlaubter Handlung in Verbindung mit dem Strafrecht sein, § 823 II BGB. Immerhin tritt absolute Verjährung erst nach 10 Jahre ein. Neulich gestand ein Ex-Manager öffentlich, er sei vermögenslos und habe legale „Asset-Protection“ betrieben – das Eingeständnis seines Vorsatzes; „nun ermittelt der Staatsanwalt und der Insolvenzverwalter klagt“ kommentierte dies dann ein Journalist.

 

Der Ex-Manager sitzt bis zur Eröffnung seiner Insolvenz gleichsam auf glühenden Kohlen, denn erst dann ist die Bankrott-Straftat beendet, und die strafrechtliche Verjährung von fünf Jahren beginnt. Ab Eröffnung des strafrechtlichen Hauptverfahrens ruht die Verjährung in schweren Fällen für weitere fünf Jahre, § 78 b IV StGB. Unterbrochen wird die Verjährung auch etwa durch Bekanntgabe der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens, Durchsuchungsbeschluß, oder Erhebung der Anklage (BGH, Urteil vom 10.11.2016, Az. 4 StR 86/16). Vielleicht überlegt der Ex-Manager später, ob er nach Umzug auf den Balkan mehr richterliches Wohlwollen erreicht hätte?

 

*von Dr. Johannes Fiala, PhD, MBA Finanzdienstleistungen (Univ.), MM (Univ), Geprüfter Finanz- und Anlageberater (A.F.A.), Bankkaufmann (www.fiala.de)

und

Dipl.-Math. Peter A. Schramm, Sachverständiger für Versicherungsmathematik (Diethardt), Aktuar DAV, öffentlich bestellt und vereidigt von der IHK Frankfurt am Main für Versicherungsmathematik in der privaten Krankenversicherung (www.pkv-gutachter.de).

PM Dr. Johannes Fiala / Dipl.-Math. Peter A. Schramm

München im August 2018