Talfahrt gestoppt, Unsicherheiten bleiben weiterhin hoch. Das Konjunkturbild im IHK-Bezirk Siegen zum Jahreswechsel - „Erstmals seit zwei Jahren verbessert sich das Konjunkturklima der regionalen Wirtschaft wieder. Das ist erfreulich. Dennoch ist Entwarnung nicht angesagt. Auch das Jahr 2020 wird für die Wirtschaft herausfordernd. Die außenwirtschaftlichen Belastungen bleiben für unsere exportorientierten Unternehmen weiterhin hoch.“ Mit diesen Worten kommentiert IHK-Präsident Felix G. Hensel die Ergebnisse der aktuellen Konjunkturumfrage, an der sich Anfang des Jahres 547 Unternehmen mit mehr als 42.000 Beschäftigten aus Industrie, Bauwirtschaft, Handel und Dienstleistungen in den Kreisen Siegen-Wittgenstein und Olpe beteiligten. - Der IHK-Konjunkturklimaindex – er ergibt sich aus der Beurteilung der Geschäftslage und der Geschäftserwartungen – steigt um 7 Punkte auf einen Wert von 106. Er erreicht somit genau den langfristigen Mittelwert der letzten 20 Jahre. Der Anstieg ist vorrangig durch die besseren Geschäftserwartungen der Unternehmen zu begründen. 19 % der befragten Unternehmen erwarten in den kommenden Monaten bessere Geschäfte, eine Steigerung um sechs Prozentpunkte. 25 % gehen von schlechteren Geschäften aus, vier Prozentpunkte weniger als bei der Herbstumfrage.
Die Lagebeurteilung hat sich ebenfalls leicht verbessert: Mehr als ein Drittel der hiesigen Unternehmen bewertet ihre Geschäftslage als gut, etwa die Hälfte als befriedigend. Der Anteil negativer Lagemeldungen stagniert bei 16 %. Felix G. Hensel: „Ob der Boden erreicht ist, können wir nicht seriös voraussagen. Die globalen Krisenherde werden nicht weniger. Immer noch sind die pessimistischen Zukunftsaussichten leicht in der Überzahl. Die positivere Einschätzung der Auftragseingänge nährt die Hoffnung auf bessere Geschäfte.“ Erstmals seit zwei Jahren haben sich die Auftragseingänge in der gesamten Wirtschaft des IHK-Bezirkes wieder positiver entwickelt. 69 % geben steigende und gleich bleibende Auftragseingänge an, 31 % fallende. Im Herbst lag das Verhältnis noch bei 59 % zu 41 %.
IHK-Hauptgeschäftsführer Klaus Gräbener: „Wir sind optimistisch, aber immer noch vorsichtig. Die Konjunkturrisiken bleiben weiterhin beachtlich. Trumps Politik mit fast 1.300 Handelsbarrieren rund um den Globus zeigt Wirkung. Dies trifft die heimische Wirtschaft aus zwei Gründen besonders hart. Zunächst wird jeder zweite Euro im Ausland verdient. Zudem stellen unsere Unternehmen vor allem Investitions-, nicht aber Konsumgüter her“. Hinzu kämen neue Risiken, die bei Abschluss der IHK-Umfrage Mitte Januar noch gar nicht bekannt gewesen seien. „Dass das Corona-Virus das Zeug hat, die weltweiten Produktionsströme und Lieferketten kräftig durchzuschütteln, bestätigen mittlerweile immer mehr Fachleute. Je stärker die wirtschaftliche Verflechtung, desto größer die damit verbundenen Risiken. Wir schätzen, dass heimische Firmen allein 2018 Waren im Wert über 550 Mio. € nach China exportierten, das Importvolumen dürfte bei rund 1 Mrd. € gelegen haben. Man kann sich bei solchen Werten an drei Fingern ausrechnen, welches Verletzungspotenzial dieses Virus für die heimische Wirtschaft besitzt“, betont Klaus Gräbener.
Nach zwei Jahren des Rückganges steigen in der heimischen Industrie wieder die Umfrageergebnissen zur aktuellen Geschäftslage und zu den Geschäftserwartungen.
32 % der Industrieunternehmen geben eine gute Geschäftslage an, eine Steigerung um 5 Prozentpunkte gegenüber der Herbstumfrage. Etwa ein Fünftel bewertet ihre Geschäftslage weiterhin als schlecht. Noch etwas positiver ist die Entwicklung der Geschäftserwartung. 22 % rechnen in den kommenden Monaten mit besseren Geschäften, eine Steigerung um 9 Prozentpunkte. Nahezu die Hälfte der Betriebe gehen von gleich bleibenden Geschäften aus (-6 Prozentpunkte) und 29 % befürchten schlechtere Geschäfte (-3 Prozentpunkte). Klaus Gräbener: „Auch wenn sich die Stimmung zum Jahreswechsel aufgehellt hat, bleibt für die Industrie die Situation weiterhin angespannt. Die Auftragseingänge entwickelten sich in den letzten Monaten zwar positiver, die pessimistischen Meldungen haben aber bei unseren Industrieunternehmen weiterhin die Oberhand. Die in weiten Teilen der Industrie seit Monaten sinkenden Auftragseingänge machen sich nun langsam bei der Auslastung bemerkbar, diese ist dennoch weiterhin auf einem guten Niveau.“ 75 % der Unternehmen geben einen Auslastungsgrad von über 70 % an. Vor einem Jahr waren es noch 9 von 10 Unternehmen. Die Spitzenauslastung von über 85 % sank ebenfalls. Gaben vor einem Jahr noch über die Hälfte der Industrieunternehmen die Spitzenauslastung an, sind es nunmehr „nur“ noch 35 %. Jeweils 74 % der Industrieunternehmen rechnen mit steigenden bzw. gleich hohen Investitionen und Beschäftigtenzahlen, das sei noch ein zufriedenstellendes Niveau, betonte Felix G. Hensel.
Die Lage im Baugewerbe ist weiterhin sehr gut. Die Lagebeurteilung steigt um sechs Prozentpunkte. 71 % der befragten Baubetriebe geben eine gute Lage an, kein Unternehmen eine schlechte. 82 % der Bauunternehmen sind zu über 70 % ausgelastet. Stephan Häger, Leiter des IHK-Referats Konjunktur, Arbeitsmarkt und Statistik: „Der Boom am Bau setzt sich weiter fort. 9 von 10 Unternehmen melden uns steigende bzw. gleichbleibend hohe Auftragseingänge. Eine weitere Steigerung um fast 17 Prozentpunkte gegenüber der Herbstumfrage.“ Problematisch ist jedoch der akute Fachkräftemangel. Für 79 % der Bauunternehmen ist dies das größte Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung ihres Unternehmens.
Dank des guten Konsumklimas ist die Lagebeurteilung im Einzelhandel weiterhin auf einem hohen guten Niveau. 94 % der Einzelhändler beurteilen ihre Lage als gut oder befriedigend, nur 6 % als schlecht. 46 % der Einzelhändler konnten ihre Umsätze erhöhen. Eine Steigerung um 7 Prozentpunkte gegenüber der Herbstumfrage. Stephan Häger: „Nach vorläufigen Berechnungen stieg der Umsatz 2019 um fast 3 % gegenüber dem Vorjahr, das ist der stärkste Anstieg seit 2015. Wachstumstreiber bleibt der Onlinehandel. Die zuletzt verhaltenen Konjunkturdaten und die starke Konkurrenz aus dem Internet drückten allerdings zum Jahreswechsel die Stimmung.“
Trotz der sinkenden Lageeinschätzung verbessert sich die Stimmung der Großhändler gegenüber der Herbstumfrage leicht. Verantwortlich für die bessere Stimmung sind die positiveren Geschäftserwartungen. 17 % erwarten in den kommenden Monaten bessere Geschäfte, eine Steigerung um 4 Prozentpunkte. 25 % befürchten schlechtere Geschäfte, 8 Prozentpunkte weniger als im Herbst.
In der Dienstleistungsbranche ist die Lagebeurteilung weiterhin gut. 43 % berichten von einer guten Geschäftslage, 44 % von einer befriedigenden und 13 % von einer schlechten. Auch im Gastgewerbe fällt die Lagebeurteilung positiv aus. Nahezu jedes zweite Unternehmen gibt eine gute Geschäftslage an, nur 5 % eine schlechte.
Der Arbeitsmarkt präsentierte sich 2019 äußerst robust. Etwa 179.000 Menschen waren im IHK-Bezirk sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Zugleich lag die Arbeitslosenquote im Jahresdurchschnitt bei 4,1 %. In den Industriebetrieben mit 50 und mehr Mitarbeitern waren im November mehr als 56.000 Menschen beschäftigt. Dass sind 0,6 % mehr als vor einem Jahr. Felix G. Hensel: „Auch wenn zuletzt die Anzeigen zu Kurzarbeit gestiegen sind und die Zahl der offenen Stellen zurückgegangen ist, blicken wir auf ein insgesamt erfolgreiches Jahr am Arbeitsmarkt zurück. Noch nie gingen in unserer Region mehr Menschen einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach wie im Jahresdurchschnitt 2019. In der Industrie waren so viele Menschen angestellt, wie zuletzt Anfang der 1990er Jahre.“
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