Die Handwerkskammer Berlin und die IHK Berlin lehnen die geplante Änderung der Berliner Bauordnung ab. Vor allem die einseitige Fristverlängerung für Behörden sei das falsche Signal, so die beiden Kammern. Es komme jetzt darauf an, eine der wenigen Branchen, die trotz Corona-Krise zumindest keine dramatischen Geschäftseinbrüche zu verzeichnen habe, zu stärken. Das Berliner Abgeordnetenhaus hatte am vergangenen Donnerstag in erster Lesung über die Änderung der Bauordnung beraten. Die geplanten Änderungen der Berliner Bauordnung betreffen Fristverlängerungen, die verdoppelt werden sollen:
- Durch die Änderung der Bauordnung wird die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung ermächtigt, Rechtsverordnungen zu erlassen, die der Verlängerung von Bearbeitungsfristen und Fristen für den Eintritt von Genehmigungsfiktionen dienen, wenn bei Behörden Arbeitsbeschränkungen aufgrund von Pandemien oder Epidemien auftreten.
- Nach aktuellem Kenntnisstand sieht die geplante Rechtsverordnung u.a. eine Verdopplung der Fristen für den Baubeginn bei Genehmigungsfreistellungsverfahren, eine Verdopplung der Frist für die Prüfung der Vollständigkeit des Bauantrags und eine Verdopplung der Frist für Äußerungen und Stellungnahmen im Rahmen der Behördenbeteiligung vor.
Die Handwerkskammer Berlin und die IHK Berlin halten diese Änderungen nicht für geeignet, die Geschäftstätigkeit der Baubetriebe zu erhalten bzw. die Baukonjunktur in Berlin anzukurbeln. In der jüngsten Konjunkturumfrage der IHK befürchtet auch das Baugewerbe Umsatzeinbrüche als Folge der Corona-Pandemie. Beurteilten in der Vergangenheit fast 70 Prozent der Betriebe die Geschäftslage als gut, sind es aktuell noch 45 Prozent. 19 Prozent der Unternehmen beurteilen die Lage sogar als schlecht, vor Corona lag dieser Wert bei null.
Auch in den handwerklichen Bau- und Ausbaubetrieben gehen seit der Corona-Krise die Unternehmen von einer merklichen Verschlechterung ihrer wirtschaftlichen Situation aus. Im Bauhauptgewerbe bezeichneten 13 Prozent der Betriebe ihre Geschäftslage als schlecht, im Ausbaugewerbe sogar 21 Prozent. Vor der Corona-Krise im Herbst 2019 hatten diese Werte bei drei bzw. fünf Prozent gelegen.
Jürgen Wittke, Hauptgeschäftsführer Handwerkskammer Berlin:
„Statt Fristen zu verlängern, ist es aus Sicht des Berliner Handwerks in der aktuellen Situation zielführender, Genehmigungsverfahren zu straffen und zu entschlacken. Es kommt jetzt darauf an, den Gesundheitsschutz der Verwaltungsbeschäftigten zu gewährleisten bei gleichzeitiger Sicherung der Leistungsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung. Nur so wird es uns gemeinsam gelingen, die negativen Auswirkungen der Krise für die Wirtschaft Berlins nicht noch zu verstärken.“
Jan Eder, Hauptgeschäftsführer der IHK Berlin:
„Die geplante Änderung ist ein Offenbarungseid der Politik, der die unzureichende IT-Ausstattung der Ämter deutlich macht. Gerade in Krisenzeiten ist es doch Aufgabe der Verwaltung als verlässlicher Partner der Bürger und Unternehmer zu agieren. Bei allem Verständnis für das oft große Bemühen der Beschäftigten im Öffentlichen Dienst ist es aus Sicht der Wirtschaft nur schwer nachzuvollziehen, warum jetzt einseitig für die Verwaltung die Leistungsanforderungen gesenkt werden – zu Lasten einer der wenigen noch funktionierenden Branchen in Berlin. Schließlich gehört das Erteilen von Genehmigungen zu den systemrelevanten Aufgaben, die der Staat zügig erbringen muss. Mit Blick auf die aktuelle aber auch auf künftige Krisen ist der geplante Erlass eindeutig das falsche Signal und sollte noch einmal überdacht werden.“
IHK Berlin
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