Welche Folgen hätten Fahrverbote bzw. Blaue Plaketten in Städten für die Handwerksbetriebe? Auf Anfrage der Rheinischen Post warnt ZDH-Präsident Hans Peter Wollseifer vor den Folgen drohender Diesel-Fahrverbote. - " Bei abrupten Diesel-Fahrverboten würde es zu großen Verwerfungen kommen. Wenn die Betriebe von heute auf morgen nicht mehr in die Innenstädte kommen, dann ist das für viele Betriebe existenzbedrohend, weil die Fuhrparks von Handwerksbetrieben zu 80 bis 90 Prozent aus Dieselfahrzeugen bestehen. Fahrverbote kommen einer kalten Enteignung von Handwerksbetrieben gleich. Das Produktversprechen, auf das alle Käufer und also auch unsere Handwerker vertrauen, ist doch, dass die teils erst vor kurzem gekauften Dieselfahrzeuge zumindest für eine normale Lebensdauer nutzbar sind.
Es ist enttäuschend, dass auch zum Jahresanfang 2018 fast keine Fahrzeuge der neuesten Norm Euro 6d mit sehr niedrigen NO2-Werten von den Autoherstellern angeboten werden, die für das Handwerk geeignet wären. Bei der Elektromobilität kommen solche Angebote erst langsam auf den Markt. Hier müssen die Autohersteller schneller geeignete Fahrzeuge mit modernsten Diesel- oder alternativen Antrieben zur Verfügung stellen. Die wenigen bisher geeigneten Fahrzeuge sind zudem häufig noch sehr viel teurer als Dieseltransporter.
Welche Bedingungen stellt das Handwerk für den Fall, dass Fahrverbote kommen?
Wir lehnen Fahrverbote weiterhin entschieden ab. Das Handwerk erwartet immer noch, dass sich für den Großteil der Städte Fahrverbote verhindern und sich die Grenzwerte bis spätestens 2020 einhalten lassen, wenn konsequent alternative Luftreinhaltemaßnahmen und technische Innovationen unter Beteiligung der Handwerksbetriebe umgesetzt werden. Das bedarf Anstrengungen von allen Beteiligten!
Sollten Fahrverbote jedoch durch Gerichte in einzelnen Städten angeordnet werden, dann müssen umfassende Ausnahmeregelungen für die dringend notwendigen Dienste des Handwerks für Verbraucher und Städte geschaffen werden. Die bisher vorliegenden Urteile von Verwaltungsgerichten ermöglichen es im Übrigen, so vorzugehen. Es muss Überbrückungszeiten geben, wobei einzelne Ausnahmeregelungen für versorgende Betriebe nicht ausreichen, weil ja auch die Mitarbeiter mit ihren Autos in die Stadt kommen müssen. Diese Regelungen müssen unbürokratisch, längerfristig und flexibel sein. Handwerker dürfen nicht zu Bitterstellern um gebührenbehaftete kurzfristige Gnadenakte werden. Wir reden hier über teils neuwertige Euro 5 Fahrzeuge von 2015 oder 2016 mit teils besseren Abgaswerten als aktuelle Euro 6 Fahrzeuge. Niemand wird verstehen, wenn diese Fahrzeuge mit Fahrverboten belegt werden!
Gibt es eine Statistik, wie viele Betriebe Dieselfahrzeuge fahren?
Diesel ist weiterhin das Hauptantriebsmittel im Handwerk. Abgesehen von wenigen personenbezogenen Gewerken, die kaum Fahrzeuge oder nur Benzin-Pkw nutzen, setzen fast alle Betriebe auch Dieselfahrzeuge ein. Im gesamten Fahrzeugbestand des Handwerks machen Dieselfahrzeuge ca. 80 % aus (Stand 2014). Wenn man nur die Nutzfahrzeuge betrachtet kommt man auf Werte weit über 90 %.
Gibt es eine Statistik, wie viele Betriebe Fahrzeuge fahren, die die Grenzwerte nicht einhalten?
Um die geltenden Normen für die Umgebungsluft zu erfüllen, wird im Hinblick auf mögliche Fahrverbote für Diesel zumeist die Grenze bei Euro 6 gezogen: Diesen Standard erfüllen aktuell selbst optimistisch geschätzt noch kaum mehr als 15 bis 20 % der Dieselfahrzeuge im Handwerk. Bei den Nutzfahrzeugen ist der Euro 6 Anteil noch deutlich unter 10%, da hier die entsprechenden Fahrzeuge erst sehr spät auf den Markt kamen. Eine aktuelle Umfrage der Handwerkskammer Düsseldorf zeigt, dass das Handwerk seine Umweltsensibilität und Gesundheitsverantwortung zur Genüge unter Beweis gestellt hat: 53 Prozent der Fahrzeuge sind in oder nach dem Jahr 2013 erstzugelassen und damit nicht älter als vier Jahre. Jedes zweite Dieselnutzfahrzeug erfüllt aufgrund dessen die Euro 5-Norm, weitere 16 Prozent bereits den Euro 6-Standard. Das Gros der Fahrzeuge wird 10 bis 15 Jahre lang genutzt. Nur 5 Prozent im Bestand sind älter als 15 Jahre. Das alles macht deutlich, dass es hier nicht um irgendwelche alten Dieselstinker geht, sondern um einen Großteil des vielfach sehr neuen Fahrzeugbestandes im Handwerk.
Die Fragen stellte die Rheinische Post. Auszüge erschienen am 20. Februar 2018 in der Printausgabe.