Die vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. sieht in der heute vom Europäischen Parlament beschlossenen Verschärfung der Entsenderichtlinie eine hohe protektionistische Hürde, mit der die Entfaltung des europäischen Arbeitsmarkts gehemmt wird. Die Kritik der vbw bezieht sich vor allem auf die Vorgabe, dass bei Entsendungen von Mitarbeitern, die länger als zwölf Monate dauern, das gesamte Arbeitsrecht des Aufnahmestaates zur Anwendung kommen soll. Bei den an entsendete Arbeitnehmer zu zahlenden Löhnen soll es nicht mehr darauf ankommen, dass es sich um Mindestlöhne im Einsatzland handelt. Stattdessen sollen die entsendenden Arbeitgeber komplett die allgemeinverbindlichen Entgelttarifverträge beachten.
vbw: Dienstleistungsfreiheit in Europa in Gefahr
Brossardt: „Absurd: Künftig ist die Mitarbeiterentsendung in Drittstaaten leichter als die Entsendung in die EU“
vbw Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt kommentiert: „Diese Neuregelungen sind ordnungspolitisch nicht korrekt. Entsendungen werden dadurch künftig erschwert und verteuert. Die entsendenden Unternehmen werden mit zusätzlichen bürokratischen Belastungen überzogen und müssen über die Mindestlöhne hinausgehende Entgeltregelungen beachten. Somit ist eine Mitarbeiterentsendung in viele Drittstaaten leichter durchzuführen als ein Einsatz innerhalb der Europäischen Union. Damit wird der Binnenmarktgedanke der EU ad absurdum geführt. Die Dienstleistungsfreiheit in Europa ist in Gefahr.“
Die vbw fordert zudem Klarstellung darüber, dass die Neuregelungen nicht für kurze Auslandseinsätze im Rahmen von Geschäftsreisen gelten. Nach dem derzeitigen Wortlaut der Neuregelung wären die rund 30 Millionen Dienstreisen von Deutschland ins EU-Ausland davon erfasst. „Das Europäische Parlament hat leider die Chance verpasst, unmissverständlich festzulegen, dass Auslandstätigkeiten von Mitarbeitern, die einen bestimmten Zeitraum nicht überschreiten, vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgenommen sind. Hier muss nachgebessert werden“, sagte Brossardt
ibw – Informationszentrale der Bayerischen Wirtschaft e. V.
Max-Joseph-Straße 5
80333 München
IG BAU begrüßt Zustimmung zur sozialeren Entsenderichtlinie
Die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) begrüßt die Zustimmung des Europäischen Parlaments zu der überarbeiteten Entsenderichtlinie. „Europa wird sozialer. Mit ihrer Zustimmung signalisieren die Europa-Parlamentarier, dass sie die Menschen in der Union wieder in den Blick nehmen. Das ist dringender denn je. Immer stärker wird der Rechtsruck quer durch Europa, weil sich viele von der Politik nicht mehr mitgenommen fühlen. Um die europafeindlichen Kräfte einzudämmen, muss Brüssel auf dem eingeschlagenen Weg für ein soziales Europa bleiben und seinen Worten weitere Taten folgen lassen“, sagte der IG BAU-Bundesvorsitzende Robert Feiger.
Mit der überarbeiteten Entsenderichtlinie verbessert sich die grenzüberschreitende Arbeit vieler Beschäftigter. Sie schützt innerhalb der EU entsandte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer besser vor Ausbeutung und erschwert Briefkastenfirmen und anderen kriminellen Geschäftemachern das Handwerk. Der in einem aufwändigen Verhandlungsverfahren erzielte Kompromiss besagt unter anderem, dass entsandte Beschäftigte das Recht auf gleiche Mindestarbeitsbedingungen haben wie alle anderen Arbeitskräfte vor Ort auch. Ihr Anspruch geht dabei über den jeweiligen Mindestlohn hinaus. So profitieren sie ebenfalls von Sonderzahlungen oder Zuschlägen. Sie haben Anspruch auf Zulagen für Reise-, Unterkunfts- und Verpflegungskosten, die ihnen aufgrund der Entsendung entstehen. Darüber hinaus können die Mitgliedstaaten die Anwendung von Tarifverträgen auf entsandte Arbeitnehmer in ihre Gesetzgebung aufnehmen.
Presse - Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU)