Die im Bundestag vorgesehene Erste Lesung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes ist vertagt worden. Es soll Presseberichten zufolge erst mit dem sogenannten Geordneten-Rückkehr-Gesetz gemeinsam beschlossen werden. Der Baden-Württembergische Handwerkstag (BWHT) kritisiert diese Verschiebung, weil gerade im Handwerk der Fachkräftemangel deutlich zu spüren sei. Gleichzeitig ist der Anteil von Geflüchteten in Ausbildung im vergangenen Jahr weiter gestiegen. Durch die Verschiebung geht wertvolle Zeit verloren. „Uns liegen nun die endgültigen Zahlen zur Ausbildungssituation im Handwerk für 2018 vor. Wir freuen uns über ein kleines Plus von 0,8 Prozent bei der Anzahl der neu abgeschlossenen Verträge. Dies wird jedoch alleine nicht ausreichen, um den Fachkräftemangel heute und in Zukunft zu entschärfen. Wir haben deshalb sehr auf eine zügige Verabschiedung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes gedrängt und sind einigermaßen entsetzt, dass die Beratung nun vertagt wurde und man das ganze Paket neu aufsetzen will. Bereits die Entstehung des Entwurfs hat viel zu lange gedauert. Wir fragen uns langsam, ob die Politik dieses Gesetz überhaupt noch will“, fragt BWHT-Hauptgeschäftsführer Oskar Vogel.
Durch die Trennung in zwei Gesetze sollten die Bereiche Asyl und Fachkräftezuwanderung zukünftig als zwei voneinander unabhängige Säulen gestaltet werden. Vogel weiter: „Jetzt diese Trennung wieder aufzuheben und beide Bereiche zu verbinden, ist für uns der falsche Weg.“
Insgesamt waren am Stichtag 31.12.2018 rund 48.200 Auszubildende bei den Kammern im Land eingetragen, es wurden 19.600 neue Ausbildungsverträge abgeschlossen Etwa 9.100 Auszubildende hatten keine deutsche Staatsangehörigkeit. Das waren 12,7 Prozent mehr als im Vorjahr. Dieser Zuwachs war bedingt durch deutlich mehr Auszubildende aus den acht Asylherkunftsstaaten plus Gambia. Darunter sind vorwiegend Geflüchtete zu vermuten. Aus diesen Staaten waren Ende 2018 rund 3.100 Personen in Ausbildung, fast 70 Prozent mehr als vor einem Jahr. Insgesamt wurden Personen aus rund 130 Staaten im Handwerk ausgebildet. „Das zeigt: Das Handwerk engagiert sich überdurchschnittlich bei der Integration von geflüchteten Menschen. Gleichzeitig profitieren die Betriebe vom großen Interesse der Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit, im Handwerk zu arbeiten. Auch vor diesem Hintergrund brauchen wir schnellstens das Fachkräfteeinwanderungsgesetz“, so Vogel abschließend.
Beschäftigungsduldung: Richtiger Schritt, aber noch zu restriktiv
Innenminister Thomas Strobl hat mitgeteilt, dass künftig Ermessensduldungen für ausreisepflichtige Ausländer in Beschäftigung erteilt werden können. Dies ist als Vorgriff auf eine ähnliche Regelung gedacht, die auf Bundesebene zwar geplant ist, sich aber zurzeit verzögert. Der Baden-Württembergische Handwerkstag (BWHT) hat sich bereits seit langem für eine Ausweitung der Beschäftigungsduldung stark gemacht.
„Wir begrüßen diesen Schritt von Innenminister Strobl. In unseren Handwerksbetrieben arbeiten bereits viele gut integrierte Geflüchtete, die bislang keine Rechtssicherheit über ihren Aufenthaltsstatus haben. Auch für ihre Arbeitgeber und Kollegen, die sich mit großem Einsatz bei der Integration engagiert haben, ist diese Unsicherheit oft nur schwer auszuhalten. Deshalb haben wir bereits seit langem eine entsprechende Regelung für diese Gruppe gefordert. Gut, dass die Politik nun auf die Stimmen aus der Wirtschaft eingeht“, so Landeshandwerkspräsident Rainer Reichhold.
Strobl kündigte an, dass sich die Landesregelung am beabsichtigten Gesetzentwurf des Bundes zur Beschäftigungsduldung orientieren solle. Danach wird für die Erteilung einer Beschäftigungsduldung eine bereits existierende Duldung von mindestens zwölf Monaten verlangt.
Reichhold: „Dies ist aus unserer Sicht zu restriktiv. Viele Geflüchtete, die bereits Arbeit im Handwerk gefunden haben, sind mit der großen ´Flüchtlingswelle` 2015/2016 ins Land gekommen. Aufgrund der teils sehr langen Bearbeitungszeiten der Asylverfahren befinden sich viele noch im Status „Gestattung“ oder erst seit kurzem in der Duldung. Diese Menschen und ihre Arbeitgeber würden also nicht von der Neuregelung profitieren. Das ist nicht im Sinne des Handwerks; wir wünschen uns hier eine Verkürzung der Frist.“
Baden-Württembergischer Handwerkstag e.V.
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