Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH): „Die deutsche Wirtschaft spürt erheblichen Gegenwind. Vor allem der Außenhandel macht zurzeit Sorgen. Die exportorientierte Industrie gerät immer mehr in Mitleidenschaft durch die globale, vielfach politisch verursachte Unsicherheit, die ihre Ursachen in einer immer stärker protektionistischen Handelspolitik, aber auch den immer noch ungeklärten Brexit-Modalitäten hat. Lichtblick bleibt nach wie vor die Binnenkonjunktur, die gerade auch von den Betrieben des Handwerks maßgeblich gestützt wird. Angesichts der prognostizierten gesamtwirtschaftlichen Konjunktureintrübung ist es daher umso wichtiger, die Bedingungen für ein auch weiter erfolgreich wirtschaftendes Handwerk zu erhalten. Denn nur mit wettbewerbsfähigen Rahmenbedingungen und einer wirtschaftsfreundlichen Politik wird das Handwerk auch künftig konjunktureller Stabilitätsanker in Deutschland bleiben. Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass die positive Entwicklung der Binnenkonjunktur anhält. Die binnenorientierte Wirtschaft ist auf wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen angewiesen und hier liegt weiterhin Vieles im Argen. So fehlen leistungsfähige Verkehrs- und Breitbandinfrastrukturen, eine wettbewerbsfähige Steuerpolitik und eine auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Sozialpolitik, um nur einige Baustellen zu nennen.
Die Ursachen der sich abzeichnenden Abkühlung sind vor allem politischer, nicht konjunktureller Natur. Daher besteht auch kein Bedarf an konjunkturpolitischem Aktionismus einschließlich einer Infragestellung der „schwarzen Null“! Stattdessen brauchen wir eine Politik, die den Betrieben und Unternehmen Luft zum Atmen und wirtschaftlichen Agieren lässt und dies nicht durch immer neue, zusätzliche Vorgaben, Regelungen und Belastungen einengt. Die Mittelstandsstrategie von Bundeswirtschaftsminister Altmaier zeigt den einzig erfolgversprechenden Weg zu mehr Wachstum auf: Ein leistungsfähiger Mittelstand ist und bleibt die beste Gewähr dafür, dass Deutschland inmitten globaler Turbulenzen ein leistungsstarker Standort mit hoher Wertschöpfung, attraktiven Arbeitsplätzen und großem Wohlstand bleibt.“ (Statement zur Gemeinschaftsprognose der führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute.)
„Wir brauchen aber eine wirtschaftsfreundliche Politik“
Die jüngste Konjunktur-Umfrage der Handwerkskammer Region Stuttgart bei Mitgliedsbetrieben ergab, dass die Geschäftserwartungen bisher kaum nachgegeben haben. „Wenn die Betriebe des Handwerks aber weiterhin auf dem aktuell guten Konjunkturniveau wirtschaften sollen, bedarf es zwingend Rahmenbedingungen, die die gute Binnenkonjunktur weiterhin unterstützen“, betont Thomas Hoefling, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Region Stuttgart.
Im dritten Quartal dieses Jahres hat sich die Handwerkskonjunktur in der Region Stuttgart besonders bei den Zulieferbetrieben eingetrübt. „Die kommenden Wochen werden darüber entscheiden, wie sich die wirtschaftliche Situation entwickeln wird“, so Hoefling. Für das Gesamthandwerk rechne er mit einem positiven Jahresabschluss. Sorgen bereite ihm gerade der Außenhandel. „Die Binnenwirtschaft mit dem Handwerk als wichtigem Bestandteil ist aber ein Lichtblick.“ Dass das so bleibt, seien beispielsweise leistungsfähige Verkehrs- und Breitbandinfrastukturen, eine wettbewerbsfähige Steuerpolitik und eine auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Sozialpolitik notwendig. „Zudem brauchen wir eine Politik, die den Unternehmern Luft zum Atmen und wirtschaftlich Agieren lässt und dies nicht durch immer neue, zusätzliche Vorgaben, Regelungen und Belastungen einengt.“
Die regionalen Handwerker beurteilten in der Vergangenheit ihre Geschäftslage mit Rekordwerten – die aktuelle wirtschaftliche Situation orientiert sich gegenüber dem Vergleichsquartal noch auf hohem Niveau, die Spitzenwerte werden aber nicht mehr erreicht. Mit ihrer Geschäftslage zufrieden waren zwei von drei Befragten; als schlecht bewerteten dagegen 8 Prozent ihre Geschäftslage. Zwar sind die Geschäftserwartungen verhaltener als vor einem Jahr, jedoch weiterhin mehrheitlich positiv. Eine Verbesserung ihrer Geschäftslage erwarten 30 Prozent, während 62 Prozent von einer gleich bleibenden Geschäftsentwicklung ausgehen. Nur 9 Prozent der Betriebe befürchten eine Verschlechterung ihrer wirtschaftlichen Situation. Um 7 Zähler auf 40 Punkte musste daraufhin der Konjunkturindikator Handwerk, der aus dem Geschäftslage- und Erwartungsindex ermittelt wird, nach unten korrigiert werden (Vorjahr: plus 46 Punkte).
In den letzten Monaten meldeten 18 Prozent der Betriebe vollere Auftragsbücher, gleichzeitig hatten jedoch 22 Prozent der Befragten weniger Auftragseingänge. Ihre künftige Auftragslage sehen die Handwerker in der Region recht optimistisch, allerdings hat die Zuversicht im Vergleichszeitraum nachgelassen. Jeder vierte Befragte konnte von steigenden Umsätzen berichten, zeitgleich musste jedoch jeder fünfte Umsatzeinbußen verkraften. Die Umsatzerwartungen haben sich allerdings kaum eingetrübt und liegen auf einem ähnlichen Niveau wie vor einem Jahr: Mit Umsatzsteigerungen kalkulieren 44 Prozent der Befragten, während 13 Prozent Umsatzrückgänge befürchten. Die Beschäftigung im Handwerk der Region Stuttgart ist im dritten Quartal 2019 konstant geblieben. Nach den Prognosen wird es auch im nächsten Quartal keinen Personalzuwachs geben.
Aktuell sind die Bereiche Bau und Ausbau nach wie vor stark ausgelastet, die Auftragsbücher sind gut gefüllt. „Für den Gewerblichen Bedarf und damit die handwerklichen Zulieferer für die Industrie verlief das dritte Quartal dieses Jahres dagegen weniger gut“, so Hoefling. Hier sackte der Geschäftslageindex um 61 Zähler auf plus 22 Punkte ab. Die Geschäftserwartungen gaben ebenfalls um 20 Zähler nach. Der ausführliche Konjunkturbericht steht online unter www.hwk-stuttgart.de/konjunktur Handwerkskammer Region Stuttgart
Konjunktur: Handwerk als Stabilitätsfaktor
Auch im dritten Quartal des Jahres ist das Stimmungsbild im baden-württembergischen Handwerk weiter gut. Rund drei Viertel der befragten Betriebe bewerteten ihre wirtschaftliche Lage als „gut“, nur sechs Prozent als schlecht. Damit lagen die Einschätzungen leicht unter denen des Vorjahresquartals. „Während sich die gesamtwirtschaftliche Konjunktur abschwächt, bleibt das Handwerk im Land weiter stabil und die Betriebe optimistisch. Aber: Die gute Lage hängt wesentlich von der starken Baukonjunktur und der privaten Nachfrage ab. Gerade jetzt sind deshalb bürokratische und finanzielle Entlastungen der Betriebe und Bürger erforderlich. Vor allem muss das in Berlin beschlossene Klimapaket schnell umgesetzt werden, mit der darin enthaltenen steuerlichen Förderung der energetischen Gebäudesanierung“, sagt Landeshandwerkspräsident Rainer Reichhold.
Die Auslastung der Betriebe belegt die Stabilität: Sie lag im Schnitt bei 85 Prozent, in etwa gleich hoch wie ein Jahr zuvor (84,5 %). Die Umsatzentwicklung war ebenfalls weiter positiv, wenngleich mit 32 Prozent etwas weniger Betriebe als vor einem Jahr (34%) eine Umsatzsteigerung meldeten. Rund 18 Prozent der Betriebe gaben gesunkene Umsätze an (Vorjahresquartal: 15%).
Die Erwartungen für das vierte Quartal sehen etwas gemischter aus. Trotz der allgemeinen Konjunkturabschwächung rechnet das Gros der Betriebe (62%) mit einem „weiter so“ auf dem derzeitigen Niveau. 29 Prozent der Betriebe rechnen sogar mit einer weiteren Verbesserung der Geschäftslage. Nur knapp neun Prozent gehen von einer Verschlechterung aus.
Allerdings sind die Auftragseingänge im vergangenen Quartal spürbar zurückgegangen: Zwar ist die Auftragsentwicklung noch positiv, aber nur noch 23 Prozent der Betriebe konnten einen gestiegenen Auftragseingang verzeichnen, im Vorjahr waren dies noch sechs Prozentpunkte mehr. Umgekehrt erhielt knapp jeder fünfte Betrieb weniger Aufträge (VJQ: 14%).
Zwischen den Branchen gab es deutliche Unterschiede, so Reichhold: „Hier sehen wir das Abbild der gesamtwirtschaftlichen Lage im Land. Die Industriekonjunktur gibt deutlich nach – das spüren dann die handwerklichen Zulieferer. Die Baukonjunktur und der private Konsum laufen dagegen nach wie vor rund.“
Am zufriedensten waren demnach 93 und 82 Prozent der Betriebe im Bauhaupt- bzw. Ausbaugewerbe. Dagegen bewerteten nur noch etwa 57 Prozent der Kfz-Betriebe ihre wirtschaftliche Lage als „gut“, ein deutlicher Abfall im Vergleich zum Vorjahr (66%). Knapp 60 Prozent zufriedene, aber auch 15 Prozent unzufriedene Betriebe gab es bei den Handwerkern für den gewerblichen Bedarf. Damit war unterm Strich die Stimmung in dieser Gruppe am schlechtesten. Noch vor einem Jahr waren 80 Prozent dieser Betriebe zufrieden. Auch Auftragseingänge und Umsätze gaben nach.
Baden-Württembergischer Handwerkstag e.V.