Hilfen brauchen auch mittelbar vom Lockdown betroffene Handwerksbetriebe. - ZDH-Präsident Hans Peter Wollseifer sprach mit Tobias Kisling von der "Funke Mediengruppe" über die Bund-Länder Einigung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie. Ist es aus Sicht des ZDH nachvollziehbar, dass verschiedene Handwerksbereiche derart unterschiedlich behandelt werden (Bsp.: Friseure dürfen offen bleiben, Kosmetikstudios nicht; Bäcker dürfen verkaufen, ihre angeschlossenen Cafés müssen aber schliessen, etc.) - W: Eine durchgängige Öffnung für alle Handwerksbetriebe wäre uns natürlich lieber gewesen, da unsere Betriebe in den vergangenen Monaten viel investiert und ausgefeilte Hygienekonzepte entwickelt haben, und sie alle den erforderlichen Hygienestandards entsprechen. Aber immerhin ist den Betrieben, die im November schliessen müssen, substanzielle finanzielle Unterstützung zugesagt worden. Die werden diese Betriebe auch dringend brauchen, um zu überleben, weil viele von ihnen schon vom ersten Lockdown massiv betroffen waren und ihre finanziellen Reserven ausgeschöpft haben. - Droht den Betrieben, die nun schliessen müssen, ein Imageschaden, da sie möglicherweise als gefährlicher für eine Infektion wahrgenommen werden als andere? -W: Das sehen wir nicht so, weil die Auswahl – so wie ich die Begründungen verstanden habe - weniger nach der Gefährlichkeit erfolgte, sondern mehr danach, ob es sich um alltagsnotwendige Kontakträume handelt, oder wie es Ministerpräsident Winfried Kretschmann formuliert hat: Geschlossen wurde das Angenehme und Nützliche, um das wirklich Notwendige zu erhalten. Wie sorgfältig und umfangreich unsere Betriebe die Hygienevorgaben umgesetzt und das ihnen Mögliche unternommen haben, das Infektionsrisiko so weit als möglich zu senken, das konnten die Kunden in den letzten Monaten in diesen Betrieben selbst erfahren.
Wird der 75-prozentige Umsatzausfalls-Ausgleich in Kombination mit den bereits geltenden Überbrückungshilfen ausreichen, sodass die Betriebe ohne schwere Schäden den November überstehen werden? Was müssen Bund und Länder bei der Antragsstellung beachten (insbesondere mit Blick auf die bisherigen Erfahrungen, etwa die chaotischen Zustände bei der Soforthilfe im März oder aber auch der bürokratischen Hürden bei der Überbrückungshilfe)? - W:Das lässt sich erst beantworten, wenn die konkreten Details des vorgesehenen Unterstützungsinstruments überhaupt klar sind. Eine unserer Grundsatzforderungen ist dabei, dass auch den Handwerksunternehmen geholfen wird, die mittelbar von den Schliessungen betroffen werden, weil ihre Auftraggeber selbst schliessen müssen.
Erkennbares Bemühen zur Vermeidung eines pauschalen Wirtschafts-Lockdown
Zur Bund-Länder Einigung zur verschärften Bekämpfung der Corona-Pandemie erklärt Hans Peter Wollseifer, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH): "Bund und Länder haben angesichts der deutlich steigenden Infektionszahlen zu Recht weitergehende Maßnahmen ergriffen und umfassendere Kontaktbeschränkungen beschlossen, um das Infektionsgeschehen einzudämmen. Konsequenterweise haben dabei Schritte Vorrang, mit denen private und gesellschaftliche Kontakte verringert werden. Das war und ist der richtige Ansatzpunkt, weil sich die Infektionsdynamik besonders hier beschleunigt. Die Maßnahmen lassen das Bemühen erkennen, den wirtschaftlichen und schulischen Bereich von weiteren Einschränkungen weitgehend auszunehmen. Die ausdrückliche Klarstellung, dass Handwerksbetriebe ihrer Tätigkeit auch in dieser Phase eines Teil-Lockdowns weiter nachgehen können, ist ausdrücklich zu begrüßen.
Es ist gut, dass Bund und Länder einen pauschalen Wirtschafts-Lockdown erkennbar vermeiden wollten, gleichwohl ist das nicht durchgängig gelungen und ein harter und bitterer Tag für viele Handwerksbetriebe. Die großen Anstrengungen und Investitionen vieler Betriebe in den vergangenen Monaten, mit ausgeklügelten Hygienekonzepten Kunden und Mitarbeiter zu schützen, hätten mehr Anerkennung verdient. Manche Handwerksbereiche sind teils unmittelbar, teils mittelbar von den nun anstehenden Schließungen substanziell betroffen. Das gilt etwa für die Lebensmittelhandwerke im Hinblick sowohl auf ihr gastronomisches Angebot als auch ihre Dienstleistungen im Veranstaltungs- und Messebereich. Im Messebereich sind insbesondere Messe- und Ladenbauer betroffen. Die Kosmetiker unterliegen den Schließungsvorgaben für personenbezogene Dienstleistungen. Das neuerliche Herunterfahren des Gastronomie- und Hotelleriebereichs hat negative Konsequenzen für Textil- wie auch Gebäudereiniger. Für Privatbrauereien wird mit der Gastronomie ihr wesentlicher Absatzkanal verschlossen.
Der nun vereinbarte Teil-Lockdown trifft die Betriebe besonders, die durch den ersten Lockdown bereits massiv angeschlagen sind. Es ist zu befürchten, dass viele von ihnen ohne Hilfestellung seitens der öffentlichen Hand die nun beschlossenen weitergehenden Beschränkungen nicht verkraften werden, da ihre Reserven bereits weitgehend aufgebraucht sind. Daher ist es entscheidend, dass das angekündigte zusätzliche Unterstützungspaket zeitnah festgelegt wird. Die vorgesehenen Überbrückungs- und Stabilisierungshilfen von bis zu 75 Prozent der Umsatzeinbußen im Vergleich zum Vorjahresmonat für kleinere Betriebe bis 50 Mitarbeiter und für größere Betriebe entsprechend des EU-Beihilferechts können helfen, das Gröbste abzufedern. Positive Wirkungen wird die Öffnung des KfW-Schnellkredits jetzt auch für Betriebe mit weniger als 10 Beschäftigten entfalten.
Dass alle Ministerpräsidenten die Corona-Beschlüsse mittragen, ist sicherlich Ausdruck des Ernstes der Lage und vor allem ein klares Signal, wie wichtig gemeinsames Handeln und Solidarität in den kommenden Wochen sind, um die Virusausbreitung zu hemmen. Denn es braucht jetzt den Beitrag eines jedes Einzelnen, durch sein Verhalten und seine reduzierten Kontakte die Infektionsketten zu durchbrechen und auf diese Weise mitzuhelfen, dass Betriebe weiter arbeiten und ausbilden können."
Zentralverband des Deutschen Handwerks e. V. (ZDH)
Mohrenstraße 20/21
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