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Eine vertrauensvolle und sichere Beziehung zwischen Kunde und Bank ist gerade für deutsche Handwerksbetriebe existenziell. Bei der externen Finanzierung greifen Handwerksbetriebe vorrangig auf Kredite der Hausbanken zurück. Jüngere Umfragen belegen zudem, dass die Bedeutung der Innenfinanzierung für die Betriebe wieder deutlich gewachsen ist. Die entsprechenden Finanzmittel werden auf den Firmenkonten angespart, so dass Handwerksbetriebe bei den Bankinstituten über zum Teil hohe Einlagen verfügen. Das Wissen um die Sicherheit ihrer Einlagen ist Grundvoraussetzung dafür, diese nicht abzuziehen. Das wiederum ist die Basis für die Kreditvergabe seitens der Institute.

Staaten sind für Einlagensicherung ihrer Banken selbst verantwortlich - Risiko und Haftung gehören in eine Hand

Was für den Mittelstand in Deutschland gilt, trifft selbstverständlich auch für andere Länder zu, nicht zuletzt angesichts des sehr hohen Bestands von Staatsschuldentiteln in den Bankbilanzen mancher Länder. Deren früher postulierte Risikolosigkeit wurde zwischenzeitlich ja mehr als deutlich widerlegt, ungeachtet dessen müssen die Institute für solche Titel weiterhin keinerlei Cent an Eigenkapitalunterlegung aufbringen.

Insoweit ist es einerseits sachgerecht, dass die EU-Kommission die Stärkung der Einlagensicherung in der EU insgesamt zu einem zentralen Element ihrer Strategie zur Vollendung der Bankenunion gemacht hat. Das Problem liegt jedoch andererseits an dem hierfür aktuell vorgesehenen zentralistischen Ansatz und den hieraus zu befürchtenden - negativen! - Auswirkungen auf die Mittelstandsfinanzierung in Deutschland.

Eine erste Einlagensicherungsrichtlinie aus dem Jahr 2014 legte einheitliche Standards für die jeweiligen nationalen Einlagensicherungssysteme fest und beließ damit die Verantwortung für die Stabilität des jeweiligen nationalen Bankensystems beim betreffenden Mitgliedstaat. Dieser dezentrale Ansatz war sachgerecht, allein mehrere Mitgliedstaaten kümmerten sich nicht weiter darum: Die Richtlinie hätte bis zur Jahresmitte 2015 umgesetzt werden sollen. Im November 2015 traf dies jedoch nur für elf Mitgliedsländer vollständig und für drei Staaten zumindest teilweise zu. Im damaligen Projekt war zudem eine Evaluierung im Jahr 2019 vorgesehen.

Welche Schlussfolgerungen zog nun die EU-Kommission hieraus? Leider nicht die, die Umsetzung dieses dezentralen Ansatzes der Einlagensicherungsrichtlinie in allen Euro-Staaten zu forcieren. Stattdessen legte sie bereits Ende 2014 ein gänzlich anders geartetes, nämlich zentralistisches Konzept vor, das sie seither vehement verfolgt: Nun sollen die einzelnen nationalen Einlagensicherungsfonds über mehrere Stufen hinweg in einem gemeinsamen europäischen Einlagen(ver)sicherungssystem (European Deposit Insurance Scheme - Edis) zusammengefasst werden. Vorgesehen ist, dass die (derzeit) 19 Mitgliedstaaten der Eurozone in dieses gemeinsame europäische Einlagensicherungssystem einzahlen müssen, während die übrigen EU-Mitgliedstaaten freiwillig dem System beitreten könnten.

Zentralisierungsbestrebungen seitens der EU-Kommission sind häufig zu verzeichnen. Sie stehen jedoch in eklatantem Widerspruch zu dem Sachverhalt, dass Kennzeichen und letztlich auch Basis der EU die Vielfalt ist. Um diese zu wahren, gilt es, die Eigenverantwortung der Mitgliedstaaten aufrechtzuerhalten beziehungsweise zu stärken.

Vertrauen nicht beschädigen

Eigenverantwortung im konkreten Fall bedeutet, dass alle Mitgliedstaaten selbst für die Einlagensicherung ihrer Banken zuständig sind. Ein zentrales europäisches Einlagensicherungssystem, wie es die EU-Kommission vorschlägt, negiert diese Eigenverantwortung der Mitgliedstaaten und droht damit, das Vertrauen der Einleger zu beschädigen. Eine Vergemeinschaftung der Haftung würde es Mitgliedstaaten ermöglichen, Risiken aus dem nationalen Bankensektor auf die europäische Ebene zu verlagern. Das käme einer Verantwortungsverlagerung gleich, die unverantwortlich wäre. Damit würde das Prinzip unterlaufen, dass jeder Mitgliedstaat erst einmal selbst alles Erforderliche tun muss, um für einen funktionierenden Bankensektor und die Reduzierung der verdeckten Risiken zu sorgen.

Schlechtere Konditionen

Zudem würde ein solches europäisches System die für die Mittelstandsfinanzierung besonders wichtigen kleineren regionalen Banken in Deutschland stärker belasten. Das erscheint umso ungerechtfertigter, als diese einerseits ein niedriges Risikoprofil haben und andererseits über eigene bewährte Sicherungssysteme verfügen. Es ist zu befürchten, dass sich dadurch die Finanzierungskonditionen gerade für mittelständische Unternehmen verschlechtern und Kredite teurer werden.

Zwar erfordert eine Bankenunion, dass in den Mitgliedstaaten der Eurozone einheitliche europäische Standards für die Einlagensicherungen gelten. Dafür braucht es aber sicherlich kein zentralistisches Einheitssystem mit gemeinschaftlicher Haftung. Die nun vorgesehenen Liquiditätshilfen für in Not geratene Einlagensicherungssysteme, die als erster Schritt der Einführung eines solchen gemeinsamen Einlagensicherungssystems gedacht sind, könnten sehr leicht zu einem Automatismus werden. Die Gefahr von Trittbrettfahrern wird auch nicht hinreichend durch den zusätzlichen Vorschlag der EU-Kommission gemildert, vor der Zulassung von Banken zur Teilnahme an einer vergemeinschafteten europäischen Einlagensicherung stichtagsbezogen die Bankenbilanzen zu überprüfen.

Korrekturbedarf

In der Bankenunion muss wie in unseren Betrieben der Grundsatz gelten: Risiko und Haftung gehören in eine Hand. Vorrangig müssen deshalb in allen Mitgliedstaaten die tatsächlichen Bankenrisiken offengelegt und abgesichert werden. Nur so kann etwa verhindert werden, dass sich neuerliche Schieflagen in den Budgets einzelner Mitgliedstaaten wegen des in manchen Ländern sehr hohen Anteils an Staatsschuldentiteln in den Bankbilanzen zu einem Flächenbrand ausbreiten! Angesichts dessen muss auch die bisherige "Nullgewichtung" für Staatsschuldentitel bei der Eigenkapitalunterlegung der Banken dringend korrigiert werden. Staatsanleihen sind ihrem Risiko entsprechend mit Eigenkapital zu unterlegen, was nach den geltenden Basel-Regelungen nicht der Fall ist. Notwendig ist zudem, den hohen Bestand ausfallgefährdeter Darlehen nachhaltig abzubauen.

Risiken müssen im Bankensystem selbst abgebaut werden. Eine gemeinsame europäische Einlagensicherung lehnen wir daher ab. So wie eine freie Marktwirtschaft nur funktionieren kann, wenn Unternehmer für die Folgen ihrer Handlungen einstehen, kann eine Währungsunion nur Bestand haben, wenn Staaten die Verantwortung für ihre Entscheidungen selbst tragen.

Namensbeitrag von ZDH-Präsident  Hans Peter Wollseifer erschien  am 15. Juni 2018 in der Börsen-Zeitung.

Zentralverband des Deutschen Handwerks e.V.