Deutschland muss sicherheitspolitischen Schulterschluss in der EU voranbringen. Hatz: „Europäischer Verteidigungsausschuss unabdingbar”. - Die vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. fordert, dass Deutschland einen sicherheitspolitischen Schulterschluss in der EU voranbringt. „Deutschland muss hier `mehr Europa´ einfordern. Unser Land muss darauf drängen, dass sich die EU bei der Herstellung ihrer Verteidigungsgüter besser abstimmt“, sagte vbw Präsident Wolfram Hatz vor über 200 Gästen auf dem sicherheitspolitischen Kongress „Die Welt im Umbruch – Perspektiven für die deutsche Sicherheitspolitik“. Des Weiteren fordert Hatz, in der EU-Sicherheits- und Verteidigungspolitik das Prinzip der Mehrheitsentscheidung einzuführen: „Nur so kann Europa die notwendige Handlungsfähigkeit gewinnen. In diesem Rahmen muss Deutschland als viertgrößte Volkswirtschaft der Welt mehr sicherheitspolitische Verantwortung übernehmen. Zudem sollte die EU im Europäischen Parlament einen Verteidigungsausschuss schaffen. Auch dieser Schritt ist wichtig und für einen gemeinsamen europäischen Schulterschluss in der Sicherheitspolitik unabdingbar. Schließlich müssen wir die europäischen Armeeverbände ausbauen. Gemeinsame Kommandostrukturen auf EU-Ebene würden dabei helfen, viele der bestehenden Probleme zu beheben. Wir begrüßen daher ausdrücklich das Ziel der Bundesregierung, bis zum Jahr 2031 zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes für die Verteidigung auszugeben“, so Hatz.
Die vbw sieht Deutschland insgesamt in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik vor großen Herausforderungen. Der Konflikt zwischen den USA und Iran, die weiter eskalierende Situation im Nahen und Mittleren Osten, die sicherheitspolitische Rolle der USA und nicht zuletzt der Brexit führen nach Ansicht der vbw dazu, dass Deutschland ein stimmiges sicherheitspolitisches Konzept benötigt. „Multilaterale Allianzen wie die NATO haben für Washington an Bedeutung verloren. Mit dem Brexit entsteht verteidigungspolitisch in der EU eine große Lücke“, so Hatz.
Deutschland ist in dieser Situation gefordert, sich stärker zu engagieren. „Eine kraftvolle Rüstungspolitik braucht Deutschland, damit wir diejenigen schützen, die uns schützen“, forderte Hatz mit Blick auf die deutschen Soldatinnen und Soldaten. „Wer sicherheitspolitisch Verantwortung übernehmen will, braucht Streitkräfte, die jederzeit und mit bestem Material einsatzbereit sind. Dabei darf es nicht darauf ankommen, ob sich unsere Soldatinnen und Soldaten in einem klassischen Militäreinsatz befinden oder in humanitärer Mission“, betonte Hatz.
Prof. Dieter Kempf, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), betonte: „Wir haben aufgrund unserer zentralen geografischen Lage im Herzen Europas und aus historischen Gründen eine besondere Verantwortung für die Sicherheit Europas. Diese darf sich nicht auf Sonntagsreden nach dem Motto ‚Mehr Verantwortung übernehmen‘ reduzieren, sondern muss sich in konkretem politischen Handeln widerspiegeln. Bei aller Enttäuschung und Frustration über den Brexit sollten wir jetzt nach vorn schauen. Ein Abstrafen des Vereinigten Königreichs bei den Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit der EU darf es nicht geben. Wenn die EU sicherheitspolitisch ein relevanter Akteur sein will, braucht sie Großbritannien. Die Sicherheitspolitik darf den technologischen Entwicklungen der Digitalisierung nicht hinterherhinken. Die Bundesregierung sollte sie aktiv befördern. Nur wer technologisch auf Augenhöhe und souverän ist, wird zukünftig in der Sicherheitspolitik noch Gestaltungs- und Mitsprachemöglichkeiten haben.“
ibw – Informationszentrale der Bayerischen Wirtschaft e. V.
Max-Joseph-Straße 5
80333 München