„Die Corona-Pandemie dürfte in Deutschland zur schwersten Rezession der Nachkriegszeit führen. Dadurch gerät auch der Arbeitsmarkt stark unter Druck. Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung sind erstmals in einem April gestiegen. Die Anzeigen für Kurzarbeit steigen auf ein noch nie dagewesenes Niveau. Und die Nachfrage der Betriebe nach neuen Mitarbeitern ist regelrecht eingebrochen.“, sagte der Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit (BA), Detlef Scheele, heute anlässlich der monatlichen Pressekonferenz in Nürnberg. -Die Arbeitslosenzahl ist von März auf April infolge der Corona-Krise außerordentlich kräftig um 308.000 auf 2.644.000 gestiegen. Bereinigt um die saisonalen Einflüsse wird für den April ebenfalls ein starker Zuwachs von 373.000 im Vergleich zum Vormonat errechnet. Gegenüber dem Vorjahr hat sich die Arbeitslosenzahl um 415.000 erhöht. Die Arbeitslosenquote steigt um 0,7 Prozentpunkte auf 5,8 Prozent und verzeichnet auch im Vergleich zum April des vorigen Jahres ein Plus von 0,9 Prozentpunkten. Die nach dem ILO-Erwerbskonzept vom Statistischen Bundesamt ermittelte Erwerbslosenquote belief sich im März auf 3,8 Prozent.
Die Unterbeschäftigung, die auch Veränderungen in der Arbeitsmarktpolitik und kurzfristiger Arbeitsunfähigkeit berücksichtigt, hat sich saisonbereinigt gegenüber dem Vormonat um 244.000 erhöht. Damit wächst die Unterbeschäftigung weniger stark als die Arbeitslosigkeit. Dies liegt zu einem großen Teil daran, dass wegen der Kontaktbeschränkungen Angebote der Arbeitsmarktpolitik nicht zum Einsatz kamen. Insgesamt lag die Unterbeschäftigung im April 2020 bei 3.466.000 Personen. Das waren 271.000 mehr als vor einem Jahr.
Arbeitslosenzahl im April: +308.000 auf 2.644.000
Arbeitslosenzahl im Vorjahresvergleich: +415.000
Arbeitslosenquote gegenüber Vormonat: +0,7 Prozentpunkte auf 5,8 Prozent
Arbeitslosigkeit, Unterbeschäftigung und Erwerbslosigkeit
In Anzeigen zu Kurzarbeit genannte Personenzahl
Betriebe müssen vor Beginn von Kurzarbeit eine schriftliche Anzeige bei der zuständigen Agentur für Arbeit erstatten; dies hat spätestens bis zum Ende des Monats zu erfolgen, für den erstmalig Leistungen bezogen werden sollen. Im März und bis zum 26. April 2020 wurden bei den Agenturen für Arbeit 751.000 Anzeigen erfasst für insgesamt bis zu 10,1 Millionen Personen. Das heißt aber nicht, dass diese Menschen schlussendlich auch alle kurzarbeiten werden. Nichts desto trotz ist das eine im Vergleich zu den letzten Jahrzehnten nie da gewesene Zahl und übersteigt noch um ein Vielfaches die Zahl der Anzeigen während der Großen Rezession 2008/2009. Im gesamten „Krisenjahr“ 2009 gingen bei den Agenturen für Arbeit Anzeigen für 3,3 Millionen Menschen ein.
Erwerbstätigkeit und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung
In den vorliegenden Daten zur Erwerbstätigkeit und sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung sind die Auswirkungen der Corona-Krise noch nicht abgebildet. Beide Größen sind weiter gestiegen, allerdings mit geringeren Zuwächsen als im vergangenen Jahr. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes hat sich die Zahl der Erwerbstätigen (nach dem Inlandskonzept) im März saisonbereinigt gegenüber dem Vormonat um 41.000 verringert. Mit 45,04 Millionen Personen fiel sie im Vergleich zum Vorjahr um 82.000 höher aus. Das Plus beruht weit überwiegend auf dem Zuwachs der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung. Diese ist Februar im Vergleich zum Vorjahr um 390.000 gestiegen. Insgesamt waren nach hochgerechneten Angaben der BA 33,59 Millionen Menschen sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Saisonbereinigt ergibt sich von Januar auf Februar ein Anstieg um 11.000.
Arbeitskräftenachfrage
Die Nachfrage nach neuen Arbeitskräften ist infolge der Corona-Krise regelrecht eingebrochen. Im April waren 626.000 Arbeitsstellen bei der BA gemeldet, 169.000 weniger als vor einem Jahr. Saisonbereinigt hat sich der Bestand der bei der BA gemeldeten Arbeitsstellen um 66.000 verringert. Das Ausbleiben von Stellenneumeldungen schlägt hier vornehmlich zu Buche. Der BA-Stellenindex (BA X) – ein Indikator für die Nachfrage nach Personal in Deutschland – sank im April 2020 um 19 auf 94 Punkte. Er liegt damit 37 Punkte unter dem Vorjahreswert.
Geldleistungen
900.000 Personen erhielten im April 2020 Arbeitslosengeld, 180.000 mehr als vor einem Jahr. Die Zahl der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) lag im April bei 3.868.000. Gegenüber April 2019 war dies ein Rückgang von 112.000 Personen. 7,1 Prozent der in Deutschland lebenden Personen im erwerbsfähigen Alter waren damit hilfebedürftig.
Ausbildungsmarkt
Von Oktober 2019 bis April 2020 meldeten sich bei den Agenturen für Arbeit und den Jobcentern 384.000 Bewerberinnen und Bewerber für eine Ausbildungsstelle, 34.000 weniger als im Vorjahreszeitraum. Von diesen waren 241.000 im April noch auf der Suche. Gleichzeitig waren 455.000 Ausbildungsstellen gemeldet, 39.000 weniger mehr als vor einem Jahr. Davon waren im April noch 274.000 Ausbildungsstellen unbesetzt. Am häufigsten wurden Ausbildungsstellen gemeldet für angehende Kaufleute im Einzelhandel (30.000), für Verkäuferinnen und Verkäufer (19.000) sowie für Kaufleute für Büromanagement (17.000). Der Ausgleich auf dem Ausbildungsmarkt hat sich im Zuge der Corona-Krise verlangsamt. Insgesamt ist der Ausbildungsmarkt im April noch sehr in Bewegung. Deshalb ist es für eine fundierte Bewertung zu früh.
Den ausführlichen Monatsbericht finden Sie im Internet unter https://statistik.arbeitsagentur.de.
Bundesagentur für Arbeit
Regensburger Strasse 104
D-90478 Nürnberg
KOMMENTARE:
Zahlen zeigen erst den Anfang der Corona-Auswirkungen
Brossardt: „Staatliche Hilfen wirken: Noch stärkerer Anstieg der Arbeitslosigkeit wird verhindert“
(München, 30.04.2020). Die heute bekanntgegebenen April-Zahlen für den bayerischen Arbeitsmarkt zeigen nach Einschätzung der vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. erst den Anfang der Auswirkungen der Corona-Krise. „Wir erleben einen drastischen Anstieg der Arbeitslosigkeit. Im April ist die Arbeitslosenquote signifikant von 3,1 auf 3,6 Prozent gestiegen. Von der nicht absehbaren Dauer der Produktionsunterbrechungen hängt ab, wie deutlich der Verlust an Stellen im weiteren Jahresverlauf tatsächlich ausfallen wird“, sagte vbw Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt.
Im März und April 2020 sind 119.850 Anzeigen auf Kurzarbeitergeld in Bayern eingegangen. Insgesamt beziehen sich die Anzeigen auf 1,76 Millionen Personen. Diese Zahlen machen nach Einschätzung der vbw deutlich, dass die Auswirkungen der Krise auf den Arbeitsmarkt stärker sein werden als in der Finanz- und Staatsschuldenkrise 2008/2009. „Dies wird dann unweigerlich auf die Arbeitslosigkeit durchschlagen“, sagte Brossardt.
Der vbw Hauptgeschäftsführer unterstrich den Nutzen der Kurzarbeit: „Sie hat sich bereits in der letzten Krise 2008/2009 sehr bewährt. Die Unternehmen konnten dadurch Beschäftigung sichern“, so Brossardt. Er stellte in diesem Zusammenhang klar: „Kurzarbeitergeld ist entgegen verschiedener Vorwürfe keine Subvention für Arbeitgeber. Das Kurzarbeitergeld ist eine Versicherungsleistung. Es wird aus Mitteln der Bundesagentur für Arbeit bezahlt. Diese speisen sich aus Beiträgen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Wer Kurzarbeitergeld als Subvention für die Arbeitgeber kritisiert, diskreditiert die Grundprinzipien der Arbeitslosenversicherung.“
Nach Auffassung der vbw hätte die Corona-Krise noch deutlicher auf den Arbeitsmarkt durchgeschlagen, hätten nicht Staats- und Bundesregierung so rasch gehandelt. „Die staatlichen Rettungsschirme kamen schnell und zur richtigen Zeit. So erhalten unsere Unternehmen die dringend benötigte Liquidität. Insbesondere die Hilfen der Bayerischen Staatsregierung für Unternehmen sind bundesweit vorbildlich.“
ibw – Informationszentrale der Bayerischen Wirtschaft e. V.
Max-Joseph-Straße 5
80333 München
Corona-Krise erreicht den Arbeitsmarkt
Rasanter Anstieg von Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit - „Die Corona-Krise hat den Arbeitsmarkt erreicht. Die Arbeitslosigkeit und die Kurzarbeit sind infolge des weitgehenden Shutdowns in vielen Wirtschaftsbereichen spürbar gestiegen. Auch in den kommenden Monaten wird der Arbeitsmarkt in sehr schwierigem Fahrwasser sein. Denn selbst wenn die Wirtschaft nach den vorsichtigen Lockerungen der Beschränkungen nun langsam wieder anläuft, werden viele Betriebe auf die nach wie vor schwierige Lage mit weiteren Personalanpassungen reagieren. Für das laufende Jahr gehen wir daher von einem Anstieg der Arbeitslosigkeit auf bis zu neun Prozent und einem Rückgang der Beschäftigung um bis zu 7.500 Arbeitsplätze aus.“ So kommentierte IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Heino Klingen die heute (30. April) von der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit vorgelegten Arbeitsmarktzahlen.
IHK Saarland
Franz-Josef-Röder-Straße 9 | 66119 Saarbrücken
VhU zu den Arbeitsmarktzahlen in Hessen im April 2020
Pollert: „Modernisierungsschub für Arbeitszeit auch über die Corona-Krise nutzen!“
Frankfurt am Main. Eine Rekordzahl von Betrieben hat Kurzarbeit angemeldet. Gleichzeitig ist die Zahl der Arbeitslosen im April sprunghaft um 23.000 auf rund 176.600 gestiegen. "Der Arbeitsmarkt ist in weiten Teilen der Wirtschaft in den Krisenmodus gegangen. Wir erleben aber auch in allen Bereichen von Wirtschaft und Gesellschaft, dass Arbeit, Lernen oder der private Austausch umgestellt werden auf digitale Kommunikation, flexible Arbeitszeiten und Homeoffice. Dazu haben auch die befristet gelockerten Arbeitszeitregeln beigetragen. Diesen Modernisierungsschub sollten wir auch über die Corona-Krise hinaus für die dringend benötigte Flexibilisierung unserer Arbeitswelt nutzen", erklärte Dirk Pollert, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände (VhU).
Flexibler Arbeitseinsatz und Arbeiten von zu Hause sind für viele buchstäblich über Nacht gekommen und stabilisieren das Wirtschaftsleben. Wie unter einem Brennglas legt die Krise offen, was funktioniert und wo es Nachholbedarf gibt. „Damit die Pandemie nicht in ein Unternehmenssterben bisher nicht gekannten Ausmaßes übergeht, ist jetzt der richtige Zeitpunkt, um überholte gesetzliche Arbeitszeitregeln zu modernisieren.“ In der Krise und danach müsse das starre deutsche Arbeitszeitrecht flexibilisiert werden. Richtigerweise sehe die Arbeitszeitverordnung seit dem 10. April befristet für einzelne Bereiche eine tägliche Höchstarbeitszeit von bis zu 12 Stunden, eine wöchentliche Höchstarbeitszeit von im Ausnahmefall über 60 Stunden sowie eine Absenkung der Ruhezeit - bei entsprechendem Ausgleich - auf 9 Stunden vor. „Diese Erleichterungen aber bereits zum 31. Juli 2020 wieder auslaufen zu lassen ist viel zu früh, denn nach allem was wir heute wissen, wird die pandemiebedingte Ausnahmesituation am Arbeitsmarkt leider noch deutlich länger dauern“, so der VhU-Hauptgeschäftsführer.
Auch nach der Krise muss es bei wesentlichen Lockerungen der Arbeitszeit bleiben, die auf die gesamte Wirtschaft ausgedehnt werden müssen. Vor allem muss die wöchentliche Höchstarbeitszeit bleiben. Per Tarifvertrag muss es möglich sein, die Ruhezeit von 11 auf 9 Stunden anzupassen und auf eine blockweise Unterteilung umzustellen. „Schädlich wäre allerdings noch mehr gesetzlicher Zwang, wie der vom Bundesarbeitsminister vorgeschlagene Anspruch auf Arbeiten im Homeoffice, zumal die Arbeitsorganisation in vielen Fällen – zum Beispiel in der Produktion – dies gar nicht zulässt. Vielmehr müssen weiterhin die betriebsindividuell passenden Regelungen zu Homeoffice oder mobilem Arbeiten einvernehmlich zwischen Arbeitgeber, Betriebsrat und Arbeitnehmer gefunden werden. Nur so entsteht die in einer modernen digitalisierten Arbeitswelt dringend notwendige Flexibilität, um alle Aufträge und Kundenwünsche pünktlich und in hoher Qualität zu erledigen und die innerbetriebliche Zusammenarbeit hierauf auszurichten", sagte Pollert.
Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände e. V. (VhU)
IHK zu Arbeitsmarktzahlen: Konjunkturpolitische Maßnahmen und Exitstrategie notwendiger denn je
Angesichts der erheblichen Auswirkungen der Corona-Krise auf den Berliner Arbeitsmarkt drängt die IHK Berlin auf die Erarbeitung einer Exitstrategie und flankierende konjunkturpolitische Maßnahmen. Auch Zuschüsse für den Mittelstand seien nun wichtiger denn je, so die IHK.
Die Folgen des Coronavirus wirken sich erheblich auf den Berliner Arbeitsmarkt aus: Die Nachfrage nach Arbeitskräften geht deutlich zurück, die Anzahl der Arbeitnehmer in Kurzarbeit erreicht mit 250.000 negative Rekordwerte, auch die Zahl der Menschen ohne Arbeit ist nach der positiven Entwicklung der letzten Jahre um mehr als 33.000 gegenüber dem Vorjahr gestiegen.
„Der Blick auf die Zahl der Menschen in Kurzarbeit lässt erahnen, um wie viel dramatischer die ohnehin schon dramatische Lage wäre, gäbe es nicht das wichtige Instrument der Kurzarbeit“, so IHK Präsidentin Beatrice Kramm. „Das darf aber nicht über den Ernst der Situation hinwegtäuschen. Berlin ist aufgrund seiner Wirtschaftsstruktur besonders betroffen: Der traditionell starke Dienstleistungssektor liegt am Boden. Umso wichtiger sind jetzt eine Corona-Exitstrategie für die gesamte Berliner Wirtschaft sowie flankierende konjunkturpolitische Maßnahmen bisher nicht gekannten Ausmaßes“, so Kramm. „Es muss alles getan werden, was hilft, den Berliner Arbeits- und Ausbildungsmarkt zügig wieder anzukurbeln.“
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