Leitartikel von Norbert Block zur Kritik von Papst Franziskus an der Kurie
Weimar (ots) - Papst Franziskus verteilt in diesem Jahr keine Weihnachtsgeschenke. Vielmehr schickt er seinen engen Beraterstab und die ganze römische Kurie mit einem Donnerwetter in die Festtage. "15 Krankheiten" hat er aufgelistet, die nach seiner Ansicht die Arbeit der päpstlichen Behörde massiv behindern.
Sich unsterblich fühlen, Rivalität und Eitelkeit, Schizophrenie, Gerüchte, Gemunkel und Tratsch, Vergötterung der Chefs, Gleichgültigkeit gegenüber anderen, geschlossene Zirkel und Prahlerei - die Deutlichkeit mit der das Oberhaupt der katholischen Kirche seine Mitarbeiter in den Senkel stellt, ist schon fast erschreckend. Die seit Jahrzehnten eingefahrene Bürokratie im Vatikanstaat will er aufbrechen. Jeder im Vatikan solle sich wieder seiner Berufung bewusst werden und nicht nach Macht, Einfluss und Insignien streben.
Nach diesem reinigenden Gewitter muss Papst Franziskus nun Taten folgen lassen. Sonst wird seine Autorität untergraben. Bisher setzte er auf Überzeugung. Das hat aber noch nicht gereicht. Erste Schlüsselpositionen besetzte er bereits im November neu. An der Spitze des obersten Gerichtshofs des Kirchenstaates setzte er beispielsweise einen konservativen US-Kardinal ab. Raymond Leo Burke gehörte wie der Präfekt der Glaubenskongregation, der Deutsche Gerhard Ludwig Müller, zu den fünf Kardinälen, die sich im Vorfeld der Familiensynode gegen Zugeständnisse der Kirche an geschiedene Katholiken ausgesprochen hatten. Auch für Müller dürfte es eng werden.
Die Papst-Rede dürfte auch auf Ergebnisse seiner Reformkommission zurückgehen. Dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, kommt dabei als einzigem Europäer in der Gruppe eine Schlüsselrolle zu. Wenn Ämter in Rom neu zu vergeben sind, dürfte er in die engere Wahl fallen. Vielen seiner römischen Kollegen gewährt der Papst aber noch eine kurze Zeit der Bewährung.
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