Als Christinnen und Christen verurteilen wir den Anschlag auf die Redaktion des Magazins Charlie Hebdo in Paris. Wir trauern um die Ermordeten, unser Mitgefühl gilt ihren Angehörigen. Keine Religion darf missbraucht werden, um Gewalt zu rechtfertigen. Dieser Anschlag trifft unser Selbstverständnis.
Wir leben in einer offenen Gesellschaft. In unserer Demokratie gelten Menschenrechte, Meinungsfreiheit und selbstverständlich auch Religionsfreiheit. Auf diesen Werten gründet sich unsere Wertegemeinschaft in Europa, diese Werte wurden durch das Attentat angegriffen.
Der Schriftsteller Navid Kermani drückt dies so aus:
„Das ist nicht nur ein Anschlag auf eine Zeitschrift und auch nicht nur auf die Kunst. Das ist ein Anschlag auf ein Europa, das den Menschen ungeachtet ihres Geschlechts, ihres Glaubens, ihrer Herkunft, ihrer sexuellen Orientierung Würde, Freiheit und gleiche Rechte zuspricht auch und zumal den Muslimen. Tun wir, was den Tätern am meisten missfällt und den Opfern am meisten entspricht: Bleiben wir frei.“
Die Attentäter handeln nicht im Namen des Islam. Als Christinnen und Christen müssen wir widersprechen, wenn Religionen nicht nach ihrem Selbstverständnis beurteilt, sondern auf Pervertierungen reduziert werden.
Dies hat der Zentralrat der Muslime auch sehr deutlich gesagt:
„Es gibt in keiner Religion und keiner Weltanschauung auch nur einen Bruchteil einer Rechtfertigung für solche Taten. Dies ist ein feindlicher und menschenverachtender Akt gegen unsere freie Gesellschaft. Durch diese Tat wurde nicht unser Prophet gerächt, sondern unser Glaube wurde verraten und unsere muslimischen Prinzipien in den Dreck gezogen.“
In unserer Gesellschaft leben Menschen mit verschiedenen Überzeugungen, Weltanschauungen und Religionen zusammen. Wir müssen uns dem Dialog stellen, auskunfts- und sprachfähig sein, über das, was uns in unserem Glauben wichtig ist. Dazu gehört es aber auch, dass wir hinterfragt werden, auch durch Satire. Dies hält der Glaube aus und muss es aushalten.
Aufklärung und Sprachfähigkeit in Sachen Glaube und Religion sind deshalb nötig. Deshalb hat unsere Kirche einen Bildungsauftrag in einer multireligiösen Gesellschaft. Eins ist klar: Gewalt darf niemals eine Antwort sein.
Ich danke deshalb heute insbesondere all jenen, die sich seit vielen Jahren vor Ort in den Gemeinden um ein angstfreies Begegnen von Christinnen und Christen mit Musliminnen und Muslimen bemühen.
Die Gefahren durch Terrorismus gilt es mit allen Mitteln des Rechtsstaates zu bekämpfen. Bei der Prävention können wir als Kirche gemeinsam mit den muslimischen Organisationen einiges tun. Ich begrüße es, dass auch mehr und mehr muslimische Gemeinden in der Öffentlichkeit erkennbar der Frage nachgehen, worin eigentlich ihre Verantwortung besteht, wenn Jugendliche an extremistische Gruppen verloren gehen.
Die diffusen Ängste in der Bevölkerung müssen wir ernst nehmen, indem wir auch für Menschen ansprechbar bleiben, die z. B. verunsichert werden durch sich schnell verändernde Stadtteile, ansprechbar für ihre Unsicherheit, ihre Sorgen und auch für die mitunter aufkommenden Fremdheitsgefühle. Wer aber aufgrund des Attentates Muslime und Musliminnen nun ausgrenzt, gibt den Attentätern nachträglich Recht und verleugnet unsere plurale Gesellschaft.
Als Christinnen und Christen stehen wir für den Dialog ein – und für die Freiheit der Gesellschaft, in der wir leben.
Evangelische Kirche im Rheinland
Hans-Böckler-Straße 7, 40476 Düsseldorf,