Ortlieb: "EU-Klimaziel auf minus 55 Prozent bis 2030 zu verschärfen bedeutet Verfünffachung der von 1990 bis 2020 geleisteten Minderung: Das ist kaum umsetzbar. Schon das bisherige Ziel von minus 40 Prozent ist hoch ambitioniert!" "Den Ausstoß von Treibhausgasen bis 2030 um 55 Prozent gegenüber 1990 zu senken, bedeutet eine Verfünffachung der bis 2020 erbrachten Minderungsleistung innerhalb von nur zehn Jahren. Dies ist unter den derzeitigen ökonomischen und politischen Gegebenheiten in der EU – gerade nach der Corona-Krise – kaum umsetzbar", erklärte Dr. Birgit Ortlieb, Vorsitzende des VhU-Energieausschusses, anlässlich der heutigen Ankündigung der Präsidentin der Europäischen Kommission, das EU-Klimaziel für 2030 von minus 40 Prozent auf mindestens minus 55 Prozent verschärfen zu wollen.
Zur Erreichung des Klimaziels 2020 (minus 20 Prozent gegenüber dem Jahr 1990) betrug die durchschnittliche Minderungsleistung zwischen 1990 und 2020 rund 33 Millionen Tonnen Treibhausgase (THG) pro Jahr. Für die zusätzliche Minderung um weitere 20 Prozentpunkte auf minus 40 Prozent bis 2030 muss die Minderungsleistung in den nächsten zehn Jahren auf 98 Millionen Tonnen THG pro Jahr verdreifacht werden – innerhalb von nur einem Drittel der Zeit. Für eine Minderung von minus 55 Prozent, wie von der Europäischen Kommission nun vorgeschlagen, müsste der Ausstoß von Treibhausgasen durchschnittlich um 172 Millionen Tonnen pro Jahr gemindert werden.
"Schon das bisherige Ziel von minus 40 Prozent ist hoch ambitioniert. Eine weitere Verschärfung erhöht das Risiko, dass Emissionen lediglich in andere Regionen verlagert werden. Insbesondere die Industrie in Europa ist durch internationale Wettbewerber mit niedrigeren Klimaschutz-Standards in ihrer Existenz bedroht", mahnt Dr. Ortlieb. Aus diesem Grund sei es wichtig, Klimaziele nicht nur naturwissenschaftlich zu beurteilen, sondern auch die politische und ökonomische Umsetzbarkeit zu sichern.
Dr. Ortlieb: "Der ‚green deal‘ kann nur dann ökologisch effektiv sein, wenn er global die großen Emittenten dazu animiert, sich auf weltweite CO2-Reduktionsziele zu einigen. Führt die Klimapolitik der EU dazu, dass die Emissionen lediglich in andere Regionen mit weniger strengen Klimaschutzauflagen verlagert werden, bleibt der globale Gesamtausstoß gleich. Die klimapolitische Maßnahme bliebe ohne ökologische Wirkung." Nur wenn Klimaschutz zu Investitionen, Wachstum und Wohlstand führt, wird er international Nachahmer finden.
Bislang fokussiere sich der "green deal" vor allem auf eine Verschärfung der bestehenden und im internationalen Vergleich bereits ambitionierten Klimaziele. Dr. Ortlieb: "Statt sich in Zieldiskussionen zu verheddern, sollten Perspektiven her, d.h. der Fokus muss auf die Auswahl geeigneter Instrumente gelegt werden, wie die Treibhaugasreduktion ökologisch effektiv und ökonomisch effizient erreicht werden kann."
Bildquelle: BDI 2020: Verschärfung des 2030 Klimaziels der EU in Tonnen
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