15.06.2022 - Nachdem die ZVEH-Jahrestagung als Präsenzveranstaltung zwei Jahre lang pandemiebedingt ausgefallen war, kamen die Elektrohandwerke und ihre Partner aus Industrie und Großhandel vergangene Woche in Wiesbaden zusammen. In der hessischen Landeshauptstadt ließ die Branche die letzten Monate Revue passieren und tauschte sich über bevorstehende Herausforderungen aus. Große Themen waren dabei der Fachkräftemangel und die Lieferengpässe, aber auch digitale Projekte und das Thema Datenökonomie. Bereits 2020 hatte Wiesbaden als Veranstaltungsort für die Jahrestagung der Elektrohandwerke dienen sollen, doch dann kam Corona und die Jahrestagung als Präsenzveranstaltung fiel aus – sowohl 2020 als auch 2021. Umso glücklicher waren die Delegierten aus den Bundesgremien, dass die Jahrestagung 2022 endlich wieder in alter Form stattfinden konnte. Drei Tage lang, vom 8. bis zum 10. Juni, kamen sie in der hessischen Landeshauptstadt zusammen, um dort ihre Mitgliederversammlung, Gremiensitzungen, Fachbereichssitzungen und die traditionelle Öffentliche Festveranstaltung sowie den Festabend mit Verleihung der E-Markenpartner-Preise abzuhalten. Auch die Gesellschafterversammlung der ArGe Medien im ZVEH sowie der E-Markenbeirat tagten während dieser Zeit in Wiesbaden.
An den Sitzungen und Veranstaltungen nahmen auch hochrangige Vertreter aus Partner-Verbänden, aus der Elektroindustrie, dem Elektro-Großhandel und relevanten Instituten teil, darunter Prof. Dr. Friedrich Hubert Esser, Präsident des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB), Daniel Hager, Vorsitzender des Fachverbandes Elektroinstallationssysteme im ZVEI, sowie Thomas Moczigemba, Vorstandsmitglied des Bundesverbandes des Elektro-Großhandels (VEG) e.V.
Blick auf künftige Herausforderungen
In seiner Eröffnungsansprache zur Mitgliederversammlung ließ ZVEH-Präsident Lothar Hellmann Entwicklungen und Herausforderungen der vergangenen zwei Jahre Revue passieren, um dann darauf einzugehen, in wie vielen Bereichen sich die E-Handwerke eingebracht und für ihre Mitgliedsbetriebe stark gemacht hätten. Er machte aber auch deutlich, welche Rolle den E-Handwerken zukünftig zukommt und welche Herausforderungen damit verbunden sind: „Die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass wir systemrelevant sind und wir werden auch im Hinblick auf Energiewende und Digitalisierung eine wichtige Schlüsselrolle innehaben.“
Zu den alles beherrschenden Themen zählte, neben den weiter anhaltenden Lieferverzögerungen und Materialengpässen, auch der Fachkräftemangel. Lothar Hellmann verwies hier noch einmal darauf, dass die E-Handwerke seit Jahrzehnten kontinuierlich gewachsen seien und ihre Marktkraft hätten ausbauen können. So konnte auch 2021 ein Wachstum bei den Beschäftigten (518.176) und beim Umsatz (72,2 Mrd. Euro) verzeichnet werden. Einen Zuwachs gab es darüber hinaus bei der Zahl der Auszubildenden (45.808) sowie bei den Neuverträgen (15.122) für das Ausbildungsjahr 2021. „Die E-Handwerke“, so der ZVEH-Präsident, „gehören in Deutschland zu den ausbildungsintensivsten Branchen. Aber um weiter in der Wachstumsspur bleiben zu können, brauchen wir die entsprechenden politischen Rahmendaten!“
Lothar Hellmann erinnerte in diesem Zusammenhang nicht nur an den Forderungskatalog, den die E-Handwerke erstellt und in Richtung Bundesregierung kommuniziert hätten, sondern auch an eine gemeinsame Aktion mit der IG Metall und anderen Handwerksverbänden. Die elektrohandwerkliche Organisation habe alles in ihrer Macht Stehende getan, um die Weichen für ein weiteres Wachstum zu stellen, machte Hellmann deutlich und verwies dabei auch auf die Neuordnung der Ausbildungsberufe und die Schaffung des neuen Berufes Elektroniker/-in für Gebäudesystemintegration, die dazu beigetragen hätten, die elektrohandwerkliche Ausbildung noch attraktiver zu machen.
E-Marke auf Wachstumskurs
Erfreuliche Nachrichten hatte auch Hans Auracher, ZVEH-Vizepräsident und Vorsitzender der ArGe Medien im ZVEH, im Gepäck. Er berichtete von weiteren Neuzugängen bei der E-Marken-Partnerschaft. So sei das Qualitätsbündnis der E-Handwerke in den vergangenen 24 Monaten stark gewachsen und zähle derzeit 71 Partner. „Wir haben hier“, so Auracher, „eine Marke mit enormem Wert geschaffen.“ Besonders erfreulich aus Aurachers Sicht: „Wir registrieren, dass sich auch immer mehr Unternehmen um eine Partnerschaft bewerben, die aus Bereichen kommen, die über die klassischen Industriekontakte hinausgehen und die ganz neue Dienstleistungen vertreten. Das bereichert unser Bündnis.“
Wahl eines neuen Hauptgeschäftsführers
Auf der Tagesordnung der Mitgliederversammlung stand zudem die Wahl eines neuen ZVEH-Hauptgeschäftsführers. Denn Ingolf Jakobi, seit 1993 in der ZVEH-Geschäftsführung und seit 2004 Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes, geht zum 31. Dezember 2022 in den Ruhestand. Zur Wahl gestellt hatte sich Alexander Neuhäuser, stellvertretender Hauptgeschäftsführer, der in seiner Ansprache an die Delegierten noch einmal Meilensteine seiner Zeit als Geschäftsführer „Recht und Wirtschaft“ wie den Kampf um den Meistervorbehalt oder die Schaffung eines Netzwerks Digitalisierung und einer Projektgruppe zur Reformierung der Beitragsstruktur im Verband Revue passieren ließ, gleichzeitig aber ganz klar neue Zielmarken für sich und die elektrohandwerkliche Organisation absteckte. „Um zu wenig Arbeit müssen wir uns keine Sorgen machen. Im Gegenteil. Umso wichtiger ist es jedoch, dass wir unabhängig bleiben. Denn die E-Handwerke sind ein attraktiver Partner. Dass wir das weiterhin bleiben, daran möchte ich mit meinem ganzen Herzen und meiner ganzen Leidenschaft mitarbeiten.“ Neuhäuser wurde einstimmig gewählt.
Gewerkegrenzen überwinden
Im Rahmen der Öffentlichen Festveranstaltung kamen dann auch Prof. Dr. Friedrich Hubert Esser, Präsident des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB), Daniel Hager, Vorsitzender des Fachverbandes Elektroinstallationssysteme im ZVEI, und Thomas Moczigemba, Vorstandsmitglied des Bundesverbandes des Elektro-Großhandels (VEG) e.V. zu Wort. Moczigemba beschwor in seiner Rede die Stärke des dreistufigen Vertriebs, verwies auf das große Sanierungspotential im Gebäudebestand und schloss dann in Richtung der elektrohandwerklichen Partner mit den Worten: „Wir wollen gemeinsam Vorreiter für alle Dinge rund um die E-Technik sein!“ Daniel Hager appellierte an die Partner im dreistufigen Vertrieb, Potentiale, die die derzeitige Entwicklung biete, zusammen auszuspielen, machte aber auch deutlich, dass die Zukunft für ihn unbedingt in einer gewerkeübergreifenden Zusammenarbeit liegt: „Wir müssen schnell die intelligente Vernetzung vorantreiben, statt in alten Gewerkegrenzen zu verharren.“
Gleichwertigkeit von akademischer und beruflicher Bildung noch nicht Realität
Prof. Dr. Friedrich Hubert Esser schließlich lieferte in seiner fast einstündigen Rede eine interessante Bestandsaufnahme des dualen Systems in Deutschland und legte dabei schonungslos Defizite in der Bildungspolitik offen. „Die politischen Signale für eine Gleichwertigkeit von akademischer und beruflicher Bildung fehlen“, so Esser, der die mangelhafte Durchlässigkeit des Systems kritisierte und deutlich machte, warum die oft eingeforderte Gleichwertigkeit hierzulande noch immer nicht Realität ist. Mit seinem Appell Richtung Politik, hier mehr Einsatz zu zeigen und die berufliche Bildung stärker zu fördern, erntete er tosenden Applaus: „Es kann doch nicht sein, dass in Deutschland an jeder Ecke neue Fachhochschulen entstehen und wir müssen um jeden Cent für unsere Bildungszentren kämpfen!“
Fünf Goldene Ehrennadeln
Natürlich durfte auch eine wichtige Tradition der Jahrestagungen nicht fehlen: die Ehrungen. So wurden im Rahmen der Öffentlichen Festveranstaltung Maria Hasselman, frühere Objektleiterin der Light + Building, der ehemalige VEG-Vorstandsvorsitzende Holger Heckle, der langjährige ZVEH-Normenbeauftragte Burkhard Schulze, der frühere ZVEH-Vizepräsident Christoph Hansen und Bernd Dechert, früherer ZVEH-Geschäftsführer Technik und Berufsbildung, mit der Goldenen Ehrennadel ausgezeichnet (s. dazu auch gesonderte Pressemitteilung zu einem späteren Zeitpunkt).
Geehrt wurden darüber hinaus vier Bundessieger aus den Deutschen Meisterschaften der E-Handwerke 2021: Maximilian Hanol, Bundessieger im Bereich „Elektroniker/-in Fachrichtung Energie- und Gebäudetechnik“, Marvin Scharm, Bundessieger im Bereich „Elektroniker/-in Fachrichtung Informations- und Telekommunikationstechnik“, Michael Jurke, Bundessieger im Bereich „Elektroniker/-in für Maschinen und Antriebstechnik“, Jan Rauschenbach, Bundessieger im Bereich „Informationselektroniker/-in Schwerpunkt Bürosystemtechnik“ sowie Lukas Harder, Bundessieger im Bereich „Systemelektroniker/-in“.
Zwei Vertragsunterzeichnungen
Im Rahmen der Jahrestagung wurden zudem zwei wichtige Vertragsverlängerungen unterzeichnet: mit der Messe Frankfurt für die Weltleitmesse Light + Building sowie mit dem Zentralverband Sanitär Heizung Klima (ZVSHK) zur Verbändevereinbarung und dem Eintrag ins Installateurverzeichnis (zu beiden s. auch gesonderte Pressemitteilung vom 10. Juni).
Die nächste ZVEH-Jahrestagung findet vom 31. Mai bis 2. Juni 2023 in Bonn statt.
Der ZVEH: Der Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke (ZVEH) vertritt die Interessen von 49.592 Unternehmen aus den drei Handwerken Elektrotechnik, Informationstechnik und Elektromaschinenbau. Mit 518.176 Beschäftigten, davon 45.808 Auszubildende, erwirtschaften die Unternehmen einen Jahresumsatz von 72,2 Milliarden Euro. Dem ZVEH als Bundesinnungsverband gehören zwölf Landesverbände mit 313 Innungen an.
Zentralverband der Deutschen Elektro- und
Informationstechnischen Handwerke (ZVEH)
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