Konjunktur kühlt ab: Die konjunkturelle Dynamik Berlins hat im Herbst 2019 weiter nachgelassen. Zu diesem Ergebnis kommt die repräsentative Konjunkturumfrage von Handwerkskammer Berlin und IHK Berlin, für die mehr als 1.000 Berliner Unternehmen und Handwerksbetriebe befragt wurden. Demnach fällt der Geschäftsklimaindex von 143 Punkten im Vorjahr auf aktuell 119 Punkte. Ursachen sind die verschlechterte Auftragslage in der Industrie und bei den unternehmensnahen Dienstleistern sowie über alle Branchen hinweg skeptischere Zukunftserwartungen. Anders als in den anderen Bundesländern sehen Berliner Unternehmen vor allem in den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen am Standort Berlin das größte Risiko für die Geschäftsentwicklung. Die Wirtschaft ist zunehmend verunsichert: Für 67 Prozent der Unternehmen ist die aktuelle Wirtschaftspolitik in Berlin ein Risiko für ihre Entwicklung – nie zuvor waren so viele Unternehmen dieser Meinung (Vorjahr: 45 Prozent). In den vergangenen Jahren hatten Berliner Unternehmen den Fachkräftemangel als größtes Risiko eingestuft. Dieser liegt nun auf Platz zwei.
Der Geschäftsklimaindex setzt sich zusammen aus der derzeitigen Geschäftslage und der Einschätzung der künftigen Geschäftsentwicklung. Der Blick auf die aktuelle Lage belegt, dass die Geschäftsdynamik seit einigen Monaten an Schwung verliert, aber nicht zum Stillstand kommt. Der Indikator für die Geschäftslage liegt jedoch mit 39 Punkten deutlich unter dem Vorjahreswert (61 Punkte). Dabei zeigen sich signifikante Unterschiede zwischen den Branchen. Während sich die Geschäfte in der Industrie und bei den industrienahen Dienstleistern teils deutlich eintrüben, ist die Nachfrage im Einzelhandel und Gastgewerbe weiterhin hoch. Sinkende Arbeitslosigkeit, gestiegene Löhne und niedrige Zinsen sorgen dort weiterhin für gute Umsätze. Auch im Baugewerbe und Handwerk florieren die Geschäfte, da die Auftragsbücher bis ins erste Quartal des nächsten Jahres noch gut gefüllt sind.
Alle Branchen rechnen damit, dass die Konjunktur in den nächsten Monaten abbremst. Der Erwartungsindikator, der sich aus optimistischen und pessimistischen Prognosen berechnet, fiel von 28 Punkten im Herbst 2018 auf nur noch zwei Punkte im Herbst 2019.
Ähnlich skeptisch war die Wirtschaft zuletzt im Herbst 2009, ein Jahr nach der Lehman-Pleite. Insbesondere im Bau- und Immobiliengewerbe zeigen sich die Unternehmen skeptisch bis pessimistisch. In den übrigen Branchen erwartet man zwar weniger heftigen Gegenwind – eine rasche konjunkturelle Erholung hält jedoch keine Branche für wahrscheinlich.
Entsprechend dieser Erwartungen sind die Personal- und Investitionsplanungen rückläufig. Die Unternehmen erwarten keine neuen Nachfrageimpulse in den kommenden Monaten, die den Aufbau von Kapazitäten rechtfertigen könnten.
Jan Eder, Hauptgeschäftsführer der IHK Berlin:
„Im Herbst 2019 sehen sich die Berliner Unternehmen erstmals seit fast einem Jahrzehnt wieder mit der Gefahr eines Abschwungs und sinkendem Wachstum konfrontiert. Daran hat leider auch die Berliner Politik ihren Anteil, denn 67 Prozent der Unternehmen sehen in der aktuellen Wirtschaftspolitik ein Risiko für ihre unternehmerische Entwicklung. Das ist alarmierend. Die sich eintrübende Konjunktur und internationale Handelskrisen machen den Unternehmen schon genug zu schaffen. Aber statt hier die Betriebe durch stabile Rahmenbedingungen zu unterstützen, verschärft die Berliner Politik die Lage noch durch hausgemachte Konjunkturrisiken wie den Mietendeckel. Die aktuellen Ergebnisse sollten Anlass genug für einen Richtungswechsel sein, damit Berlins Unternehmen weiter für Umsätze, Arbeitsplätze und sprudelnde Steuereinnahmen sorgen können."
Jürgen Wittke, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Berlin:
„Der vom Berliner Senat beschlossene Mietendeckel ist aktuell das zentrale Thema der Handwerkskammer in der Hauptstadt. Noch haben die Handwerksbetriebe gut gefüllte Auftragsbücher, die ihnen Arbeit für gut elf Wochen sichern. Die Erwartungen aber haben sich deutlich eingetrübt. Besonders die Betriebe aus dem Bau- und Ausbauhandwerk sehen jetzt schon die negativen Auswirkungen des Mietendeckels. Die Handwerksbetriebe erwarten Umsatzverluste in Millionenhöhe. Die Entwicklung der Mieten ist ein Problem in Berlin. Der Mietendeckel schafft aber keine einzige neue Wohnung, sondern sorgt lediglich für einen konjunkturellen Abschwung im Handwerk. Wir fordern die Politik auf, nicht gegen die berechtigten Interessen der Berliner Betriebe zu handeln.“
Weitere Informationen: www.ihk-berlin.de/konjunktur
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