11.10.2022 - Das Krisenmanagement der Bundesregierung in der Energiekrise erfolgt nicht nur zu spät, sondern vernachlässigt kleine und mittlere Unternehmen (KMU) – mal wieder! Die Vorschläge stellen aus Sicht des Deutschen Mittelstands-Bunds (DMB) in der Summe lediglich kostenintensive Maßnahmen zur Beruhigung und nicht zur Heilung dar. Gestern hat die Expertenkommission für Gas und Wärme Maßnahmen im Kampf gegen die hohen Gaspreise empfohlen. Doch bereits im Frühjahr dieses Jahres war klar, dass die Energiepreise spätestens im Herbst explodieren und eine Belastung für KMU darstellen werden. „Genau wie bei der Corona-Pandemie erfolgt das Krisenmanagement der Bundesregierung viel zu spät und unkoordiniert. Und auch die Hilferufe der KMU werden weiterhin nicht ausreichend ernst genommen und berücksichtigt“, kritisiert DMB-Vorstand Marc S. Tenbieg. Schwerwiegende Folgen für die deutsche Wirtschaft drohen Der konkrete Abwehrschirm der Regierung muss die ernste Situation und die Bedürfnisse der KMU stärker berücksichtigen.
„KMU stellen rund 99 % der Unternehmen in Deutschland dar. Trotzdem sitzen in der Kommission keine Mittelstandsvertreter. Vergisst die Regierung weiterhin den Mittelstand, wird das schwerwiegende Folgen für die deutsche Wirtschaft haben“, mahnt Tenbieg. „Die einmalige Übernahme der Abschlagszahlung im Dezember kommt zu spät und ist nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. KMU brauchen Planungssicherheit und letztendlich auch einen ehrlichen Fahrplan, wie die Energiekrise strukturell überwunden werden soll und vor allem wie lange es dauern wird.“ Tenbieg schlägt in einem ersten Schritt vor: „Neben einer schnelleren Umsetzung muss die Kostenübernahme auf Basis des Verbrauchs im selben Monat des Vorjahres erfolgen. Viele Unternehmen haben mittlerweile ihre Produktion gedrosselt, da sie die Kosten nicht mehr an ihre Kunden weitergeben können.“
Auch bietet die reine Kostenübernahme keine Sparanreize: „Deutschland muss gerade in der Krise zusammenhalten, Solidarität zeigen und den Gasverbrauch nachhaltig reduzieren. Erst mit der im März kommenden Deckelung des Gaspreises erfolgen auch die vom DMB geforderten Sparanreize. Nicht nur der Industriegaspreis, sondern auch der gedeckelte Gaspreis für KMU muss ab Januar greifen. Wären entsprechende Maßnahmen zur Bewältigung der Energiepreiskrise bereits vor Monaten vorbereitet worden, hätte man keine wertvolle Zeit verloren und vielleicht auch einen richtigen Masterplan anstatt einer ständigen kostenintensiven Flickschusterei.“ Alles nur eine Frage des Gaspreises? Maßnahmen gegen die stark ansteigenden Strompreise fehlen derzeit gänzlich. Doch nicht nur die Gaspreise explodieren, auch die Strompreise stellen eine enorme Kostenbelastung dar. „Die Ampel-Regierung muss jetzt auch zügig Maßnahmen gegen die hohen Strompreise auf den Weg bringen – effektiv, zeitnah und auf KMU abgestimmt!“, fordert Tenbieg.
Der Deutsche Mittelstands-Bund (DMB) e.V. ist der Bundesverband für kleine und mittelständische Unternehmen
in Deutschland. Der DMB wurde 1982 gegründet und sitzt in Düsseldorf. Unter dem Leitspruch "Wir machen uns
für kleine und mittelständische Unternehmen stark!" vertritt der DMB die Interessen seiner rund 25.000
Mitgliedsunternehmen mit über 500.000 Beschäftigten.
Deutscher Mittelstands-Bund (DMB) e.V.
Grafenberger Allee 128 a
40237 Düsseldorf
www.mittelstandsbund.de - www.mittelstandswirtschaft.de
Gaskostenentlastung - Dr. Ortlieb: „Pragmatischer Mix aus Schnelligkeit, Wirksamkeit und Erhalt von Einsparanreizen“.
Wirtschaft lobt Vorschläge der Expertenkommission
11.10.2022 - Als „pragmatischen Mix aus Schnelligkeit, Wirksamkeit und Erhalt von Einsparanreizen“ wertet die Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände (VhU) die Vorschläge der Expertenkommission Gas und Wärme, die heute ihren Zwischenbericht vorgelegt hat.
„Die Vorschläge sind klug durchdacht und adressieren viele der Probleme, die große, mittlere und kleine Unternehmen gegenüber stehen. Die Lösungsvorschläge erscheinen machbar und bürokratiearm zu sein. Das Volumen von rund 91 Mrd. Euro ist der Dramatik der Lage angemessen. Nun gilt es, die Detailfragen der Umsetzung im intensiven Dialog mit Energieversorgern, Vermietern und Hausverwaltern zu klären“, sagte Dr. Birgit Ortlieb, Vorsitzende des Energieausschusses der VhU, in einer ersten Bewertung.
Die Kommission schlägt der Bundesregierung eine Gaskosten-Entlastung für rund 25 Mio. private Haushalte, kleine Gewerbebetriebe und Dienstleister im Umfang von 66 Mrd. Euro bis Frühjahr 2024 vor. Dafür soll den Gaskunden die Abschlagszahlung im Dezember 2022 erlassen werden, und der Gasendkundenpreis (inkl. aller Bestandsteile) soll auf 12 Cent je Kilowattstunde (kWh) für ein Kontingent von 80 Prozent des Verbrauchs begrenzt werden – im Zeitraum März 2023 bis April 2024.
Hinzu soll eine Gaskosten-Entlastung für 25.000 Industriebetriebe, die jeweils mehr als 1,5 Mio. kWh pro Jahr verbrauchen, im Umfang von 25 Mrd. Euro bis Frühjahr 2024 kommen. Der reine Beschaffungspreis der Industrie (ohne Netzumlagen, Steuern oder Abgaben) soll auf 7 Cent/kWh begrenzt werden ab 1. Januar 2023 für eine Gasverbrauchsmenge, die 70 Prozent des Jahresverbrauchs von 2021 entspricht.
Die „Kommission Erdgas und Wärme“ ist ein unabhängiges Gremium und besetzt mit Experten aus Wirtschaft, Gewerkschaften, Wissenschaft und Nichtregierungsorganisationen. Den Vorsitz der Kommission teilen sich Prof. Dr. Veronika Grimm (Mitglied im Sachverständigenrat der Bundesregierung, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg), Prof. Dr.-Ing. Siegfried Russwurm (Präsident Bundesverband der Deutschen Industrie) und Michael Vassiliadis (Vorsitzender Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie).
Den Zwischenbericht finden Sie auf unserer Website: Gaskostenentlastung - VHU
VhU
Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände e. V.
Emil-von-Behring-Straße 4
60439 Frankfurt
10. Oktober 2022
Gaspreisbremse bringt keine Verbrauchswende – Investitionsimpuls notwendig
Berlin. Die Mitglieder der von Bundeskanzler Olaf Scholz einberufenen Gaskommission haben sich über das Wochenende auf erste Eckpunkte für eine Gaspreisbremse geeinigt. Der Zwischenbericht der Kommission schlägt eine Zwei-Stufen-Lösung vor, um die Mehrbelastungen durch die gestiegenen Gaspreise für Haushalte und Unternehmen zu reduzieren. Die Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz (DENEFF) kritisiert, dass in dem Vorschlag konkrete investive Komponenten für energetische Modernisierungen für Gebäude und Unternehmen fehlen. Nur dadurch könne aber der Energieverbrauch langfristig reduziert und Verbrauchskosten dauerhaft gesenkt werden.
Die Kommission schlägt vor, dass Haushalte und Gewerbe zunächst eine Einmalzahlung in Höhe einer monatlichen Gasrechnung erhalten. Erst in einer zweiten Phase ab März oder April würde eine Gaspreisbremse für Haushalte und Gewerbe eingeführt, für die Industrie schon ab Januar. Damit Anreize zum Energiesparen erhalten bleiben, sollen nur 80 Prozent des prognostizierten Verbrauchs von Haushalten und Gewerben staatlich gefördert werden, während für die restlichen 20 Prozent der volle Marktpreis gilt – für die Industrie sind es 70 Prozent.
Laut der DENEFF zeige sich jedoch in der aktuellen Lage, dass insbesondere private Verbraucher kaum auf Preissignale reagieren, Unternehmen Investitionen in Klimaschutz sogar zurückstellen. Der Verband fordert daher, dass im Rahmen des Sondervermögens im Umfang von 200 Mrd. Euro neben den notwendigen kurzfristigen Entlastungen vor allem Investitionen in Energieeffizienzmaßnahmen zur dauerhaften Verbrauchsminderung vorgenommen werden. Auch die Aufstellung eines ergänzenden Investitionspakets in gleichem Umfang sei denkbar.
Martin Bornholdt, geschäftsführender Vorstand der DENEFF:
“Wenn es nicht gelingt, die Verbrauchswende durch strukturelle Investitionen in energieeffizientere Gebäude, Anlagen und Infrastruktur einzuleiten, droht eine Verschärfung der Mangellage und im nächsten Jahr muss das nächste sogenannte Entlastungspaket verabschiedet werden, das von unseren Kindern abbezahlt werden muss." resümiert Bornholdt. "Kurzfristige Entlastungen für vulnerable Gruppen sind wichtig für den sozialen Frieden und die wirtschaftliche Handlungsfähigkeit. Sie lösen aber das Problem nicht. Das geht nur, wenn wir in die Unabhängigkeit von fossilen Energieimporten investieren.”
Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz e.V. (DENEFF)
Kirchstraße 21 – 10557 Berlin