Konjunktur - Wir blicken auf ein Jahr der Rekorde zurück: Unsere Umfragen zeigten 2016 ein besseres konjunkturelles Stimmungsbild als jemals zuvor, das Geschäftsklima im Handwerk erreichte ein neues Allzeithoch. Die wirtschaftliche Entwicklung des Handwerks war 2016 noch einmal deutlich besser als in der Gesamtwirtschaft. Wir gehen davon aus, dass die Umsätze im Handwerk um insgesamt 3 ½ Prozent gewachsen sind, während das deutsche BIP um ebenfalls gute 1,9 Prozent zulegen konnte.
Gut liefen die Geschäfte insbesondere in den Bau- und Ausbaugewerken, aber auch die Lebensmittel- und Kfz- Handwerke profitierten von der guten Einkommensentwicklung der Verbraucher. Die Betriebe suchen händeringend nach Personal, um ihre hohen Auftragsbestände abarbeiten zu können. Dabei stoßen sie in einigen Branchen und Regionen zunehmend auf Engpässe bei der Verfügbarkeit von Fachkräften und Auszubildenden. Diese Engpässe haben sicherlich auch bremsend auf die handwerkliche Konjunktur gewirkt. Hätten die Betriebe Fachkräfte und Auszubildende in der benötigten Zahl beschäftigen können, wäre also sogar ein noch höheres Wachstum möglich gewesen.
Konjunkturaussichten - Für 2017 erwarten wir, dass sich die gute wirtschaftliche Lage des Handwerks erneut bestätigen wird, auch wenn unsere Betriebe nicht mehr ganz so dynamisch wachsen werden. 2017 rechnen wir mit etwa 2 ½ Prozent Umsatzwachstum im Handwerk. Stütze der Konjunktur im Handwerk bleibt dabei die anhaltend gute Binnenkonjunktur. Das niedrige Zinsniveau und
gestiegene Reallöhne lassen die Konsumfreude auf ihrem hohen Niveau verbleiben. Auch die Wohnungsbauaktivitäten in den Ballungsräumen werden voraussichtlich noch einmal moderat zulegen. Im Blick behalten müssen wir die globalen Risiken, die sich beispielsweise aus dem wieder erstarkenden Protektionismus in den USA für den Welthandel ergeben. Die deutsche Volkswirtschaft ist auf offene Märkte angewiesen. Ein globaler Konjunktureinbruch würde dementsprechend auch nicht spurlos an der deutschen Binnenkonjunktur und damit dem Handwerk vorbeigehen. Derzeit beurteilen wir die Geschäftsaussichten der Handwerksbetriebe aber insgesamt weiter als hervorragend.
Forderungen vor der Bundestagswahl - Das Handwerk steht für Beständigkeit im Wandel. 1 Million Handwerksbetriebe erwarten deshalb eine Politik, die den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Deutsch-
land festigt, und einen modernen Staat, der soziale Sicherheit chancengerecht und zukunftsfest gestaltet. Eine Politik, die den Herausforderungen einer global, europäisch, national und regional ver-
netzten Welt gerecht wird. Das heißt zum Beispiel: Handwerk muss einen gleichberechtigten Zugang zur vernetzten Welt erhalten. Handwerk bildet gerne Flüchtlinge aus, aber braucht auch ein Einwanderungsrecht, das KMU hilft. Und wir müssen die Basis des Handwerks weiterentwickeln, die berufliche Aus- und Weiterbildung.
Ausbildung - Eine höhere Berufsbildung ist unabdingbar, mit dem BerufsAbitur als wichtigstem Element und eine der akademischen Bildung vergleichbare Finanzierung. Wichtig ist auch eine neue Unter-
nehmenskultur, die schon frühzeitig vermittelt wird. Start-ups sind doch nicht nur eine Sache für abgebrochene Studenten, Meisterinnen und Meister des Handwerks legen viel nachhaltigere
Gründungen hin. Ihre Produkte und Dienstleistungen sind auch durch die Bank spannender und vielfältiger als etwa eine modifizierte Logistik beim dritten oder vierten Essenslieferant. Viele Handwerksbetriebe sind ja bereits weit fortgeschritten und erfolgreich auf dem Weg ins digitale Zeitalter, um sich als Innovationstreiber in ihrer Branche zu behaupten und neue Märkte zu erschließen: etwa in der Energieversorgung und Energieeffizienz, Smart Home,E-Mobilität, altersgerechten Assistenzsystemen und mehr. Das Thema Digitalisierung wird von uns jetzt auch in die Breite getragen. Ich
empfehle Vertretern von Betrieben und Handwerksorganisationen dringend die Teilnahme an der Regionalkonferenz des Kompetenzzentrums Digitales Handwerk auf der IHM. Unter dem Titel" Digitale Geschäftsmodelle Made in Germany" findet sie im März, von 9 bis 15 Uhr im Internationalen Congress Centrum München (ICM) statt.
Ein verantwortliches Unternehmertum wird im Handwerk gelebt, wie kaum sonst in der Wirtschaft. Hunderttausende Familienbetriebe, ob mit einigen wenigen Mitarbeitern und Azubis oder mit hunderten, sind typisch "Made in Germany". Die meisten dieser Unternehmerinnen und Unternehmer haben ihr Rüstzeug dafür in der Meistervorbereitung gelernt. Familiengeführte Betriebe nehmen Ver-
antwortung für und in ihrer Region wahr. Sie schaffen Arbeitsplätze und qualifizieren junge Menschen. Sie stabilisieren, sind auf Langfristigkeit bedacht, wirtschaften nachhaltig, schaffen familien freundliche Strukturen.
Handwerk übernimmt Verantwortung. - Handwerk engagiert sich in allen Bereichen der Gesellschaft. Damit haben wir seit Jahrzehnten Erfolg. Das ist ein wichtiger Baustein für die Zukunft des wirt-
schaftlichen Erfolgs Deutschlands und seiner gesellschaftlichen Stabilität. Auch die Selbstverwaltung ist ein einzigartiges Merkmal. Sie bietet Fort- und Weiterbildung. Beratung bei technischen
Neuerungen wie aktuell der Digitalisierung. Bei Betriebsübergaben. Bei Gründungen. In betriebswirtschaftlichen Notlagen. Und sie vertritt alle Betriebe gegenüber der Politik, setzt sich für die richtigen Rahmenbedingungen ein, berät die Politik, wenn es um Unterstützung von kleinen und mittleren Betrieben geht. Hinter der Marke "Made in Germany" stecken alle diese wichtigen Details, die das deutsche Handwerk ausmachen. Die deutschen Handwerker sind sehr freigiebig, was das Geheimnis ihres Könnens und ihres Rufs angeht. Die duale Ausbildung steht allen offen. Eigentlich seltsam, dass die EU darauf nicht eingeht. Sie will sogar das Gegenteil: Das deutsche Handwerk soll sein funktionierendes System "deregulieren". Jeder soll auch ohne nennenswerte Qualifikationen überall in der EU selbständig arbeiten dürfen. Die EU vergisst: Die Berufswelt wird digital. Die Berufsbilder werden anspruchsvoller, die Anforderungen komplexer. Deutschland darf die EU in diesem Feld nicht gewähren lassen. Made in Germany als Qualitätsversprechen lässt sich nur halten, wenn das Handwerk seine "Originale" behält. Die duale Ausbildung, den Meisterbrief, funktionierende Handwerksorganisationen.
Das ganze Dienstleistungspaket war ein Schnellschuss der EU-Kommission und überhaupt nicht ausgegoren. Es muss Schluss damit sein, dass die EU-Kommission unsere funktionierenden Qualifizierungs-strukturen wie die duale Ausbildung schlechtredet. Der Ansatz der Kommission ist, möglichst wenige Anforderungen an die Qualifikation zu stellen, um den freien Wettbewerb zu ermöglichen. Wir sollten in der EU aber unsere Stärken ausbauen statt sie zu nivellieren.
Die IHM ist das Schaufenster der Leistungsfähigkeit des Handwerks. Mit der IHM demonstriert das deutsche Handwerk jedes Jahr aufs Neue seine Einzigartigkeit. Wir sind eben das Original.
Holger Schwannecke
Generalsekretär des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH)