Arbeitsmarktzahlen im Juli 2018 - Pollert: „Einige Jobcenter müssen Frühverrentungsstrategie beenden“ // Sackgasse Sozialer Arbeitsmarkt bei Kommunen und Wohlfahrtsverbänden vermeiden - Die Zahl der Arbeitslosen in Hessen ist im Juli vor allem wegen der Sommerferien und damit saisonbedingt um 4.595 auf 156.550 gestiegen. „Für den trotzdem anhaltenden Beschäftigungsrekord spielen die älteren Arbeitnehmer eine Schlüsselrolle. Noch nie waren so viele Ältere in Arbeit. Auch für ältere Langzeitarbeitslose war die Chance auf Beschäftigung noch nie so groß. Verschiedene Jobcenter in Hessen müssen aber ihre Vermittlungsstrategie überprüfen, weil sie Älteren kaum noch Jobangebote machen.
So stempeln diese Jobcenter ältere Arbeitslose zu Frührentnern und schönen nebenbei ihre Arbeitslosenstatistik. Eine solche heimliche Fortsetzung der Frühverrentungspolitik darf es nicht geben“, sagte Dirk Pollert, Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände (VhU).
"Schaut man sich die Vermittlungsaktivitäten aller 26 hessischen Jobcenter für ältere Arbeitslose genauer an, wird deutlich, dass es riesige Unterschiede gibt. In den Jobcentern der Landkreise Odenwald, Lahn-Dill und Hersfeld-Rotenburg haben fast alle Arbeitslosen ab 58 Jahren innerhalb eines Jahres ein Arbeitsangebot erhalten. In der Stadt Kassel, dem Kreis Fulda, dem Main-Kinzig-Kreis, dem Main-Taunus-Kreis und dem Kreis Groß-Gerau ist hingegen die Hälfte der älteren Arbeitslosen oder sogar mehr mindestens ein Jahr ohne Angebot geblieben. Damit Langzeitarbeitslose in Beschäftigung kommen, dürfen die Jobcenter nicht lockerlassen: das heißt Jobangebote machen und Eigenanstrengungen einfordern", sagte Pollert.
Unter den rund 120.000 offenen Stellen in Hessen, davon rund 55.000 bei der Arbeitsverwaltung gemeldete, seien auch zahlreiche Angebote für Ungelernte. „Der vom Bundesarbeitsministerium geplante sog. soziale Arbeitsmarkt für Langzeitarbeitslose mit einer bis zu fünf Jahre subventionierten Beschäftigung könnte viele Langzeitarbeitslose in die Sackgasse einer Scheinbeschäftigung bei Kommunen und Wohlfahrtsverbänden führen. Deshalb sollte die Förderung deutlich verkürzt und die Zugangskriterien verschärft werden. Voraussetzung für die Teilnahme am Sozialen Arbeitsmarkt sollten nicht nur sieben Jahren Langzeitarbeitslosigkeit, sondern zusätzlich gesundheitliche Einschränkungen sein. Denn eine nach wie vor unbekannte, mutmaßlich aber nennenswerte Zahl der Langzeitarbeitslosen kann aus gesundheitlichen Gründen nur drei, vier oder fünf Stunden täglich arbeiten. Für diese Personengruppe ist die Rückkehr in Arbeit besonders schwer“, sagte Pollert.
Hintergrund: Erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die nach Vollendung des 58. Lebensjahres mindestens für die Dauer von zwölf Monaten Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende bezogen haben, ohne dass ihnen eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung angeboten worden ist, gelten nach Ablauf dieses Zeitraums für die Dauer des jeweiligen Leistungsbezugs nicht als arbeitslos (§ 53a Abs. 2 SGB II).
Weiterführende Informationen: Arbeitslose 55 Jahre und älter und nichtarbeitslose erwerbsfähige Personen mit Sonderregelung für ältere Arbeitslose nach § 53a Abs. 2 SGB II in hessischen Jobcentern nach Landkreisen und kreisfreien Städten
Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände e. V. (VhU)