Planungsbeschleunigungsgesetz anpassen - „Die tragischen Ereignisse in Genua sollten auch uns in Deutschland eine Mahnung sein, unsere Verkehrsinfrastruktur und besonders unsere Brücken jetzt so schnell wie möglich zu sanieren“, erklärte der Präsident des Haupt-verbandes der Deutschen Bauindustrie, Dipl.-Ing. Peter Hübner, heute in Berlin. „In Deutschland stehen ausreichend Gelder zur Verfügung. Aber wir brauchen zu lange, um die Gelder auch für Neubau bzw. Sanierung einzusetzen. Das vom Bundeskabinett verabschiedete Planungsbeschleunigungsgesetz ist zwar ein erster wichtiger Schritt. Viele Möglichkeiten, um Planen und Bauen noch weiter zu beschleunigen, sind jedoch nicht in den Gesetzesentwurf eingeflossen. Es geht zum Teil sogar hinter die bestehende Rechtslage zurück“, erklärte Hübner.
Hübner verwies dabei insbesondere auf das Mittel der Plangenehmigung. „Ersatzneubauten für Brücken werden meist nicht exakt an der Stelle errichtet, an dem das alte Bauwerk steht. Zudem erfolgt oft eine Erweiterung um zusätzliche Fahrspuren. Nach bisherigem Recht wäre also eine zeitraubende Planfeststellung erforderlich. Um die schnellere Plangenehmigung anwenden zu können, sollten Ersatzneubauten von Straßenbrücken grundsätzlich nicht als Neubau, sondern als Instandsetzung aufgefasst werden. Der Vergabeprozess muss so gestaltet werden, dass die Vergabebehörden die Plangenehmigung auch rechtssicher einsetzen können. Das würde uns im Vergleich mit der Planfeststellung einen erheblichen Zeitvorteil bringen“, erklärte Hübner.
Gleichzeitig sollten verstärkt alternative Vertragsmodelle zum Zuge kommen, bei denen Planen und Bauen in einer Hand liegen. Damit verhindere man die heute so zeitraubenden Schnittstellenabstimmungen und gewinne wertvolle Zeit in der Abwicklung von Bauprojekten. Die Bauindustrie plädiert hier für den Einsatz von Partnerschaftsmodellen wie zum Beispiel Design-and-Build.
„Auch die im Gesetzestext vorgesehene Klagefrist von zehn statt wie bisher sechs Wochen steht einer Planungsbeschleunigung entgegen und geht sogar hinter die bestehende Rechtslage zurück. Durch die permanent fortschreitende Ausweitung der Klagerechte ist zu befürchten, dass insbesondere umstrittene Verkehrsprojekte weiter in die Länge gezogen werden“, kritisierte Hübner.
An Bundesfernstraßen gibt es 39.106 Brücken und 50.790 Teilbauwerke, deren Zustand sich zunehmend verschlechtert. Besonders bekannt sind die Fälle der Rheinbrücke an der BAB A1 bei Leverkusen, die Rader Hochbrücke an der BAB A7 und die Schiersteiner Brücke im Zuge der A643 über den Rhein. Seit dem Jahr 2000 hat sich – laut den Infrastrukturberichten des BMVI – der Bestand an Brückenfläche mit sehr gutem bzw. gutem Zustand mehr als halbiert, während der Anteil an Brücken mit gerade noch ausreichendem Zustand um die Hälfte gestiegen ist.
Bei den kommunalen Brückenbauwerken sieht die Situation nicht anders aus: Über 10.000 kommunale Straßenbrücken müssen bis 2030 ersetzt werden. Das sind rund 15 Prozent der insgesamt 66.700 kommunalen Straßenbrücken in ganz Deutschland. Darüber hinaus befindet sich jede zweite Brücke in einem schlechten Zustand und muss dringend saniert werden. Dies geht aus der Studie „Ersatzneubau Kommunale Straßenbrücken“ des Deutschen Instituts für Urbanistik (Difu) hervor, die im Auftrag des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie (HDB), des Bundesverbandes Baustoffe – Steine und Erden (BBS) und der Wirtschaftsvereinigung Stahl (WV Stahl) erstellt wurde. Laut Studie beläuft sich der Investitionsbedarf alleine für den Ersatzneubau auf rund elf Milliarden Euro bis 2030 beziehungsweise 630 Millionen Euro jährlich. Rechne man den Teil-Ersatzneubau hinzu, summiere sich der Investitionsbedarf auf 16 Milliarden Euro beziehungsweise 930 Millionen Euro jährlich.
Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e.V.
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