Wenn es nicht ganz rund läuft. - Woche der Ausbildung - Das Projekt „Ausbildungsbegleitung“ der Handwerkskammer Freiburg unterstützt bei Problemen während der Ausbildung. Knapp 6.200 Jugendliche in Südbaden absolvieren eine handwerkliche Ausbildung. Die duale Ausbildung – eine Mischung aus praktischen Inhalten im Betrieb und in der überbetrieblichen Ausbildung sowie theoretischen Inhalten in der Berufsschule – bringt umfassend ausgebildete Fachkräfte hervor, die weltweit anerkannt sind. Aber auch während einer Ausbildung läuft nicht immer alles reibungslos. Wie in jedem Arbeitsalltag können auch hier Probleme auftreten: „Private Schwierigkeiten, Probleme mit dem Schulstoff, gesundheitliche Belastungen oder einfach Stress im Unternehmen:
Es gibt viele Faktoren, die Auszubildende und ihre Betriebe aus der Bahn werfen können“, sagen Petra Wiehl und Anja Franzreb. Sie sind Mitarbeiterinnen im Projekt „Ausbildungsbegleitung im Handwerk“ der Handwerkskammer Freiburg und kennen die Probleme – aber auch Lösungsansätze.
Denn in solchen Fällen kommen Wiehl und ihre Kolleginnen ins Spiel. „Wir versuchen, gemeinsam mit allen Beteiligten die Ausbildungsverhältnisse zu stabilisieren und Ausbildungsabbrüche zu verhindern“, erläutert Petra Wiehl. Sie und ihre drei Kolleginnen helfen, wenn es während der Ausbildung klemmt. Azubis, Ausbilder, Eltern oder Lehrkräfte können sich an die Ausbildungsbegleiterinnen wenden. „Die Bandbreite der Problemstellungen bei denen wir helfen, ist groß. Von schnell umzusetzender Unterstützung bei Behördengängen bis hin zu Ausbildungssituationen, bei denen auf beiden Seiten die Erwartungen nicht erfüllt werden können.“
Die Arbeit erfordert manchmal Fingerspitzengefühl. Meistens haben alle Beteiligten unterschiedliche Sichtweisen auf die Problematik. Auch die Ausbildungsbetriebe handeln nicht immer korrekt. „Unser Service ist vertraulich“, macht Franzreb deshalb deutlich. Nur so können die Mitarbeiterinnen mit allen Seiten vertrauensvoll zusammenarbeiten. In vielen Fällen können die Ausbildungsbegleiterinnen mit ihrer Unterstützung Positives bewegen. „Wenn es bei den Auszubildenden und Betrieben dann wieder rund läuft, ist das einfach ein gutes Gefühl.“
Die passenden Nachwuchskräfte für Handwerksbetriebe finden
Passgenaue Besetzung von Ausbildungsplätzen
Bei einer Ausbildung sollten Auszubildende und Betriebe immer optimal zusammenpassen. Die Handwerkskammer Freiburg hat deshalb als weiteren wichtigen Baustein ihres Serviceangebotes im Bereich der beruflichen Bildung die passgenaue Besetzung von freien Ausbildungsplätzen durch eine neugeschaffene Ausbildungsvermittlung ins Leben gerufen. Wichtigstes Ziel des Projektes ist es, die Mitgliedsbetriebe mit zukünftigen Fach- und Nachwuchskräften zu versorgen.
Die Projektarbeit beginnt bereits mit der Akquise von Handwerksbetrieben mit unbesetzten Ausbildungsplätzen. Diese Betriebe bekommen professionelle Unterstützung bei der Ermittlung ihres konkreten Bedarfes an Auszubildenden. Im Anschluss daran werden Anforderungs- und Stellenprofile entwickelt, die dann in die Lehrstellenbörse der Handwerkskammer einzustellen und zu bewerben sind. Insbesondere die Nutzung der „Lehrstellenradar“-App, aber auch sozialer Medien bei der Bewerbung der freien Ausbildungsplätze soll gezielt verstärkt werden. Bei der Nutzung dieser Kanäle wird die Handwerkskammer die Betriebe durch gezielt Einweisung bzw. Schulungen unterstützen.
Ein weiterer Schwerpunkt der Projektarbeit ist die Suche nach geeigneten Kandidatinnen und Kandidaten für die ermittelten freien Ausbildungsplätze in Schulen, auf Messen, auf Veranstaltungen für potentielle Studienabbrecher sowie auch bei europäischen Ausbildungsorganisationen. Es wird sowohl eine Vorauswahl der Bewerberinnen und Bewerber getroffen als auch deren Vorbereitung auf ein Vorstellungsgespräch koordiniert. Im Matching-Verfahren werden letztendlich die Bewerber mit potentiellen Ausbildungsbetrieben passgenau zusammen gebracht.
Das Programm „Passgenaue Besetzung“ wird durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie und den Europäischen Sozialfonds gefördert.
Ausbildung als Integrationsmotor
Geflüchtete in handwerklicher Ausbildung
„Bei uns zählt nicht, wo man herkommt. Sondern wo man hinwill.“ Mit diesem Motto positionierte sich das südbadische Handwerk im Herbst letzten Jahres für Weltoffenheit. Präsident der Handwerkskammer, Johannes Ullrich, betonte dabei, dass das Handwerk durch Ausbildung und Beschäftigung traditionell einen wichtigen Beitrag bei der Integration neuer Bürgerinnen und Bürger leistet. Wie sehen dabei die konkreten Erfahrungen bei Betrieben aus der Region aus? Welche Hürden gilt es zu meistern und welche positiven Aspekte ergeben sich durch Integration im Betrieb?
Familie Hauser beschäftigt fünf Geflüchtete aus Gambia in ihrem Holzbearbeitungsbetrieb in Bad Krozingen. Auf die Frage, aus welchen Gründen sich die Firma für die Anstellung Geflüchteter entschieden hat – trotz Sprachbarriere und der komplexen Situation in Bezug auf die Aufenthaltsgenehmigungen – lautet die eindeutige Antwort: volle Auftragsbücher, viel Arbeit und dringender Bedarf an Arbeitskräften. Einer der Mitarbeiter aus Gambia ist inzwischen ausgelernter Geselle, zwei sind Auszubildende und weitere zwei sind als Helfer beschäftigt.
Die Familie unterstützt die neuen Mitarbeiter in der Schule, beim Spracherwerb und setzt sich auch bei Behördenangelegenheiten für sie ein. So konnte bereits eine drohende Abschiebung verhindert werden.
Über alle fünf neuen Mitarbeiter weiß Barbara Hauser nur Positives zu sagen: „Sie sind alle sehr motiviert, gewissenhaft und zuverlässig. Da könnte sich so manch anderer eine Scheibe abschneiden.“ Die Defizite, die es in der Sprache und Vorbildung gibt, würden durch großes Engagement wettgemacht. Auch Lustiges aus dem Alltag berichtet Hauser: Für hiesige Ohren zwar sehr ungewöhnlich, aber gambischer Brauch ist es, alle Autoritätspersonen, also auch die Chefinnen und Chefs im Betrieb, „Mama“ und „Papa“ zu nennen. Für Hausers klang das zunächst sehr fremd, aber sie ließen die Bezeichnung dann amüsiert zu. „So hatten wir einfach noch ein paar erwachsene Kinder mehr“, lacht Hauser.
Auch der Stuckateur-Betrieb Waibel aus Waldkirch leistet Integrationsarbeit und hat sich dafür ganz bewusst entschieden. „Die betriebliche und persönliche Verantwortung zu übernehmen, eine schnelle und positive Integration Geflüchteter in unsere Gesellschaft zu ermöglichen, war für uns auf jeden Fall Antrieb“, so Carlo Hack, Geschäftsführer der Firma. Kritisch bewertet Hack die bürokratischen Hürden: „Leider ist die Unterstützung für Betriebe nach wie vor nicht optimal. Als wir vor zwei Jahren begonnen haben, einen jungen Geflüchteten auszubilden, wurden uns von politischer Seite viele Steine in den Weg gelegt. Die Lage bessert sich, die Handwerkammer hilft, aber dennoch gibt es noch viel Handlungsbedarf. Der bürokratische Aufwand für kleinere Betriebe ist nach wie vor sehr groß.“ Aber die positiven Erfahrungen mit den neuen Arbeitskräften – angefangen vom Praktikum bis hin zur Ausbildung – motivieren den Betrieb, den Weg weiter zu gehen.
Jürgen Sütterlin vom gleichnamigen Malerfachbetrieb aus Auggen hat ebenfalls über ein Praktikum Cherno Krubally als Auszubildenden gewinnen können. Seit letztem Herbst ist Krubally, der ursprünglich aus Gambia kommt, ausgelernt und als Geselle beschäftigt. Sütterlin ist begeistert: „Herr Krubally hat eine sehr freundliche Art und ist hoch motiviert. Anfänglich hatte er mit unserem Dialekt einige Schwierigkeiten; mittlerweile beherrscht er sogar einige Brocken Alemannisch und setzt sich aktiv mit unserer Kultur auseinander.“ Im Kundenkontakt besteht Sütterlin darauf, dass mit Krubally deutsch gesprochen wird: „Anfänglich wollten einige Kunden englisch mit ihm sprechen. Da habe ich die Kundschaft quasi ermahnt und gebeten mit Herrn Krubally deutsch zu sprechen. Nur so kann sein Sprachvermögen sich noch weiter verbessern.“ Besonders schön ist für Sütterlin die Tatsache, dass sein hilfsbereiter Mitarbeiter inzwischen selbst in der Flüchtlingshilfe aktiv ist.
Da sich viele Geflüchtete und Asylbewerber für eine Ausbildung im Handwerk interessieren, oftmals sogar bereits handwerkliche Erfahrungen mitbringen und zugleich viele Betriebe in Südbaden geeignete Bewerberinnen und Bewerber für ihre Lehrstellen suchen, unterstützt die Handwerkskammer beide Seiten mit dem Förderprojekt "Integration durch Ausbildung", das vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg gefördert wird. Mehr Informationen unter https://www.hwk-freiburg.de/integration
Weitere Informationen zum Projekt „Ausbildungsbegleitung im Handwerk“ finden Sie unter www.hwk-freiburg.de/ausbildungsbegleitung.
Das Projekt „Ausbildungsbegleitung im Handwerk“ wird gefördert im Rahmen der Fördermaßnahme „Erfolgreich ausgebildet – Ausbildungsqualität sichern“ vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg.
Vom 11. bis 15. März 2019 findet die „Woche der Ausbildung“ der Bundesagentur für Arbeit statt. Die Handwerkskammer Freiburg begleitet diese Themenwoche, die Jugendliche über die Chancen und Vorteile einer dualen Berufsausbildung informiert, mit einer Artikelreihe. Vom Beginn der Ausbildung und der passenden Besetzung von Ausbildungsstellen über die Unterstützungs- und Ergänzungsangebote während der Ausbildung sowie die Besonderheiten der Ausbildung von Geflüchteten bis hin zum erfolgreichen Abschluss der Ausbildung reicht das Themenspektrum, das die Geschichten aus dem Handwerk abdecken.
bild: © amh-online.de
Handwerkskammer Freiburg
Bismarckallee 6
79098 Freiburg