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03.02.2022 - Siegen/Olpe. „Konjunkturell erleben wir derzeit eine Seitwärtsbewegung. Die Lage ist passabel, aber leider nicht stabil. Das hat Gründe: Die Preise für Rohstoffe, Energie und Vorprodukte kennen seit Monaten nur eine Richtung: nach oben. Zudem belastet das verschärfte Pandemiegeschehen den ohnehin schon gebeutelten Einzelhandel und das Gastgewerbe stark. Corona wirkt gerade dort wie ein mächtiger Bremsklotz. Und ein Ende ist nicht wirklich in Sicht.“ Mit diesen Worten kommentiert IHK-Präsident Felix G. Hensel die Ergebnisse der im Januar durchgeführten IHK-Konjunkturumfrage, an der sich 558 Unternehmen mit mehr als 41.000 Beschäftigten aus Industrie, Bauwirtschaft, Handel und Dienstleistungsgewerbe in den Kreisen Siegen-Wittgenstein und Olpe beteiligten. - Der Konjunkturklimaindex – er ergibt sich aus Lagebeurteilung und Erwartung – erreicht abermals einen guten Wert von 120 Punkten. Damit liegt er weiter deutlich über dem Mittelwert der letzten 20 Jahre (105). 44 % der Unternehmen aus Siegen-Wittgenstein und Olpe berichten von einer guten und 13 % von einer schlechten Lage.

Die Lagebeurteilung ist so gut wie seit drei Jahren nicht mehr. Felix G. Hensel: „Es ist erfreulich, dass in weiten Teilen der Wirtschaft die aktuelle Geschäftslage dem positiven Trend weiter folgt, insbesondere im Großhandel und in der Industrie. Aber wo Licht ist, ist leider auch Schatten: Das Gastgewerbe verliert den Glauben an eine Trendwende, aber auch der Einzelhandel und etliche konsumnahe Dienstleister berichten von teils deutlich schlechteren Geschäften.“

Die Erwartungen der Unternehmen in Siegen-Wittgenstein und Olpe an die kommenden Monate haben sich etwas eingetrübt, bleiben aber im positiven Bereich. 26 % rechnen künftig mit besseren Geschäften, 16 % hingegen mit schlechteren. IHK-Hauptgeschäftsführer Klaus Gräbener: „Prall gefüllte Auftragsbücher helfen nicht, wenn sich die dahinter liegenden Kalkulationen durch fehlendes Material, durch die Decke schießende Preise und gestörte Lieferketten zum Lotteriespiel entwickeln. Je länger die Durchlaufzeiten der Produkte, desto größer sind die Risiken, böse Überraschungen zu erleben.“ Die meisten Unternehmen fahren daher auf Sicht; nur 11 % von ihnen gehen von einer Verbesserung bei der Versorgung mit relevanten Rohstoffen und Waren in den nächsten sechs Monaten aus. Jedes vierte Unternehmen rechnet erst 2023 mit einer Entspannung. Die Vollsperrung der A45 bei Lüdenscheid schlägt zusätzlich ins Kontor der heimischen Wirtschaft. Zwei Drittel spüren negative Auswirkungen. Klaus Gräbener: „Gestiegene Transportkosten, ein höherer Planungsaufwand, längere Anfahrtszeiten der Mitarbeiter, sinkende Arbeitgeberattraktivität, steigende Kosten, schwierigere Logistik: Wir beginnen langsam zu erahnen, wie nachhaltig die kleinen Risse im Brückenbeton die bisherigen Standortvorteile Südwestfalens untergraben.“

Beschäftigungspläne auf Drei-Jahres-Hoch – Fachkräftemangel problematisch

Der positive Trend bei der Beschäftigungsprognose hält weiter an. 24 % planen eine Personalaufstockung und 8 % einen Abbau. Vor allem die Unternehmen aus Industrie, Großhandel und Baugewerbe wollen ihre Beschäftigtenzahl erhöhen. Felix G. Hensel: „Angesichts der weiterhin guten Geschäftslage ist der Personalbedarf ungebrochen. Ein positives Signal. Allerdings haben die Betriebe immer größere Probleme, die offenen Stellen auch zu besetzen. 60 % melden derzeit Engpässe. Acht von zehn Unternehmen gehen von einer Verschärfung des Fachkräftemangels in den kommenden Jahren aus. Die Sorge ist groß, dass sich der Fachkräftemangel von einer gravierenden Herausforderung zu einem regelrechten Wachstumshemmnis entwickelt.“

Industrie mit überwiegend positiver Lagebeurteilung und ordentlicher Auslastung

In großen Teilen der Industrie überwiegen weiterhin die positiven Meldungen. 48 % der Firmen beurteilen ihre derzeitige Geschäftslage als gut und 12 % als schlecht. 31 % der Industrieunternehmen blicken optimistisch in die Zukunft und 15 % sind pessimistisch. Nur 9 % der Betriebe melden einen niedrigen Auftragsbestand. Im Herbst war es noch ein Viertel. Der Auslastungsgrad steigt ebenfalls und die Auftragseingänge sowohl für das In- als auch für das Ausland ziehen wieder an. Klaus Gräbener: „Wir dürfen jedoch nicht den Fehler machen, uns in trügerischer Sicherheit zu wiegen. Drei Viertel der Industriebetriebe melden Ertragseinbußen aufgrund der angespannten Versorgungslage. Dies schmälert den Handlungsspielraum für Investitionen. Die Stimmung ist zwar zuversichtlicher als es die Virus-Lage befürchten ließ. Zum Jubeln besteht allerdings kein Anlass.“

Während in Teilen der Automobilzulieferindustrie die Lage weiterhin angespannt bleibt, stellt sie sich im heimischen Maschinen- und Anlagenbau besonders erfreulich dar. Dort bewerten 82 % der Firmen ihre Geschäftslage als gut. Das ist der höchste Wert seit mehr als 15 Jahren. Die Auftragseingänge aus dem In- und Ausland erreichen Spitzenwerte.

Stabile Lage im Bausektor, positive Entwicklung im Großhandel -  Die konjunkturelle Entwicklung der Bauwirtschaft bleibt äußerst stabil. Zwar trübt sich die Beurteilung der Geschäftslage im Vergleich zum Herbst etwas ein, dennoch geben etwa 96 % der befragten Baubetriebe eine gute oder befriedigende Einschätzung ab.

Die Stimmung im regionalen Großhandel hellt sich zu Jahresbeginn deutlich auf. 52 % der Großhändler bewerten ihre Lage als gut und nur 5 % als schlecht. Stephan Häger, Leiter des Referates Konjunktur, Arbeitsmarkt und Statistik: „Damit ist der Großhandel der Sektor mit der besten Lagebeurteilung in der Region. Insbesondere die produktionsnah operierenden Unternehmen konnten in den vergangenen Monaten ihre Umsätze erhöhen. Im konsumnahen Großhandel ist die Situation hingegen verhaltener.“

Dienstleistungsbranche weiterhin zufrieden, blickt aber pessimistischer in die Zukunft

Die Stimmungslage in der regionalen Dienstleistungsbranche ist gedämpft. Zwar steigt die Lageeinschätzung um sieben Punkte im Vergleich zum Herbst, allerdings ist der Blick auf die kommenden Monate deutlich pessimistischer. Vor allem das Verkehrsgewerbe senkt aufgrund hoher Kraftstoffpreise und chronischen Fahrermangels die Erwartungen.

Teile des Einzelhandels und das Gastgewerbe leiden erheblich unter Corona-Maßnahmen

Die Omikron-Variante und die strengen Corona-Maßnahmen trafen seit Dezember den Einzelhandel und das Gastgewerbe erneut in der umsatzstärksten Phase des Jahres massiv. Die Lageeinschätzung stürzt im Einzelhandel um 32 Punkte und im Gastgewerbe um 78 Punkte ab. Stephan Häger: „Die 2G-Regelung für einen Großteil der Einzelhändler und die 2G-Plus-Regelung für die Gastronomie wirkt, gepaart mit der Verunsicherung der Verbraucher, faktisch wie ein Lockdown. Mit ,besorgniserregend‘ ist die derzeitige Situation noch zurückhaltend umschrieben. Die Finanzlage hat sich im Vergleich zum Herbst nochmals merklich verschlechtert. Für zahlreiche Betriebe geht es ums nackte Überleben.“ Im Einzelhandel beurteilt nur noch etwa die Hälfte der Unternehmen ihre Finanzlage als unproblematisch. Im Gastgewerbe ist es sogar nur ein Drittel.

Während die Stimmung im Gastgewerbe einheitlich düster ist, ist sie im Einzelhandel weiterhin gespalten. Immerhin 25 % der Einzelhändler bewerten ihre derzeitige Lage als gut. Insbesondere der Lebensmitteleinzelhandel und der Einzelhandel mit Möbeln und Küchen sowie mit Bau- und Heimwerkerbedarf melden gute Geschäfte.


Industrie- und Handelskammer Siegen
Koblenzer Straße 121
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