23.02.2022 - Landtag beschließt verschärftes Bannwaldgesetz - Wirtschaftsverbände: Verschärftes Bannwaldgesetz macht Bauen teurer und verursacht zehntausende unnötige Lkw-Fahrten. Mittel- bis langfristig ist die ortsnahe Versorgung mit Sand und Kies im Großraum Frankfurt gefährdet. - Die hessische Wirtschaft bedauert die von CDU, Grünen und SPD im Landtag beschlossene Änderung des hessischen Waldgesetzes. Durch die Verschärfung des Bannwaldschutzes ist für das Rhein-Main-Gebiet zu erwarten, dass zukünftig die Versorgung mit Sand und Kies nicht mehr regional sichergestellt werden kann, weil vorhandene Lagerstätten in Bannwäldern zukünftig nicht mehr abgebaut werden dürfen. Im Jahr 2016 wurden in ganz Hessen ca. 7,3 Mio. Tonnen Sand und Kies gefördert. Die direkt von der Gesetzesänderung betroffenen Betriebe produzierten ca. 1 Mio. Tonnen Sand und Kies. Rund 110 Hektar Abbaufläche würde durch die Gesetzesverschärfung nun nicht mehr für die Rohstoffgewinnung zur Verfügung stehen. Das sind gerade einmal 0,58 Prozent des gesamten Bannwaldes von 19.000 Hektar in Hessen. Die Wirtschaftsverbände bedauern und kritisieren die Verschärfung des Bannwaldgesetzes. Denn die Bannwaldfläche, um die es im Gesetz geht, hat einen nur minimalen Anteil am gesamten Bannwald, aber eine extrem hohe Bedeutung für die regionale Rohstoffversorgung, insbesondere im Rhein-Main-Gebiet.
Thomas Reimann, VhU-Vizepräsident und Vorsitzender des VhU-Bau- und Immobilienausschusses: „Wir bedauern die Verschärfung des Bannwaldgesetzes. Die Politik besiegelt damit den Ausstieg aus der verbrauchsnahen Versorgung mit Sand und Kies für die Zukunft. Ohne Rohstoffe lässt es sich aber nun mal nicht bauen: Statistisch gesehen verbraucht jeder Bürger 1 Kilogramm Steine pro Stunde. Das ergibt gut 9 Tonnen Splitt, Sand, Kies und Granit pro Kopf und Jahr.“
Philipp Rosenberg, Geschäftsführer des Industrieverbandes Steine Erden: „Wovor wollen wir die betroffenen 0,58 % unseres Bannwaldes eigentlich ‚schützen‘? Vor einer Rohstoffgewinnung, die zeitlich begrenzt unter höchsten Standards und im Einklang mit der Natur Rohstoffe dort gewinnt, wo wir sie benötigen? Der Bannwald wird durch die zeitlich begrenzte Rohstoffgewinnung nicht bedroht. Wenn wir die Rohstoffgewinnung im Bannwald ausschließen, wo derzeit auf sehr kleinem Raum ein Großteil unseres Bedarfs an Sand und Kies in Südhessen gedeckt wird, werden wir Sand und Kies künftig über weite Strecken transportieren müssen. Verbote auszusprechen, ohne Lösungen aufzuzeigen, bringt uns hier nicht weiter. Dies stünde in direktem Widerspruch zu unseren Klimaschutzzielen, nimmt unsere Infrastruktur unnötig in Anspruch und wird zu steigenden Kosten am Bau führen. Diese Folgen des Gesetzes können doch nicht ernsthaft gewünscht sein. Es darf uns in Hessen nicht egal sein, woher wir unsere Rohstoffe beziehen. Es muss gemeinsam eine Akzeptanz geschaffen und anerkannt werden, dass wir unsere Rohstoffe schon jetzt verantwortungsvoll gewinnen und dass wir dies auch künftig verbrauchsnah tun müssen.
Alexander Groß, Geschäftsführer Rohstoffe und Umwelt beim Verband der Bau- und Rohstoffindustrie: „Hessen ist ein rohstoffreiches Land, allerdings können diese Rohstoffe schon jetzt nur an wenigen Stellen gewonnen werden. Das verschärfte Bannwaldgesetz zielt darauf ab, die Rohstoffgewinnung weiter auszuschließen – unter dem Vorwand des Waldschutzes. Dabei tragen die Gewinnungsbetriebe schon heute zur Nachhaltigkeit bei. Denn die Flächen werden nur vorübergehend in Anspruch genommen und werden nach Beendigung des Abbaus rekultiviert. Zwischenzeitlich wird bedrohten Tier- und Pflanzenarten ein dynamischer Lebensraum geboten, der so in der Natur nicht zu finden ist. Zudem wird nach dem Eingriff der ursprüngliche Zustand wiederhergestellt, in vielen Fällen sogar verbessert. Außerdem bietet sich die Chance, den Wald angepasst an den Klimawandel aufzuforsten. Rohstoffgewinnung und Naturschutz passen prima zusammen.“
Dr. Matthias Schlotmann, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Keramische Rohstoffe und Industrieminerale: „Bereits heute bestehen hohe Hürden, damit die Rohstoffgewinnung im Bannwald genehmigt wird. Genehmigungsverfahren ziehen sich über viele Jahre und werden am Ende oftmals beklagt. Mineralische Rohstoffe sind jedoch als Vorleistungsgüter nahezu unverzichtbar. Ebenso kommen Industrien wie Keramik, Feuerfest, Glas und Papier nicht ohne keramische Rohstoffe und Industrieminerale aus. Gesetze, die Rohstoffgewinnung pauschal ausschließen, gefährden den Industriestandort Hessen. Bei der Rohstoffgewinnung müssen wir über das Wie reden, nicht über das Ob.“
Dr. Burkhard Siebert, Hauptgeschäftsführer des Bauindustrieverbands Hessen-Thüringen: „Die von heut auf morgen unbenutzbare Salzbachtalbrücke hat deutlich vor Augen geführt, welchen großen Investitionsbedarf unsere Infrastruktur vor sich herschiebt. Die alte Brücke bestand aus 15.000 t Stahl und Beton, und auch für den Neubau werden tausende Tonnen an Material benötigt. Gerade im hochverdichten Ballungsraum mit all seiner Infrastruktur werden wir auch zukünftig große Mengen an Sand und Kies benötigen, um Infrastruktur zu erhalten und auszubauen. In Frankfurt soll ein 10 km langer Fernbahntunnel entstehen, den auch die Naturschutzverbände begrüßen. Dafür brauchen wir auch Sand und Kies und andere Natursteine von vor Ort.“
Rainer von Borstel, Hauptgeschäftsführer des Verbands baugewerblicher Unternehmer Hessen: „Der Wohnungsbau wird immer teurer. Zuletzt haben Materialengpässe und Lieferkettenstörungen zu steigenden Preisen und Verzögerungen beim Wohnungsbau geführt. Bis 2040 werden rund 300.000 neue Wohnungen im Ballungsraum benötigt, gleichzeitig soll die Region aus der Gewinnung der Grundbaustoffe Sand und Kies aussteigen, das passt nicht zusammen. Wer bezahlbaren Wohnraum will, darf die Baukosten nicht weiter antreiben.“
VhU
Vereinigung der hessischen Unternehmerverbände e. V.
Emil-von-Behring-Straße 4
60439 Frankfurt