17.05.2023 - Am Wochenende wurde bekannt, dass der vereinfachte Zugang zu Kurzarbeit Ende Juni 2023 ausläuft. Bundesarbeitsminister Heil begründet dies damit, die wirtschaftliche Entwicklung und die Lage auf dem Arbeitsmarkt seien besser als im Herbst 2022 erwartet. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Südthüringen hält diese Entscheidung für falsch. Die wirtschaftliche Anspannung in den Betrieben ist hoch. Für die Dauer des Kriegs in der Ukraine mit den bestehenden Auswirkungen auf Preise und Lieferketten sollte daher dieses Arbeitsmarktinstrument in bewährter Weise einsetzbar sein. Führende deutschsprachige Wirtschaftswissenschaftler hatten vor wenigen Tagen festgestellt, dass es im Winter 2022/23 „nicht einmal eine Rezession“ gegeben habe. Die dramatischen Prognosen von „deutschen Unternehmen, Industrieverbänden und Gewerkschaften“ hätten sich als völlig unzutreffend erwiesen. Kurz nach Veröffentlichung dieser Studie stoppte das Bundesarbeitsministerium den vereinfachten Zugang zum Kurzarbeitergeld.
Ab Juli 2023 können Betriebe nur noch dann Kurzarbeitergeld beantragen, wenn mindestens 30 Prozent der Beschäftigten von einem Arbeits- und Verdienstausfall betroffen sind. Seit Beginn der Corona-Pandemie reichte ein Anteil von 10 Prozent aus, um das Kriseninstrument in Anspruch zu nehmen. Betriebe können auf diese Weise Mitarbeiter halten und für die Dauer der Kurzarbeit die Lohnkosten senken. Für die betroffenen Beschäftigten werden derzeit die Leistungen aufgestockt, wenn der Kurzarbeitergeldbezug vier Monate und länger dauert. Auch diese Regelung soll ab dem Sommer entfallen.
„In einzelnen Regionen und in den energieintensiven Wirtschaftszweigen brennt es nach wie vor. Nach der IW-Frühjahrsumfrage liegen die Wirtschaftsaussichten für Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Thüringen unter dem Durchschnitt, was unsere eigene Konjunkturumfrage für Südthüringen bestätigt. Die infolge des Krieges gestiegenen Standortkosten stellen ein erhebliches Risiko dar. Speziell in der Industrie gibt es derzeit erhebliche Auftragsschwankungen, welche eine Planung erschweren. Diese einzelwirtschaftlichen Aspekte verschwinden in einer gesamtwirtschaftlichen Betrachtung. Aus unserer Sicht ist es noch zu früh für eine Entwarnung“, erklärt Torsten Herrmann, Präsident der IHK Südthüringen.
Derzeit sind noch ca.160.000 Personen deutschlandweit in Kurzarbeit. Im Frühjahr 2020 waren es zeitweise 6 Millionen Personen. Dies zeigt, dass die Unternehmen dieses Arbeitsmarktinstrument verantwortungsbewusst einsetzen und nur dann Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken, wenn dies betriebswirtschaftlich zwingend erforderlich ist. Daher besteht kein Grund, die Bezugsmöglichkeiten von Kurzarbeit einzuschränken.
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