Nachrichten für den Handwerker aus Berufswelt, Wirtschaft und Politik. Tipps und Hinweise zu neuen Gesetzen und Arbeitsvorschriften. Täglich aktuell.
Foto: ZDH/Boris Trenkel
Durch die Preisexplosion am Immobilienmarkt und steigende Mieten müssen Handwerksbetriebe zunehmend ihre Standorte an die Stadtränder verlagern, warnt ZDH-Generalsekretär Holger Schwannecke in der Stuttgarter Zeitung. - Herr Schwannecke, die Konjunktur in Deutschland trübt sich ein, die Industrie verzeichnet zum Teil massive Auftragseinbußen. Sind auch im Handwerk die fetten Jahre vorbei?
Schwannecke: Unsere Konjunktur-Umfragen unter den Betrieben zeigen ganz deutlich: Das Handwerk steht stabil da, und zwar auf einem sehr hohen Niveau. Zuletzt sagten neun von zehn Betrieben, dass ihre Geschäftslage gut oder befriedigend sei. Das ist ein hervorragender Wert. Die Unternehmen rechnen auch damit, dass sie in absehbarer Zeit weiterhin gut im Geschäft bleiben werden.
Woran liegt das?
Schwannecke: Das Handwerk lebt vor allem von der Binnennachfrage. Diese ist im Gegensatz zum Export weiterhin sehr robust. Es gibt aber auch bei uns Ausnahmen: Das Geschäft in den Kfz-Werkstätten läuft nicht mehr so gut. Und auch Zulieferer und Dienstleister aus dem Handwerk, die nah dran sind an exportorientierten Branchen wie dem Automobil- oder Maschinenbau, berichten von einem rückläufigen Auftragsbestand.
Wer als Verbraucher einen Handwerker braucht, beispielsweise einen Maler oder einen Installateur, muss oft Monate auf einen Termin warten. Ist hier Entspannung in Sicht?
Schwannecke: Vorerst nicht. Die Baubranche brummt, viele Betriebe dort suchen händeringend Personal. Im gesamten Handwerk sind die Auftragsbücher im Schnitt für die kommenden zehn Wochen gefüllt, in den Bau- und Ausbaugewerken sogar für die kommenden fünfzehn Wochen. Das bedeutet, dass die Betriebe in der Regel in dieser Zeit keine neuen Aufträge mehr annehmen können. Bei Stammkunden und in Notfällen werden viele Handwerker natürlich Ausnahmen machen.
Obwohl die Kapazitäten vielerorts ausgelastet sind und Mitarbeiter fehlen, plädieren Sie dafür, Firmengründungen durch die Rückkehr zur Meisterpflicht zu erschweren. Wie passt das zusammen?
Schwannecke: Die momentan langen Wartezeiten im Handwerk haben viel mit Fachkräftemangel zu tun. Wir brauchen schlicht mehr Nachwuchs und gut ausgebildete Fachkräfte. Es geht uns um Qualität und Qualifizierung. Wir sind froh, dass sich die amtierende Bundesregierung dieses Themas angenommen hat. Sie überprüft jetzt eine Entscheidung, die vor 15 Jahren unter dem Eindruck der Massenarbeitslosigkeit getroffen worden ist: Damals legte Rot-Grün 53 zulassungsfreie Handwerke fest, in denen sich jedermann auch ohne Meisterbrief oder vergleichbare Qualifikation selbstständig machen kann. Darunter sind beispielsweise Fliesenleger, Estrichleger oder Raumausstatter. Ich selbst bin Jurist, habe keine Ahnung vom Fliesenlegen. Ich dürfte aber jederzeit meine Dienste als Fliesenleger anbieten. Mit Verlaub: Das möchte ich keinem Kunden antun.
Wo ist das Problem?
Schwannecke: Wenn ein Unternehmen nur Pfusch abliefert, wird es nicht überleben. So funktioniert Marktwirtschaft. Diese Sicht auf die Dinge ist mir zu einseitig. Es hat in den vergangenen Jahren in einigen der betroffenen Branchen Marktversagen gegeben, insbesondere in Hinblick auf die Qualität der Arbeit und die Ausbildung von Nachwuchs. Die Märkte im Handwerk sind anders beschaffen als beispielsweise im Handel. Es gibt beträchtliche Asymmetrien: Für den Kunden ist bei einer handwerklichen Leistung nicht immer gleich sichtbar, ob sie qualitativ gut ist oder nicht. Er ist darauf angewiesen, dass ihn der Handwerker korrekt berät und anschließend eine fachgerechte Arbeit abliefert. Wenn Sie ein Taschenbuch kaufen und das Exemplar beschädigt ist, sehen Sie das sofort. Wenn aber der Fliesenleger pfuscht, merken Sie das vielleicht erst nach ein oder zwei Jahren. Wenn Sie dann die Leistung reklamieren, gibt es den Betrieb womöglich schon nicht mehr. Denn es hat sich gezeigt, dass Betriebe ohne Meister wesentlich schneller wieder vom Markt verschwinden.
Sie scheinen in Sachen Meisterpflicht sehr nah am Wirtschaftsministerium zu sein. Mit welcher Art von Reform rechnen Sie?
Schwannecke: Es wird eine eher punktuelle Reform geben, keine generelle Rolle rückwärts. Die Unternehmen, die seit der Freigabe im Jahr 2004 in den betroffenen Gewerken gegründet worden sind, erhalten Bestandsschutz. Die Bundesregierung schaut sich alle Gewerke einzeln an und prüft, wo es Fehlentwicklungen gegeben hat. Nur dort werden die Qualifikationsanforderungen an künftige Firmengründer erhöht. Die Neuregelung soll zum Jahreswechsel in Kraft treten. Der Gesetzentwurf dazu wird zurzeit erarbeitet. Ich erwarte, dass das Bundeskabinett ihn im September beschließt.
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier von der CDU steht unter massivem Beschuss, insbesondere von Seiten der mittelständischen Industrie. Die wirft ihm vor, zu sehr die Belange der Großkonzerne im Blick zu haben. Teilt das Handwerk diese Kritik?
Schwannecke: Ich halte die Kritik an Minister Altmaier in Teilen für maßlos und in der teils persönlich verletzenden Weise für unangemessen. Ja, die deutsche Wirtschaftspolitik könnte an vielen Stellen schneller und effektiver sein. Aber Herr Altmaier ist wahrlich nicht allein für alles verantwortlich, was man ihm an die Backe heftet. Nehmen Sie Themen wie überbordende Bürokratie, hohe Strompreise oder schleppende Digitalisierung: Da sind immer mehrere Ministerien und auch das Kanzleramt beteiligt.
In den deutschen Groß- und Universitätsstädten spielen die Immobilienmärkte verrückt. Bezahlbare Wohnungen, Gewerbeflächen und Büros sind kaum noch zu finden. Wie stark merkt das das Handwerk?
Schwannecke: Die Preisexplosion im Immobiliensektor wird für unsere Betriebe zunehmend zum Problem. Vielerorts erleben wir einen Rückzug von Handwerkern aus den Innenstädten und Wohnvierteln an die Ränder der Stadt, da spielt sich ein echter Verdrängungswettbewerb ab.
Was passiert da genau?
Schwannecke: In gentrifizierten Quartieren verschwinden Bäcker, Fleischer, Schuster oder Änderungsschneider aus den Straßen, weil sie sich die Miete der Geschäftsräume nicht mehr leisten können. Stattdessen machen sich dort dann Szene-Bars oder Modeketten breit. Kfz-Betriebe oder Tischlerwerkstätten werden von ihren angestammten Firmensitzen verdrängt, weil die Grundstücke für reinen Wohnungsbau benötigt werden. Handwerker, die expandieren wollen, können das nur am Stadtrand tun – weil es in den Innenstädten keine geeigneten Flächen mehr gibt oder diese unbezahlbar sind.
Lässt sich diese Entwicklung mit Zahlen untermauern?
Schwannecke: Wir haben dazu gerade in Zusammenarbeit mit den Handwerkskammern eine umfangreiche Umfrage unter fast 5.000 Betrieben erstellt. Ein Ergebnis: Fast jeder zehnte Betrieb plant, in den kommenden beiden Jahren seinen Standort zu wechseln. In den Innenstädten ist es aber fast schon jeder fünfte Betrieb. Meistens sehen die Inhaber keine Erweiterungsmöglichkeiten am bisherigen Standort. Oft werden die Gewerberäume aber auch durch den Eigentümer gekündigt. Zudem gibt es zunehmend Nutzungskonflikte mit der Nachbarschaft.
Was sind das für Konflikte?
Schwannecke: Früher war es ganz normal, dass in Wohnvierteln auch Handwerker ihre Betriebsstätten hatten. Heute scheint es viele Anwohner zu stören, wenn morgens um halb sechs ein Lieferfahrzeug beladen wird oder tagsüber die Säge des benachbarten Tischlers zu hören ist. Dann gibt es Streit und Auseinandersetzungen. Die Handwerker brauchen aber die Anbindung an die Quartiere, dort sind oft auch ihre Kunden zuhause. Es liegt an den Kommunen, mit ihren Bebauungs- und Flächennutzungsplänen dafür zu sorgen, dass die Viertel durchmischt bleiben und keine reinen Wohnghettos entstehen. Und das ist übrigens auch ein nicht zu unterschätzender Faktor, wenn es darum geht, Nachwuchs und Fachkräfte zu sichern. Wenn Jugendliche in ihrem Alltag Handwerk gar nicht mehr sehen und erleben, dann verwundert es nicht, dass sie bei ihrer Berufswahl das Handwerk gar nicht mehr auf dem Schirm haben.
Hier geht es zur angesprochenen Umfrage unter den Betrieben (1. Quartal 2019):
Sonderumfrage "Betriebsstandorte im Handwerk"
Das Interview erschien am 16. August 2019. Hier die vom ZDH freigegebene Fassung.
Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH)
Mohrenstraße 20/21, 10117 Berlin
Die inzwischen fünfte Verhandlungsrunde zum Rahmentarifvertrag für das Gebäudereiniger-Handwerk wurde heute Abend (für die Red.: 15. August 2019) ergebnislos unterbrochen. „Die Arbeitgeber hatten vollmundig ein Angebot versprochen. Sie bezeichnen es als ‚fair‘. Tatsächlich herausgekommen ist aber ein Vorschlag mit vielen Abstrichen“, sagte IG BAU-Bundesvorstandsmitglied und Verhandlungsführerin Ulrike Laux. Die Arbeitgeber hatten einen 17-Seiten starken Rahmentarifvertragstext präsentiert, in dem sie einige Fußangeln eingebaut haben. Manche Formulierung entpuppt sich bei genauerer Betrachtung als deutliche Verschlechterung. So führen etwa die Vorschläge zur Regelung der Zuschläge für Mehrarbeit oder Sonn- und Feiertagsarbeit in der Praxis dazu, dass die Beschäftigten Einbußen haben oder sogar leer ausgehen. „Dem Vorschlag fehlt die Ernsthaftigkeit. Wer wirklich schnell einen Abschluss erzielen will, verhält sich anders“, sagte Laux.
Im Zuge der derzeitigen Nachhaltigkeitsdebatte verweist die vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. auf die Unverzichtbarkeit eines nachhaltigen Dreiklangs aus Ökonomie, Ökologie und Sozialem. „Unser System der Sozialen Marktwirtschaft hat alle drei Aspekte der Nachhaltigkeit im Blick. Die drei Ziele bedingen sich gegenseitig. Die Verfolgung ökologischer und sozialer Ziele darf nicht zu Lasten nachhaltigen Wirtschaftswachstums gehen, auch wenn wir derzeit teilweise eine Wachstumsmüdigkeit in der Gesellschaft erleben. Wirtschaftliches Wachstum ermöglicht überhaupt erst das Erreichen umwelt- und sozialpolitischer Ziele. Umgekehrt ist langfristiges Wirtschaftswachstum erst in einem intakten ökologischen und sozialen System möglich“, erklärt vbw Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt.
Wirtschaft ist Teil der Lösung beim Klimaschutz. In ihrem aktuellen Positionspapier „Klimaschutzpolitik“ betont die vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. die Bedeutung des Klimaschutzes als eine der großen Aufgaben des 21. Jahrhunderts. „Um dabei den notwendigen Dreiklang aus Klimaschutz, Wirtschaftlichkeit und sozialer Verträglichkeit zu erreichen, setzt die vbw auf internationale Zusammenarbeit, Innovation und Forschung, aber auch auf gezielte Anreize, die unser Land von Grund auf modernisieren, Innovationskräfte freisetzen und die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft stärken. Klimaschutzpolitik muss auch immer aktive Standort- und Wirtschaftspolitik sein“, so vbw Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt.
Gründungswerkstatt Saarland trifft auf großen Zuspruch - Rund 200 Gründerinnen und Gründer nutzen bereits die Angebote der „Gründungswerkstatt Saarland“ – Tendenz weiter steigend. Mit diesem Online-Tool bietet die IHK Saarland seit Jahresbeginn Gründungswilligen eine digitale Plattform zur Umsetzung der eigenen Geschäftsidee. Existenzgründer und Jungunternehmer können über die Gründungswerkstatt Business- und Finanzpläne erstellen und diese online direkt mit Banken, Beratern, Investoren oder Wirtschaftsprüfern teilen, ohne dass diese sich als Nutzer registrieren müssen.