„Die überwiegend positiven Erfahrungen unserer Betriebe bei der Ausbildung junger Flüchtlinge bestärken uns in unserer Forderung nach einem Einwanderungsgesetz. Das muss vor allem beruflich Qualifizierte, die Anliegen kleiner und mittlerer Unternehmen sowie ländlicher Regionen in den Blick nehmen. Wir haben bereits im Frühsommer des vergangenen Jahres in einem Positionspapier deutlich gemacht, dass wir eine am Arbeitsmarkt ausgerichtete, gesteuerte Zuwanderung beruflich Qualifizierter für zwingend notwendig erachten, damit der Wachstumsmotor unserer Wirtschaft insgesamt wie auch unserer Handwerksbetriebe geschmiert weiterläuft. Um es aber deutlich zu sagen: Eine solche gezielte Zuwanderung in den Arbeitsmarkt ist klar zu trennen von der Aufnahme von Flüchtlingen aus vorrangig humanitären Gründen. Ein solches Einwanderungsgesetz muss dazu beitragen, dass gerade auch Nicht-Akademiker in Deutschland unbürokratisch Arbeit finden. Bislang stehen dem bürokratische Hürden und vor allem umständliche und viel zu komplizierte Verfahren entgegen. Wenn wir jedoch wollen, dass qualifizierte Fachkräfte zu uns nach Deutschland kommen und nicht anderen Ländern den Vorzug geben, dann müssen die Verfahren einfacher werden. Und wir müssen bei der Anerkennung der Gleichwertigkeit von Berufsabschlüssen flexibler werden. Flexibel meint hier nicht, Abstriche beim Qualifikationsniveau zu machen, sondern vereinfachte Verfahren bei der Anerkennung von Abschlüssen einzuführen.
Unser Vorschlag ist hier, Migrationsabkommen mit all den Ländern zu schließen, die ein etwa vergleichbares Ausbildungssystem und -niveau haben. Dann könnte man darauf verzichten, Einzelfall-Anerkennungsverfahren und Berufs-Gleichwertigkeitsfeststellungen bereits im Heimatland der Fachkraft durchzuführen, und stattdessen zu einem rein formalen Einwanderungsverfahren übergehen: Wer einen staatlich anerkannten Berufsabschluss im Heimatland nachweisen kann und mindestens zwei Jahre in dem Beruf gearbeitet hat, ein gewisses Sprachniveau und vor allem einen Arbeitsvertrag vorweisen kann, der darf einreisen. Nach einer gewissen Zeit sollte dann allerdings zwingend ein Anerkennungsverfahren in Deutschland durchlaufen werden, damit etwa bei einem Jobwechsel die Qualifikationen nach deutschen Standards nachgewiesen werden können.
Mit einem solchen Einwanderungsgesetz sollte auch ein legaler Weg für ausländische Jugendliche geschaffen werden, in Deutschland eine duale Ausbildung zu machen. Warum eigentlich gibt es nicht längst ein „Ausbildungs-Deutschlandstipendium“ vergleichbar zu ähnlichen Förderstrukturen im studentischen Bereich, mit dem ausländische Jugendliche beim Durchlaufen einer dualen Ausbildung in Deutschland unterstützt werden? Das sollte auf den Weg gebracht werden, zumal es in jedem Fall von Nutzen sein wird. Denn bleiben die Jugendlichen nach der Ausbildung in Deutschland, lindert das den Fachkräftemangel in unserem Land. Kehren sie in ihr Heimatland zurück, so sind sie Botschafter unseres erfolgreichen dualen Ausbildungssystems und der damit verbundenen Qualitätsstandards.“
Statement von ZDH-Präsident Wollseifer zur Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen
„Unsere Betriebe haben mit ihren Flüchtlings-Azubis ganz überwiegend positive Erfahrungen gemacht – was nicht heißt, dass eine solche Ausbildung für Betriebe wie Flüchtlinge einfach oder gar ein Selbstläufer ist. Keine Frage: Es gibt Sprach- und Qualifikationsdefizite und teils auch Probleme wegen fehlender Dokumente und Papiere, aber es gibt eben auch die hohe Motivation und den Einsatz der Flüchtlings-Azubis. Und unsere Betriebe engagieren sich und tragen etwa durch Nachhilfe oder die Begleitung bei Behördengängen dazu bei, Hürden abzubauen und wo immer möglich zu überwinden.
Übereinstimmend berichten unsere Betriebe, dass für Flüchtlinge eine Ausbildung in hohem Maße Ansporn ist, im Betrieb und auch in dem Ort, in dem sie leben, Fuß zu fassen. Eine Ausbildung gibt eine Perspektive für die Zukunft, was die Integration ganz erheblich befördert und beschleunigt. Um den Betrieben und den Flüchtlingen diese Perspektive und Planungssicherheit zu geben, haben wir die 3+2 Regelung vorgeschlagen und deren Umsetzung 2016/2017 in einer damals innenpolitisch schwierigen Situation gegen viele Widerstände durchgesetzt.
Wir stehen weiter uneingeschränkt zu dieser Regelung. Umso weniger ist für uns nachzuvollziehen, warum die Bundesländer die vom Handwerk durchgesetzte 3+2-Regelung in einigen Fällen nach wie vor unterschiedlich handhaben, und damit unseren integrationswilligen und ausbildungsbereiten Betrieben immer noch Steine in den Weg legen.
Es muss flächendeckend garantiert sein, dass ein Lehrling mit Bleibeperspektive seine Ausbildung beenden und nach seinem Abschluss noch zwei Jahre in seinem Beruf arbeiten darf, ohne dass er eine Abschiebung befürchten muss. Sicherlich nicht zuletzt, weil wir immer wieder angemahnt haben, dass die 3+2 Regelung bundesweit einheitlich angewandt werden muss, scheint es inzwischen weniger Probleme damit zu geben, und Abschiebungen aus Ausbildungen heraus mittlerweile eher Ausnahmen zu sein. Ungeachtet dessen muss die im Koalitionsvertrag vorgesehene bundeseinheitliche Anwendung der 3+2 Regelung ganz ohne Ausnahmen die Regel werden.“
Zentralverband des Deutschen Handwerks e.V.