Die nunmehr bekannt gewordenen ersten Eckpunkte des novellierten Landesvergabegesetzes werden durch das Handwerk sehr kritisch bewertet. „Die Annahme des zuständigen Wirtschaftsministeriums, dass sich einige Rahmendaten der Wirtschaft, wie etwa ein zunehmender Fachkräftemangel seit der letzten Gesetzesanpassung 2013 verändert haben, sind durchaus richtig. Daraus aber zu schließen, dass eine stärkere Wirtschaft auch mehr Bürokratie verkraftet, erschließt sich uns nicht“, kritisiert der Präsident der Handwerkskammer Halle, Thomas Keindorf. Er hinterfragt Ansätze, wie die Verpflichtung von Handwerksbetrieben, beim Materialeinkauf die ILO-Kernarbeitsnormen zu kontrollieren.
„Selbstverständlich sprechen auch wir uns gegen Zwangs- und Kinderarbeit aus, sehen aber kaum eine Möglichkeit für die kleinen und mittelständischen Betriebe, die Einhaltung solcher Normen weltweit zu überprüfen.“ Zudem bestünden diese Normen ja auch ohne das Vergabegesetz und müssten daher nicht speziell benannt werden.
Kritisch ist auch die Einbeziehung vergabefremder Aspekte, zum Beispiel soziale oder umweltbezogene Kriterien oder Fragen zur Befristung von Arbeitsverhältnissen und die Zahl der Beschäftigten mit einer Behinderung. „Vergabestellen müssten künftig nicht mehr die Wirtschaftlichkeit eines Angebotes bewerten, sondern eventuell abwägen, wie viele Befristungen durch ein Umweltmanagementsystem substituiert werden können. Hier droht eine Klagewelle“, so Keindorf. Für das Handwerk entsteht bei der Umsetzung dieser Ansätze ein Bürokratie- und Kontrollmonster, das die öffentliche Auftragsvergabe eher lähmt als befördert.
Handwerkskammer Halle (Saale)
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