Berufliche Bildung mit starker integrativer Wirkung HWK-Flüchtlingsinitiative seit 2015 erfolgreich. Ahmad Fardin Hosseini hat vor kurzem seine Ausbildung als Elektrotechniker abgeschlossen. Ein halbes Jahr früher als geplant. Sein Chef, Thomas Kocher, der in seinem Dortmunder Elektrotechnikunternehmen seit Jahren angehende Fachkräfte mit Herzblut ausbildet, ist auf die Leistung des 23-Jährigen stolz. Nicht nur, weil Hosseini vorzeitig mit der Ausbildung fertig wurde, sondern, weil er dabei größere Hürden überwinden musste als viele andere Azubis. Hosseini kam 2016 als Geflüchteter über die Flüchtlingsinitiative der Handwerkskammer (HWK) Dortmund in das Unternehmen. Die Zusammenarbeit mit dem jungen Mann aus Afghanistan sei für alle im Team eine Bereicherung gewesen, weshalb Kocher nicht zögerte, der frischgebackenen Fachkraft einen unbefristeten Vertrag anzubieten.
Eine so gelungene Integration in den Arbeitsmarkt wie die von Ahmad Hosseini sei für mittelständische Unternehmen, so Kocher, ohne die Vorarbeit der HWK Dortmund jedoch kaum zu bewältigen gewesen. 2015 startete die Kammer erstmals ein Pilotprojekt, das mit gezielten Qualifizierungsmaßnahmen Flüchtlingen eine Ausbildung im Handwerk ermöglichte. „Wir wollten Geflüchteten konkret helfen. Mit beruflicher Bildung, die integrative Wirkung hat“, erklärt HWK-Geschäftsführerin Olesja Mouelhi-Ort. „Wichtig war zu der Zeit vor allem die wirtschaftspolitische Arbeit, die von unserer Seite aus geleistet wurde. Da es für unser Vorhaben keine klaren Regularien oder Strukturen gab, mussten diese zunächst in zahlreichen Gesprächen mit den zuständigen Behörden erarbeitet werden.“ Erst dann, so Mouelhi-Ort, habe man auf die Ausbildungsbetriebe zugehen können. „Wir wollten den Unternehmern eine solide Basis für die Ausbildung der Projektteilnehmer bieten. Es sollte keine Mehrarbeit für die Betriebe entstehen“
Schritt für Schritt wurde aus der ersten HWK-Flüchtlingsinitiative von 2015 ein etabliertes Konzept, das sich durch Erfahrungswerte und Schwachstellenanalysen immer weiter formte. Finanziell unterstützt wurde das Projekt bis einschließlich 2017 vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Aus anfänglichen Einzelqualifizierungen wuchs ein siebenmonatiges, VollzeitQualifizierungsprogramm: Aufgeteilt in vier Module, wobei im ersten Modul zunächst die Kompetenzen der Teilnehmer erörtert werden.
Darauf folgen Werkstattphasen, ein mehrwöchiges Praktikum, sowie theoretische Unterrichtseinheiten zu berufsbezogenen Deutsch- und Mathematikkenntnissen. Zudem soll interkulturelles Coaching die Teilnehmer bestmöglich für den Einstieg in den deutschen Ausbildungsmarkt rüsten.
Insgesamt konnten in nunmehr vier HWK-Flüchtlingsinitiativen seit dem Startschuss 2015 von 171 Teilnehmern 153 in eine Ausbildung, Einstiegsqualifikation oder ein Praktikum vermittelt werden. Aus den ersten beiden Projekten haben bereits 13 junge Menschen ihre Ausbildung abgeschlossen, 12 wurden vom Unternehmen übernommen. Die Ausbildungsverhältnisse der restlichen Teilnehmer dauern derzeit noch an. Im November 2019 startet der fünfte Projektdurchlauf in Zusammenarbeit mit der Agentur für Arbeit Dortmund, die bereits seit 2016 als Kooperationspartner beteiligt ist.
„Als Herr Hosseini ins Unternehmen kam, wusste er, worauf er sich einlässt. Denn er wurde durch die HWK Dortmund intensiv vorbereitet und zeigte bei der Arbeit großen Ehrgeiz“, sagt Thomas Kocher. Er ist sich sicher, dass der junge Mann eine aufstrebende Karriere vor sich hat. „In ein paar Jahren ist er entweder Obermonteur oder Meister.“ Neben Hosseini hat der Unternehmer damals noch einen weiteren Auszubildenden eingestellt. Der habe jedoch die Möglichkeit bekommen, seine Ausbildung in einem Unternehmen in Mönchengladbach zu beenden, um näher bei seiner Familie sein zu können, wofür Kocher vollstes Verständnis gehabt habe. Sich am HWK-Flüchtlingsprojekt beteiligt zu haben, halte er auch heute noch für eine wichtige Entscheidung. „Ich wünsche mir, dass das Projekt weitergeht, da es geflüchteten Menschen berufliche Perspektiven bietet. Außerdem funktioniert Integration meiner Meinung nach am besten über den Beruf. Hier kommt man mit Kollegen ins Gespräch, trifft sich mitunter auch nach Feierabend. Freundschaften entstehen und die fremde Umgebung wird immer vertrauter.“
Handwerkskammer Dortmund
Ardeystraße 93
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