Drei Fragen an ZDH-Generalsekretär Holger Schwannecke zum Thema Unternehmensnachfolge - Mehr als 100.000 Handwerksunternehmen suchen in den kommenden fünf bis sechs Jahren einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin – in der Familie, in der Belegschaft oder extern. Warum ist das eine gute und schlechte Nachricht zugleich? Zunächst einmal ist das eigentlich eine gute Nachricht, weil es für junge Menschen noch nie so gute Chancen gab, bereits in ganz jungen Jahren in eine Selbstständigkeit im Handwerk zu starten. Doch die Corona-Pandemie hat diese an sich positive Perspektive getrübt. Sicher fragen sich einige potenzielle NachfolgerInnen, ob jetzt noch der richtige Zeitpunkt für den Start in die Selbstständigkeit ist. Denn viele Betriebe im Handwerk hat das Herunterfahren der Wirtschaft hart getroffen. Verunsicherung besteht darüber, wie es weitergeht und ob der Neustart der Wirtschaft gelingt. Solche Gedanken dürften sich insbesondere diejenigen machen, die eigentlich ihren Traum von der Selbstständigkeit verwirklichen wollten oder vor Kurzem verwirklicht haben.
Viele von ihnen waren und sind gezwungen, ihre langfristigen Vorhaben und guten Pläne nun an die veränderten Bedingungen anzupassen. Doch auf lange Sicht bleibt es dabei: Es fehlen jede Menge potenzielle Betriebs- nachfolgerinnen und Betriebsnachfolger, auch wegen des demografischen Wandels. Sicher ist: Die Arbeit wird Handwerksbetrieben nach der Krise und ganz sicher in der Zukunft nicht ausgehen, denn Handwerkerinnen und Handwerker sind in der Daseinsvorsorge tätig und zudem auf allen für die Zukunft relevanten Feldern wie der Energie- und Mobilitätswende, dem Klimaschutz und dem Ausbau der analogen wie digitalen Infrastruktur. Und wo Handwerksbetriebe gebraucht werden, sind auch BetriebsleiterInnen gefragt. Deshalb sollten all diejenigen, die vor Corona über eine Nachfolge nachgedacht haben, diesen Traum jetzt nicht wegen Corona aufgeben.
Worauf kommt es bei einer erfolgreichen Betriebsübergabe an?
Eine Betriebsübergabe passiert nicht „mal eben so“. Was schon vor Corona galt, gilt nach Corona umso mehr: Die Beteiligten benötigen in aller Regel eine umfassende Beratung, um den Generationenwechsel erfolgreich zu bewältigen. Hier leisten unsere Fachverbände und Handwerkskammern einen wesentlichen Beitrag. Die Handwerksorganisation kann auf ein Netzwerk mit gut 900 Betriebsberatern zurückgreifen, die im letzten Jahr rund 30.000 Beratungen zur Betriebsnachfolge durchgeführt haben. Sie begleiten die Betriebe bei allen wichtigen Fragen: Das reicht von der Unterstützung bei der Unternehmensbewertung über die Ermittlung eines fairen Kaufpreises, von der Finanzierungsplanung bis hin zur Erarbeitung und Umsetzung des Unternehmenskonzeptes nach der Übernahme. Auf solche Faktoren kommt es an, wenn eine Übergabe erfolgreich sein soll.
Was kann die Politik tun, um die Übergabe von Betrieben von einer zur nächsten Generation zu erleichtern?
Bund und Länder müssen prüfen, ob all die bürokratischen Vorgaben für Betriebsübernehmer, die es derzeit gibt, wirklich nötig sind. Hier sehe ich eine Reihe von Ansatzpunkten, die es Betroffenen leichter machen könnten - beispielsweise indem Betriebsnutzungsgenehmigungen (z. B. in Wohngebieten) uneingeschränkt weiter genutzt werden könnten. Doch an einigen Stellen sind wir auch schon auf einem guten Weg: Wir begrüßen beispielsweise ausdrücklich, dass die Bundesregierung die Idee des Zentralverbands des Deutschen Handwerks für Nachfolgelotsen aufgegriffen hat. Mit der Ausschreibung „Unternehmensnachfolge – aus der Praxis für die Praxis“ hat das Bundeswirtschaftsministerium 2019 ein eigenes Förderprogramm gestartet, das bei regionalen Einrichtungen wie Wirtschaftsförderern, Kammern und Verbänden die Einrichtung von Nachfolgemoderatoren mitfinanziert.
Zentralverband des Deutschen Handwerks e. V. (ZDH)
Mohrenstraße 20/21
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10.07.2020