Nach über 200 Schließtagen: Um die Corona-Welle zu brechen, musste das Gastgewerbe am 2. November 2020 schließen, der Einzelhandel folgte am 16. Dezember. Bis heute mussten Gastwirte 206 Tage und Händler 162 Tage auf Lockerungen hoffen – und um ihre Existenzen und die ihrer Angestellten bangen. Sinkende Infektionszahlen und eine steigende Impfquote sollten nunmehr das Ende der Zwangsschließungen einläuten. Die Thüringer Landesregierung bereitet derzeit die neue Thüringer Corona-Verordnung vor. Vor diesem Hintergrund unterstützt und begleitet die Industrie- und Handelskammer (IHK) Südthüringen die Initiative des Wirtschaftsministers Wolfgang Tiefensee, in Anbetracht der sich entspannenden Infektionslage im Freistaat Thüringen merkliche Öffnungsschritte durchzusetzen. Ein Stufenmodell der Thüringer Wirtschaft soll zur Orientierung für Lockerungen dienen.
Konform mit den Toolbox-Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts (RKI), demnach das Ansteckungsrisiko im Einzelhandel und im Hotelumfeld sowie deren Einflussnahme auf das gesamte Corona-Infektionsgeschehen als niedrig bewertet werden, sieht das Öffnungsmodell der IHK Südthüringen folgende Stufen vor:
- Erste Öffnungsstufe unterhalb eines Inzidenzwerts von 100: Einzelhandel, Außengastronomie sowie Beherbergungsbetriebe dürfen öffnen. Auch Bustouristik und Outdoor-Aktivitäten sind erlaubt. In Bezug auf geeignete Eindämmungsmaßnahmen soll der Fokus auf der Kontaktnachverfolgung anstelle der Testpflicht liegen. Ersten Erfahrungen anderer Bundesländer zeigen, dass die Testnachweispflicht viele Konsumenten abschreckt – und somit das Geschäft einschränkt.
- Zweite Öffnungsstufe unterhalb des Inzidenzwerts von 50: Innengastronomie sowie Kino-, Konzert- und Theaterbesuche mit Besucherbegrenzung sind möglich.
- Dritte Öffnungsstufe unterhalb des Inzidenzwerts von 35: Alle Branchen dürfen öffnen.
„Bei aller Anerkennung der Leistungen in den Krisenstäben muss eine wichtige Lehre aus dem vergangen Jahr gezogen werden: Der Sommer darf nicht tatenlos verstreichen. Die Gesellschaft darf nicht ihre Fehler wiederholen und kopflos in die alljährlich mit dem Herbstwetter beginnende Infektionszeit schlittern, gefolgt von erneuten Schließszenarien. Aufgrund des Impffortschritts vulnerabler Bevölkerungsgruppen sollte die Intensivbettenbelegung und Impfquote zum Maßstab aller Entscheidungen werden. Die ungewichtete Inzidenz hat ausgedient“, fordert Dr. Ralf Pieterwas, Hauptgeschäftsführer der IHK Südthüringen.
Auf dem Weg der Lockerungen muss die Landes- und Bundespolitik offene Baustellen angehen. Diese sind vielschichtig und betreffen sowohl den organisatorischen als auch den investiven Bereich. So gehören bspw. Notfallpläne aktualisiert oder Lüftungsanlagen in öffentlichen Gebäuden sowie Schulen für Pandemielagen aufgerüstet. Als Achillesferse zum Restart der Wirtschaft zählt bislang die Kontaktnachverfolgung. Die IHK Südthüringen fordert die Erarbeitung und Umsetzung einheitlicher Vorgaben für eine flächendeckende Digitalisierung inklusive der Synchronisation mit den Gesundheitsämtern. „Ausdrücklich loben wir das beispielhafte proaktive Handeln von Landrätin Petra Enders. Ihr ist es zu verdanken, dass digitale Lösungen den im Ilm-Kreis angesiedelten Gewerbetreibenden zur Verfügung stehen“, sagt Dr. Pieterwas.
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