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15.11.2021  - Das Feigenblatt der Pandemiebekämpfung - Aufgrund des dynamischen Infektionsgeschehens deuten sich erneut schärfere Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie an. Branchen wie das Gastgewerbe, der Einzelhandel und körpernahe Dienstleistungen sind laut derzeitigem Verordnungsentwurf der Thüringer Landesregierung erneut Leidtragende verschärfter Maßnahmen. Eine 2G/3G-Plus-Pflicht in diesen Bereichen soll künftig in der aktuellen Warnstufe obligatorisch sein, wodurch ein Drittel der Thüringer vom Restaurant- oder Friseurbesuch faktisch ausgeschlossen würden. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Südthüringen befürchtet enorme Umsatzeinbußen in finanziell bereits stark angeschlagenen Branchen und fordert eine Testoffensive für alle – unabhängig von Impf- oder Genesenenstatus. Die Debatte um den Maßnahmenkatalog nach dem voraussichtlichen Auslaufen der sog. epidemischen Lage von nationaler Tragweite zum 24. November 2021 ist in vollem Gange. Auch Thüringen diskutiert aktuell in der Phase der Erarbeitung der kommenden Landesverordnung über eine Ausweitung der 2G-Regelung auf den Einzelhandel und das Gastgewerbe. Alternativ steht eine Regelung nach dem sog. 3G-Plus-Modell im Raum, bei der zumindest per PCR-Methodik getestete Personen Zugang erhalten würden, die nicht geimpft oder genesen sind.

Die Unternehmen werden bereits durch die jetzt geltenden Regelungen – allen voran durch die 3G-Regel im Gastgewerbe – mit erheblichen Zusatzverpflichtungen belastet. Das ohnehin sehr knappe Personal muss das Vorliegen der Zugangsnachweise der Gäste lückenlos kontrollieren. Dies geht mit hohem zeitlichen Aufwand und damit verbundenen Kosten einher. Gleichzeitig haben jüngste Umfragen unter den Mitgliedern der IHK Südthüringen gezeigt, dass Umsätze teils dramatisch zurückgehen, weil vermehrt Gäste ausbleiben. Bisher volle Bücher mit Reservierungen für Weihnachtsfeiern und Familienessen leeren sich zusehends. „Eine weitere Verschärfung im Gastgewerbe wäre gleichbedeutend mit einem Wegfall der Wirtschaftlichkeit. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass sich diese Entwicklung im Einzelhandel bei entsprechenden Auflagen (3G, 3G-Plus oder 2G) nicht in ähnlicher Form abzeichnen würde“, sagt Jan Scheftlein, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK Südthüringen. Zum Zeit- und Kostenaufwand bei gleichzeitig dünner Personaldecke kommen für die Unternehmen Belastungen durch Konfrontationen mit Kunden und Gästen sowie die kontinuierliche Angst vor empfindlichen Bußgeldern bei unvollständiger Umsetzung hinzu.

„Die stetig wachsende Last auf bestimmten Branchen hat außer einer weiteren Schwächung ihrer Substanz keine Fortschritte in der Bekämpfung der Pandemie gebracht. Kontrollpflichten dürfen nicht länger auf die Unternehmen abgewälzt werden. Wir fordern ein Umdenken der Politik, das dem Ziel einer raschen Verbesserung der akuten Infektionslage gerecht wird und dabei die Unternehmen entlastet“, so Scheftlein weiter. Auch Raphael Brönner, Geschäftsführer der Brönner Baustoffe KG in Arnstadt und Vorsitzender des IHK-Handelsausschusses bekräftigt: „Die Ausweitung von 2G auf den Einzelhandel ist zeitlich und personell nicht umsetzbar. Ich lehne es entschieden ab, dass der Einzelhandel und auch die Gastronomie wie schon im ersten und zweiten Lockdown als Feigenblatt für die Bekämpfung der Pandemie benutzt werden.“

Anstatt allein auf 3G, 3G-Plus und 2G zu setzen, fordert die IHK Südthüringen eine Testpflicht für alle als entscheidende Maßnahme, um die Zirkulation des Virus wirkungsvoll zu registrieren und rasch zu verlangsamen. Auch Geimpfte und Genesene können sich infizieren und das Virus weitergeben. Diese mehr als 60 Prozent der Thüringer Bevölkerung aus dem Testregime herauszunehmen, öffnet dem Virus Tür und Tor für die weitere Verbreitung. Gleichzeitig ist Impfen nach wie vor ein wichtiges Instrument, aufgrund des sukzessiven Antikörperaufbaus wird die volle Immunität aber erst nach sechs Wochen erreicht und zeigt adhoc noch nicht die volle Wirkung.

„Der Freistaat Thüringen als Verordnungsgeber hat die Einhaltung der Vorgaben von behördlicher Seite sicherzustellen. Weitere Belastungen sind weder für das Gastgewerbe, noch für den Einzelhandel oder andere Branchen wirtschaftlich tragbar. Statt 3G, 3G-Plus und 2G muss eine umfassende Testoffensive mit ausreichend Teststellen und verpflichtenden, kostenlosen Schnelltests für jedermann mindestens zweimal pro Woche gefahren werden“, fasst Scheftlein die dringend durch die Landesregierung anzuwendende Akutstrategie zusammen. „Die Schließung der Testzentren und das Herunterfahren der Testpflicht für Geimpfte und Genese kam offenbar zur falschen Zeit.“



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